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Gesundheit

Zahnärzte protestieren gegen Sparpläne und Bürokratie

Mediziner und Fachpersonal aus Zahnarztpraxen demonstrieren am Landtag Niedersachsen.

Mediziner und Fachpersonal aus Zahnarztpraxen demonstrieren am Landtag Niedersachsen.

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Hannover (dpa/lni). Aus Protest gegen die aktuelle Gesundheitspolitik sind Zahnärztinnen und Zahnärzte aus ganz Niedersachsen zu einer Kundgebung in der Nähe des niedersächsischen Landtags zusammengekommen. Auch das Fachpersonal aus Praxen zwischen Harz und Nordsee nahm an den Protesten gegen die jüngste Gesetzgebung im Bund teil. Sie befürchten ein Praxissterben vor allem in ländlichen Regionen sowie längere Wartezeiten für Patienten.

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Schon heute könnten Praxen, deren Inhaberinnen und Inhaber altersbedingt ausschieden, kaum mehr nachbesetzt werden, sagte der Vizepräsident der Zahnärztekammer Niedersachsen (ZKN), Lutz Riefenstahl. Veranstalter der Kundgebung waren neben der ZKN die Kassenzahnärztliche Vereinigung Niedersachsen (KZVN), der Freie Verband Deutscher Zahnärzte sowie der Verband Zahnärzte für Niedersachsen. Auf dem Platz der Göttinger Sieben fanden sich laut Polizei rund 950 Demonstranten ein.

Nach Angaben der KZVN sind schon jetzt bestimmte Regionen des Landes unterversorgt mit Zahnärzten. Die Versorgung liegt demnach zum Beispiel in Ostfriesland, im Raum Peine oder in Lüchow-Dannenberg nur noch bei 70 Prozent.

Tilo Frenzel überließ am Mittwoch seine Praxis in Wustrow im Wendland seinem Partner, er wollte in Hannover dabei sein. «Wir verwalten uns zu Tode», sagte der 56-Jährige schon am Vortag. «Da ist so viel Bürokratie, dass wir nicht mehr zur Arbeit am Patienten kommen. Das macht die Berufsfreude kaputt.»

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Gebürtig aus Heidenau bei Dresden führt der Zahnarzt seit 29 Jahren die Praxis im Wendland und teilt für den Landkreis Lüchow-Dannenberg die Notdienste ein. Um die Jahrtausendwende konnte er noch auf 40 Zahnärzte zurückgreifen, inzwischen nur noch auf 26, wobei vier über 70 und acht über 60 Jahre alt sind. Mancher könne auch keinen Bereitschaftsdienst übernehmen, weil er keine Assistenz zur Verfügung habe.

«Ich bin glücklich mit dem Landleben, die Kinder sind hier aufgewachsen und die Arbeit am Patienten macht einen Riesenspaß», sagte Frenzel. In den vergangenen 30 Jahren seien die Arbeitsbedingungen immer härter geworden, die Investitionen für eine Praxis viel teurer. «Wenn kein Wunder geschieht, finden wir keinen Nachfolger», meinte er.

Der Beruf sei auch sehr viel weiblicher geworden, viele wählten lieber das Angestelltenverhältnis mit Teilzeit. Das reiche aber nicht, um den Bedarf abzudecken. Und für mehr Zahnärzte gebe es einfach zu wenige Studienplätze. «Es ist so wichtig, dass es Praxen vor Ort gibt, für den Fahrradunfall, den abgebrochenen Zahn oder die Entzündung», sagte Frenzel.

Die Zahnärzte kritisieren vor allem das 2022 verabschiedete sogenannte GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG). Wegen der strengen Budgetierung fehlten die Mittel für die Prävention, hieß es. Zudem stellten die Einsparungen eine Gefahr für die flächendeckende zahnärztliche Patientenversorgung vor allem in ländlichen und strukturschwachen Regionen in Deutschland dar.

© dpa-infocom, dpa:230913-99-175768/6

HAZ

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