Kampf gegen Inflation

Europäische Zentralbank erhöht Leitzins erneut

14.12.2022, Hessen, Frankfurt/Main: In vielen Büroräumen der Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB) brennt nach Sonnenuntergang das Licht. Am 15.12.2022 entscheiden Europas oberste Währungshüter auf ihrer turnusmäßigen Ratssitzung über neue Zinsschritte. Foto: Arne Dedert/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

14.12.2022, Hessen, Frankfurt/Main: In vielen Büroräumen der Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB) brennt nach Sonnenuntergang das Licht. Am 15.12.2022 entscheiden Europas oberste Währungshüter auf ihrer turnusmäßigen Ratssitzung über neue Zinsschritte. Foto: Arne Dedert/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Die Europäische Zentralbank (EZB) stemmt sich mit einer weiteren Zinserhöhung gegen die hohe Inflation. Der Leitzins im Euro-Raum steigt um 0,50 Prozentpunkte auf 2,50 Prozent, wie die EZB am Donnerstag in Frankfurt mitteilte.

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Die Zentralbank hatte die Zinsen in diesem Jahr bereits dreimal, zuletzt zweimal, um jeweils 0,75 Punkte, angehoben. Die Argumentation für die Entscheidung, den Leitzins ein weiteres Mal anzuheben, beruht auch auf der Entwicklung der Inflation. Zuletzt waren auch die Preise von Waren und Dienstleistungen, die nicht direkt an den Energiepreis gekoppelt sind, gestiegen. Die Inflation ist demnach breiter geworden und treibt die Preise.

Auch die Erwartungen an die Inflationsentwicklung spielen eine entscheidende Rolle. Die Erhöhung des Leitzins soll die Erwartungen von Unternehmen und Verbrauchern drücken, dass die Preise weiter in die Höhe schießen und so Lohnforderungen oder Preise beeinflussen.

Kritiker hingegen befürchten, dass die Zinserhöhung die Krise weiter verschlimmern und die Konjunktur weiter empfindlich schwächen könnte. Die Befürchtung einer Lohn-Preis-Spirale scheint sich zudem nicht zu bestätigen. Zwar stiegen laut dem gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) die Tariflöhne in 2022 nur um durchschnittlich 2,7 Prozent. Ein Inflationstreiber sind die Löhne daher nicht.

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Inflationsrate fällt auf 10 Prozent – Lebensmittel deutlich teurer
Eine Kundin steht mit einem Mehrweg-Einkaufsnetz in der Obst- und Gemüseabteilung in einem Supermarkt.

Eine ähnlich hohe Inflation ist zuletzt in den 1950er-Jahren gemessen worden. Besonders Lebensmittel und Energie sind teuer geworden.

Anleihenbestände schrittweise abbauen

Außerdem hat die EZB angekündigt, ihre Anleihenbestände von März 2023 an schrittweise zurückzufahren. Gelder aus auslaufenden Wertpapieren ihres billionenschweren allgemeinen Kaufprogramms APP werden ab dann somit nicht mehr in vollem Umfang in den Kauf neuer Anleihen gesteckt. Das teilte die Notenbank am Donnerstag in Frankfurt nach einer Sitzung des EZB‑Rates mit. Bis zum Ende des zweiten Quartals 2023 sollen die Bestände monatlich im Durchschnitt um 15 Milliarden Euro verringert werden.

Die Währungshüter hatten angesichts der lange Zeit gefährlich niedrigen Inflation im März 2015 in großem Stil mit dem Kauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren begonnen. Die EZB sorgte sich vor einer gefährlichen Spirale aus Preissenkungen auf breiter Front und damit einhergehend einer schrumpfenden Wirtschaft.

Inzwischen ist die Inflation im Euro-Raum, angeschoben von hohen Energie- und Lebensmittelsmittelpreisen, deutlich gestiegen. Daher stellte die EZB zum 1. Juli 2022 den Kauf neuer Wertpapiere im Rahmen des Kaufprogramms APP ein. Gelder aus Papieren, deren Laufzeit endet, wurden bislang aber in vollem Umfang wieder neu angelegt. Ingesamt steckten die Euro-Notenbanken im Rahmen des Programms bis Ende November des laufenden Jahres mehr als 3,4 Billionen Euro in Staatsanleihen und Unternehmenspapiere.

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Welchen Einfluss hat die Zentralbank?

Auch bemängeln Kritiker, dass der Markt sich durch die Krise selbst reguliere. So verweist N-TV auf den Nachfragerückgang beim Rohöl, durch die teuren Energiepreise. Das habe zu einem globalen Konjunktur­einbruch geführt, den Ölpreis auf dem Weltmarkt deutlich gedrückt.

Auch sei der Einfluss der geldpolitischen Maßnahmen in dieser Krise begrenzt, heißt es. Gegner der Zins­erhöhung betonen, dass die Inflation nicht durch eine steigende Nachfrage, sondern einen Angebotsschock ausgelöst worden sei. Der Krieg in der Ukraine, Sanktionen und die Auswirkungen auf die Produktion hätten die Produkte verteuert. Die Anpassung des Leitzinses hätte daher nicht den gewünschten Effekt.

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Euro-Kurs gab vor EZB-Zinsentscheidung nach

Der Euro war am Donnerstag vor der wichtigen geldpolitischen Entscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB) etwas gefallen. Die Gemeinschaftswährung wurde am Morgen bei 1,0658 US‑Dollar gehandelt und damit etwas niedriger als am Vorabend. Die EZB hatte den Referenzkurs zuletzt am Mittwochnachmittag auf 1,0649 Dollar festgesetzt.

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Am Devisenmarkt warten die Anleger auf die Zinsentscheidung der EZB, die am frühen Nachmittag auf dem Programm steht. Zuvor hatte die Notenbank mit Zinsschritten um 0,75 Prozentpunkte gegen die starke Teuerung angekämpft.

Am Mittwoch hatte bereits die US‑Notenbank Fed das Tempo der Zinserhöhungen gedrosselt und den Leitzins nur noch um 0,50 Prozentpunkte erhöht. „Wir gehen nach wie vor davon aus, dass weitere Erhöhungen angemessen sind“, sagte Notenbankpräsident Jerome Powell im Anschluss an die Zins­entscheidung. Aktuell reichten die Anzeichen einfach nicht aus, um sicher zu sein, dass die Inflation nachhaltig zurückgehe – eher im Gegenteil. Der Dollar wurde durch die Aussicht auf weiter steigende Zinsen in den USA gestützt, während der Euro im Gegenzug etwas unter Druck geriet.

RND/dpa

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