Türkischer Innenminister: Griechenland schickt Migranten in den Tod
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Der türkische Innenminister Süleyman Soylu (Archivfoto).
© Quelle: Burhan Ozbilici/dpa
Athen. Schwere Vorwürfe des türkischen Innenministers Süleyman Soylu gegen Griechenland: Griechische Grenzpolizisten sollen 22 Migranten in die Türkei zurückgedrängt haben. Zwölf Menschen seien dabei erfroren, teilte Soylu auf Twitter mit und teilte Fotos der Opfer.
Ihre Leichen wurden nach Angaben türkischer Stellen bei dem Dorf Pasaköy etwa zehn Kilometer vom Grenzübergang Ipsala gefunden. Die griechischen Grenzer hätten den Menschen ihre Schuhe und Kleidung abgenommen, bevor sie sie in die Türkei zurückdrängten, schrieb Soylu. Elf Menschen seien tot aufgefunden worden, berichtete das Gouverneursamt der Region. Das zwölfte Opfer sei im Krankenhaus an den Folgen der Unterkühlung gestorben.
Erdogan wirft Europa Gleichgültigkeit vor
Auch Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan nahm zu dem Vorfall Stellung und warf Europa Gleichgültigkeit vor: „Jene, die (als Flüchtlinge) in unser Land kommen, versuchen, ihr Leben zu retten. Aber Europa ist das egal“, sagte der Staatschef. Erdogans Kommunikationsdirektor Fahrettin Altun schrieb auf Twitter: „Diese Herzlosigkeit passiert vor den Augen der Welt.“ Griechenland sei „nicht allein bei diesem Verbrechen“, der Westen ermutige das Land. Mit den erfrorenen Migranten sei „die Humanität des Westens gestorben“, so Altun.
Seitens der griechischen Regierung gab es zu dem Vorfall zunächst keine Stellungnahme. Die Türkei wirft Griechenland seit Langem vor, Migranten in der Ägäis und an der Landgrenze im Norden in die Türkei zurückzudrängen. Nach einem Bericht der türkischen Küstenwache wurden im vergangenen Jahr in der Ägäis in 889 Fällen Migrantenboote zurückgedrängt. Auch Menschenrechtsorganisationen berichten immer wieder davon. Solche Push-Backs verstoßen gegen das Völkerrecht. Die griechische Regierung bestreitet die Anschuldigungen.
Der türkische Innenminister machte in seinem Tweet auch der Europäischen Union Vorwürfe: Sie sei „rechtlos, schwach und unmenschlich“, schrieb Soylu. Er beschuldigte die EU, „Grausamkeit“ gegen Migranten zu zeigen, gegenüber Griechenland aber „Milde“ zu üben.
Soylu warf in seinem Tweet Griechenland auch vor, es beherberge geflüchtete Anhänger des islamischen Predigers Fethullah Gülen, den die türkische Regierung für den Putschversuch vom 15. Juli 2016 verantwortlich macht. Die Gülen-Bewegung gilt in der Türkei als Terrororganisation.
Griechenland hat seit dem Amtsantritt der konservativen Regierung von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis im Sommer 2019 die Kontrollen an der Grenze zur Türkei erheblich verschärft. 2020 ging die Zahl der irregulären Migranten, die in Griechenland registriert wurden, gegenüber dem Vorjahr um 80 Prozent zurück.
2021 meldete das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR bei den Ankünften Geflüchteter auf den griechischen Inseln einen weiteren Rückgang um die Hälfte. Dieser Trend setzte sich nach Angaben des griechischen Ministeriums für Migrationspolitik und Asyl in den ersten zwei Januarwochen mit einem Rückgang um 58 Prozent fort.