Fackeln die Russen nicht verkauftes Erdgas ab?
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Diese Archivaufnahme zeigt, wie Gas an einer mobile Fackelanlagen an der Station des Fernleitungsnetzbetreibers Ontras Gastransport in Apollensdorf in Sachsen-Anhalt abgebrannt wird. In Finnland wird beobachtet, dass im benachbarten Russland Erdgas im großen Stil verbrannt wird.
© Quelle: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/
Der Gasexport aus Russland durch die Nord-Stream- und die Jamal-Pipelines sank zuletzt auf einen extrem niedrigen Wert. Und alle Welt fragt sich: Was macht Russland mit dem überschüssigen Gas, das es nicht mehr in die Europäische Union pumpt?
Russland mühte sich stets zu betonen, man habe neue Käufer gefunden, in Asien etwa, wohin das Gas jetzt umgeleitet werde. Sehr glaubwürdig war das nicht, denn es bedarf einer Infrastruktur und aufwendiger Investitionen, ehe Erdgas exportiert werden kann.
Eine 1340 Kilometer lange Landesgrenze
Eine Antwort, was Russlands Präsident Wladimir Putin mit seinem überschüssigen Gas macht, kommt jetzt aus Finnland, dem nordeuropäischen EU-Land, welches mit Russland eine 1340 Kilometer lange Landesgrenze teilt.
Seit mehr als einem Monat werden an der finnischen Ostgrenze in der Ferne gigantische Flammen beobachtet, deren Schein sich mit bloßem Auge wahrnehmen lässt. Was nichts anderes bedeuten könne, als dass Russland im großen Stil Gas abfackle, wie auf der Website von Yleisradio nachzulesen ist, der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt Finnlands.
Zahlreiche Augenzeugen kommen da zu Wort, die an verschiedenen Stellen der Grenze, zum Beispiel in der Küstengemeinde Virolahti oder auf der Insel Lanskeri im äußeren Archipel von Hamina, den hell erleuchteten Horizont wahrnehmen konnten.
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Das Gazprom-Logo ist an einer Niederlassung des russischen Staatskonzerns in St. Petersburg zu sehen.
© Quelle: Igor Russak/dpa
Bestätigungen für diese Beobachtungen liefern dem finnischen Bericht zufolge Satellitenaufnahmen der Nasa, die seit dem 17. Juni jeden Tag Flammen im Gebiet von Portovaya registrieren, wo der russische Erdgas- und Ölkonzern Gazprom eine Kompressorstation betreibt.
Einfach stoppen, indem man zum Beispiel „den Hahn zudreht“, lässt sich die Förderung eines Gasfeldes nicht. Das hat rein technische Gründe, weil sich der Gasfluss eines erschlossenen Feldes nur unter allergrößten Mühen stoppen lässt. Unterirdische Gasfelder stehen meist unter großem Druck. Werden sie einmal angezapft, schießt das Gas durch die Bohrungen an die Oberfläche – kontinuierlich.
Wenn Putin Europa nicht mehr beliefert, muss er Quellen in Sibirien schließen.
US-Starinvestor George Soros auf CNBC
US-Starinvestor George Soros erklärt in einem Brief, der auf CNBC veröffentlicht wurde: „Wenn Putin Europa nicht mehr beliefert, muss er Quellen in Sibirien schließen.“ Das brauche Zeit und noch schlimmer: Aufgrund des Alters der Ausrüstung werden die Quellen, wenn sie einmal geschlossen sind, schwer wieder zu öffnen sein.
Außerdem sind stillgelegte Gasfelder ein Sicherheitsrisiko. Aus dem Gestein können ohne kontrolliertes Abpumpen Gase wie Methan entweichen, entweder an die Oberfläche oder etwa in nahes Grundwasser.
Russland hat also nur begrenzte Möglichkeiten, sich des überschüssigen Gases zu entledigen. Neben der Suche neuer Abnehmer hat Moskau angekündigt, die im Land vorhandenen Gasspeicher zu füllen.
Der russische Gaskonzern Gazprom hatte bereits im April erklärt, die heimischen Speicher auf 72,6 Milliarden Kubikmeter Gas bis Ende Oktober auffüllen zu wollen: „Ziel ist ein Füllstand von 100 Prozent, den Russland bereits in diesem Sommer erreichen wird“, hieß es damals. Damit lägen die Füllstände seit Ende Juli auf einem Rekordwert.
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Ein LNG-Transportschiff liegt vor Dakar.
© Quelle: Michael Kappeler
Eine weitere Möglichkeit wäre es, dass Russland das Gas verflüssigt und per Tanker an andere Länder liefert. Doch dazu fehlen die technischen Voraussetzungen. Also bleibt als letzter Ausweg oft nur noch das kontrollierte Abbrennen. Was den Finnen aber große Sorgen bereitet. „Abfackeln ist eine Bedrohung für Finnland und hat Auswirkungen auf die Klimasituation der Welt“, heißt es auf der Website von Yleisradio.
„Beim Abfackeln entsteht sogenannter schwarzer Kohlenstoff, also Rußstaub, der das Schmelzen beschleunigt, wenn er auf Schnee und Eis landet. Sie wiederum beschleunigt den Klimawandel in den nördlichen Regionen“, wird Petteri Taalas zitiert, Generalsekretär der World Meteorological Organization.
Gazprom hatte ab dem 16. Juni die Lieferung durch die Ostseepipeline erst auf 40 Prozent der vereinbarten Mengen reduziert, inzwischen kommen sogar nur noch 20 Prozent der möglichen Kapazität in Deutschland an.
RND/stu
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