Angst vor Eskalation der Ukraine-Krise: So rüsten Russlands Nachbarstaaten auf

Sechs Panzerhaubitzen 2000 (PzH 2000) der Bundeswehr werden in der Hindenburg-Kaserne auf ihren Transport Richtung Litauen vorbereitet. Deutschland entsendet ab dem 14. Februar rund 350 Soldatinnen und Soldaten mit rund 100 Fahrzeugen mit unterschiedlichen Waffensystemen ins Baltikum.

Sechs Panzerhaubitzen 2000 (PzH 2000) der Bundeswehr werden in der Hindenburg-Kaserne auf ihren Transport Richtung Litauen vorbereitet. Deutschland entsendet ab dem 14. Februar rund 350 Soldatinnen und Soldaten mit rund 100 Fahrzeugen mit unterschiedlichen Waffensystemen ins Baltikum.

Auf die Zusammenziehung von mehr als 100.000 russischen Soldaten an der ukrainischen Grenze hat die Nato mit einer Ausweitung ihrer Militärpräsenz in Osteuropa reagiert.

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Vor allem US-Präsident Biden schickte frühzeitig Truppen nach Deutschland und Polen. Aber auch Deutschland und Großbritannien wollen die Militärpräsenz in Osteuropa ausbauen. Doch wie reagieren Russlands Nachbarländer im Westen auf die Spannungen im Ukraine-Konflikt und wie positionieren sie sich? Ein Überblick.

+++ Alle News und Entwicklungen in der Ukraine-Krise in unserem Liveblog +++

Norwegen: dutzende Soldaten und Panzer

Am Dienstag hat Norwegen bekannt gegeben, seinen Beitrag zu dem von der Bundeswehr geführten Nato-Einsatz in Litauen auszuweiten. Etwa 50 bis 60 Soldaten sollen zeitnah in das baltische EU-Land geschickt werden. „Wir wollen zu einer verstärkten alliierten Anwesenheit im Baltikum beitragen, um Solidarität mit unseren Verbündeten zu zeigen“, erklärte Norwegens Verteidigungsminister Odd Roger Enoksen. Auch Kampffahrzeuge und Panzer habe Norwegen bereits auf den Stützpunkt Rukla verlegt.

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Wegen der wachsenden Spannungen im Ukraine-Konflikt hatte Premierminister Jonas Gahr Støre bereits im Januar vor einer „humanitären Krise“ gewarnt. Eine russische Invasion sei ein „riesiger Fehler“ und würde große politische und wirtschaftliche Konsequenzen für Russland nach sich ziehen, so der Premierminister im US-Nachrichtendienst CNN. Es liege nicht in Russlands Entscheidungsgewalt, ob die Ukraine der Nato beitreten dürfe oder nicht, so Norwegens Staatschef. Erst im vergangenen Jahr wurde in Norwegen ein umstrittenes Militärabkommen mit den USA ausgehandelt. Dieses gewährt den US-Amerikanern Zugang zu vier Militärstützpunkten in Norwegen, die sie im Kriegsfall nutzen dürfen.

Finnland: auf Distanz zu Russland

Finnland verhielt sich – wie auch Schweden – gegenüber Russland lange neutral. Gespräche über einen Nato-Beitritt galten bis spätestens zur Annexion der Krim als Tabu. Heute gehören sie zum politischen Tagesgespräch. Finnland gilt als enger Partner der Nato, ein möglicher Beitritt ist im Land jedoch umstritten. Historisch achtet das Land auf seine militärische Bündnisfreiheit. Doch das Land mit einer 1340 Kilometer langen Grenze zu Russland hat in den vergangenen Jahren viele militärische Abkommen mit EU-Ländern wie Deutschland und Schweden geschlossen und die Beziehungen zur Nato verstärkt.

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Als Russlands Präsident Wladimir Putin Ende Dezember forderte, neue Nato-Beitritte kategorisch auszuschließen, kritisierte ihn der finnische Präsident Sauli Niinistö scharf: „Wir wollen selbst entscheiden dürfen, ob wir einem Sicherheitsbündnis beitreten“, sagte der Finne in einem Interview der Wochenzeitung „Die Zeit“. Durch die russische Forderung werde die nationale Souveränität Finnlands infrage gestellt. Erst kürzlich wurde in Finnland beschlossen, für rund zehn Milliarden Dollar 64 modernste F-35-Kampfjets aus Amerika zu bestellen.

Estland: DDR-Haubitzen für die Ukraine

Im baltischen Nato-Mitgliedsstaat Estland herrscht Sorgte über die drohende russische Invasion in die Ukraine. Dort fordert die Politik einen entschlossenen Kurs gegen Russland. Regierungschefin Kaja Kallas kündigte vergangene Woche an, neun ehemals deutsche Artilleriegeschützt an die Ukraine liefern zu wollen. Die DDR-Haubitzen waren von der Bundeswehr erst an Finnland abgegeben worden und dann von dort nach Estland gelangt. Es ist vertraglich geregelt, dass Deutschland einer Weitergabe zustimmen muss. Diese Zustimmung blieb bisher jedoch aus.

Bis März wollen Estland und Deutschland der Ukraine ein in gemeinsamer Initiative gefertigtes Feldlazarett übergeben. Das verlegbare Feldlazarett wurde von Deutschland mit 5,3 Millionen Euro finanziert und von Estland gebaut. „Es ist unsere Pflicht und das direkte Interesse des Westens, die Ukraine auf jede erdenkliche Weise zu unterstützen, damit sie in der Lage ist, sich gegen den Angreifer zu behaupten“, sagte Estlands Verteidigungsminister Kalle Laanet bei einer zeremoniellen Feier in Tallinn.

Lettland: stärkere Nato-Präsenz gefordert

Auch Lettland ist Mitglied der Nato. Der baltische Staat hat eine gemeinsame Grenze mit Russland und Belarus. Dort halten russische und belarussische Streitkräfte gerade ein großes Militärmanöver ab. Angesichts der drohenden Eskalation im Ukraine-Konflikt sprach sich Lettlands Außenminister, Edgars Rinkevics, Ende Januar für eine stärkere Nato-Präsenz in Osteuropa aus. „Wir erreichen den Punkt, an dem die kontinuierliche militärische Aufrüstung Russlands und Belarus‘ in Europa durch geeignete Nato-Gegenmaßnahmen angegangen werden muss“, so Rinkevics. Die Militärpräsenz solle Russland abschrecken und als Verteidigung dienen.

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Auch der Ukraine wolle Lettland mit militärischer Ausrüstung helfen. Das baltische EU-Land sei bereit, „letale und nicht-letale Güter“ nach Kiew zu liefern, sagte Verteidigungsminister Artis Pabriks im Januar in Riga. Eine Entsendung von Soldaten erwäge Lettland bislang nicht. Im Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland kritisierte die lettische Botschafterin, Inga Skujina, bereits im April 2021 das „aggressive Verhalten“ Russlands. Skujina machte sich auch für einen Nato-Beitritt der Ukraine stark. Auch im Bezug auf Nord Stream 1 und 2 ist Lettlands Haltung sehr kritisch und prangert die wirtschaftliche Abhängigkeit von Russland an.

Litauen: deutsche Soldaten bei Nato-Einheit

Wie auch Estland und Lettland ist Litauen Mitglied der Nato und grenzt an Russland und das pro-russische Belarus. Deutschland führt seit fünf Jahren den Einsatz einer multinationalen Nato-Einheit in Litauen und stellt etwa die Hälfte der 1200 Einsatzkräfte. Erst am Montag kündigte das Bundesverteidigungsministerium an, 350 weitere deutsche Soldaten zu dem Nato-Kontingent nach Litauen zu senden. Dort wird die militärische Verstärkung begrüßt. „Unsere Sorge um unsere Sicherheit lässt nicht nach, daher ist der Schritt Deutschlands durchaus positiv“, sagte Verteidigungsminister Arvydas Anusauskas am Montag.

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Insgesamt wurden in den drei baltischen Staaten und Polen als Teil einer „verstärkten Vornepräsenz“ gemeinsame Kampfverbände stationiert. Sie werden alle sechs Monate ausgetauscht, auch weil die Nato-Russland-Grundakte keine dauerhafte Stationierung alliierter Truppen in Osteuropa erlaubt.

Polen: Basis für internationale Truppen

Auch Polen ist Nato-Mitgliedstaat und geht gegenüber Russland auf Distanz. Im angespannten Ukraine-Konflikt sind in Polen unter anderem Truppen aus den USA und Großbritannien stationiert. Erst kürzlich hatte das US-Verteidigungsministerium bekannt gegeben, dass rund 3000 weitere Soldaten nach Polen verlegt werden sollen. Die US-Regierung hatte zuletzt Anfang Februar die Verlegung von rund 1700 Soldaten nach Polen angekündigt.

Großbritannien will zudem 350 Marineinfanteristen nach Polen schicken. Bereits im Dezember wurden 100 britische Pioniere in das Land verlegt. Sie helfen Polen dabei, die Grenze zum Nachbarland Belarus zu befestigen. Polen selbst hatte sich Ende Januar zur Lieferung von Munition ans Nachbarland Ukraine bereit erklärt. Der Leiter des Nationalen Sicherheitsbüros in Warschau, Pawel Soloch, sagte nach Angaben der Agentur PAP, Polen könne „jederzeit Zigtausende Stück Munition zur Verteidigung“ liefern.

Belarus: Partner Russlands und Basis russischer Soldaten

Belarus ist enger Verbündeter Russlands und agiert im Ukraine-Konflikt pro-russisch. Die Nato rechnet aktuelle damit, dass Russland derzeit 30.000 Soldaten in das nördlich der Ukraine gelegene Partnerland verlegt hat. Mitten in der Ukraine-Krise haben Russland und Belarus vergangene Woche gemeinsame Militärmanöver begonnen. Bei der Übung solle etwa „die Abwehr äußerer Aggression“ trainiert werden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach von „besorgniserregenden Militäraktivitäten“.

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Im Westen wird befürchtet, dass Russland im Zuge des Manövers einen Einmarsch in die Ukraine vorbereitet. Nur wenige Tage zuvor hat Russland Kampfflugzeuge des Typs Suchoi Su-25SM nach Belarus an die Grenze zu Polen verlegt. Darüber hinaus seien auch Kampfflugzeuge, atomar bestückbare Iskanderraketen, Luftabwehrsysteme und Spezialeinheiten des Militärgeheimdienstes GRU in Belarus stationiert worden.

RND/hyd mit dpa

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