EU-Außenbeauftragter Borrell: Sanktionen gegen Russland wirken
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Josep Borrell, Hoher Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik. (Archivbild)
© Quelle: Michel Euler/AP/dpa
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell ist überzeugt, dass die Sanktionen gegen Russland wirken. Laut ihm erreichen die sechs Pakete, welche die EU-Staaten in Reaktion auf den Angriffskrieg in der Ukraine beschlossen haben, ihr Ziel. „Unsere Maßnahmen treffen bereits jetzt fast 1200 Einzelpersonen und nahezu 100 Unternehmen in Russland sowie eine erhebliche Anzahl von Sektoren der russischen Wirtschaft“, schrieb Borrell in einem am Samstag veröffentlichten Blogeintrag.
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In diesem geht er auf viele Aspekte ein, die aus seiner Sicht für Wirksamkeit der Sanktionen sprechen. Er bezieht sich dabei auch auf Argumente von Kritikern. So stimme es zwar, dass Russland, nach dem für Ende des Jahres geplanten Embargo, sein Öl verstärkt in andere Länder exportieren kann. Doch für die neuen Geschäfte sei Moskau gezwungen, starke Rabatte zu geben. Russisches Öl würde derzeit für 30 Dollar unter dem durchschnittlichen Preis auf dem Weltmarkt verkauft, so Borrell.
Starker Rubel für Borrell kein Zeichen einer starken Wirtschaft
Der hohe Wechselkurs des Rubels ist für den EU-Außenbeauftragten kein Indiz für die fehlende Wirkung der Sanktionen. Denn dieser spiegele nur das starke Ungleichgewicht zwischen den großen Exportzahlen von Öl wie Gas und dem gleichzeitigen Zusammenbruch von Importen wieder. Für die russische Wirtschaft sei dies kein gutes Zeichen. Schließlich sei diese vor allem im Bereich der hochwertigen Produkte auf Import angewiesen.
„Bei fortschrittlichen Technologieprodukten hängt Russland zu mehr als 45 Prozent von Europa ab, von den Vereinigten Staaten zu 21 Prozent und von China nur zu 11 Prozent“, so Borrell weiter. Russland könne zwar verstärkt auf heimische Produktion setzen. Das habe nach den Sanktionen 2014 im Agrarbereich funktioniert. Doch bei hochtechnologischen Produkten sei das deutlich schwerer.
Der westliche Importstopp hat laut Borrell auch einen direkten Einfluss auf den Krieg in der Ukraine. Russland könne so etwa nicht unbegrenzt Präzisionsraketen herstellen. Die Armee sei deswegen weniger erfolgreich.
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© Quelle: dpa
Borrell: Viele Wirtschaftsbereiche leiden
Borrell spricht zudem viele Wirtschaftsbereiche an, die unter den Sanktionen leiden würden. Fast alle ausländischen Autohersteller hätten ihren Betrieb eingestellt. „Die wenigen Fahrzeuge aus russischer Produktion werden keine Airbags und Automatikgetriebe haben“, fügte er hinzu.
Die für das große Land wichtige Flugbranche werde ebenfalls aufgrund der fehlenden Technik unter Druck geraten. Ein großer Teil der Flugzeuge sei aus dem Ausland. Der fehlende Zugang auf den Finanzmärkten, der Ausschluss von globalen Forschungsnetzwerken und die Abwanderung von Fachkräften würden sich ebenfalls bemerkbar machen.
Sanktionen sollen auch China beeinflussen
Auf China ging der EU-Vertreter ebenfalls ein. Auch hier sei der Handel aufgrund der Sanktionen limitiert. Während China zwar mehr aus Russland importiere, würde es deutlich weniger dorthin exportieren – und zwar in ähnlichem Ausmaß wie westliche Länder. China sei um seine Machtstellung in Asien besorgt, meint Borrell. Es befürchte eine Stärkung des Bündnisses der USA mit Ländern wie etwa Japan und Südkorea, die entschieden gegen Russlands Angriffskrieg vorgingen.
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„Wenn die Sanktionen Russlands Kurs kurzfristig nicht ändern, bedeutet das nicht, dass sie nutzlos sind“
Als aktuelles Indiz für die Wirksamkeit der Sanktionen nennt Borrell die Banktransaktionen in Russland. Diese seien im Juni auf 7,2 Prozent im Vergleich zum ersten Jahresquartal 2022 gesunken.
Für Borrell ist aber klar, dass sich nicht alle Auswirkungen der Sanktionen sofort zeigen. Die wissenschaftliche, wirtschaftliche und technische Isolation Russlands werde sich erst mittelfristig negativ auswirken. Er betont auch, dass die Sanktionen nicht unbedingt bald ein Umdenken des Kremls bezwecken können.
„Doch selbst wenn die Sanktionen Russlands Kurs kurzfristig nicht ändern, bedeutet das nicht, dass sie nutzlos sind. Denn sie beeinträchtigen die bloße Menge an Ressourcen, die Russland zur Führung seines Krieges zur Verfügung hat“, so Borrells Schlussfolgerung.
RND/sf
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