USA suchen nach Informationen

Rätselraten über Flugobjekt: Was steckt hinter dem Spionage­ballon?

Ein Beobachtungs­ballon ist am Himmel über Billings, USA, zu sehen.

Ein Beobachtungs­ballon ist am Himmel über Billings, USA, zu sehen.

Der mutmaßliche chinesische Überwachungs­ballon, der vor wenigen Tagen über dem US-Luftraum gesichtet wurde, lässt Washington weiterhin im Dunkeln tappen. Erst war unklar, ob das Flugobjekt tatsächlich aus China stammt und welchen Zweck der Ballon hat beziehungsweise was er möglicherweise schon ausspioniert haben könnte. Der Pressesprecher des Pentagon, Patrick Ryder, erklärte, die US-Regierung würde die Bewegungen des mutmaßlichen Spionage­ballons weiter verfolgen. Eine militärische oder physische Bedrohung für Menschen am Boden würde nicht bestehen.

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„Wetterballon“: Peking rudert zurück

Unterdessen hat China das gesichtete Fluggerät als ziviles „Luftschiff“ mit beschränkter Steuerbarkeit identifiziert, das infolge „höherer Gewalt“ – Wind – von seinem vorgesehenen Kurs abgekommen sei. Dies teilte das chinesische Außen­ministerium am Freitag nach Prüfung des Vorfalls mit. Das „Luftschiff“ sei für Forschungs­zwecke, hauptsächlich meteorologische, eingesetzt worden, teilte das Pekinger Außen­ministerium in einer Erklärung mit. „Die chinesische Seite bedauert den unbeabsichtigten Eintritt des zivilen Luftschiffs in US-Luftraum durch höhere Gewalt“, heißt es darin.

Schon nach Bekannt­werden der Sichtung hatte Peking sich um Deeskalation bemüht. Außenamts­sprecherin Mao Ning erklärte, China sei ein verantwortungs­bewusstes Land und habe sich immer strikt an internationale Gesetze gehalten. Man wolle nicht gegen die Staatshoheit eines anderen Landes verstoßen.

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Ballon über Montana gesichtet

Aus Kreisen des Pentagons hieß es, dass es sich bei dem mutmaßlichen Spionage­ballon sehr wahrscheinlich um einen chinesischen handele, der Informationen sammele. Aus dem US-Verteidigungs­ministerium hieß es, dass die derzeitige Flugroute des Ballons zwar über „eine Reihe sensibler Orte“ führe. Das Risiko, hierbei an Informationen zu kommen, sei jedoch sehr gering. Nach Angaben von NBC News sei der Ballon am Mittwoch über der Stadt Billings im US-Bundesstaat Montana, gesichtet worden. Er sei dann über die Inselgruppe der Aleuten bis nach Kanada geflogen und dann wieder nach Montana zurück­gekommen.

US-Präsident Joe Biden trifft Xi Jinping in China
dpatopbilder - 14.11.2022, Indonesien, Bali: US-Präsident Joe Biden (r), schüttelt dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping bei ihrem Treffen vor dem G20-Gipfel die Hand. Es ist das erste persönliche Treffen seit Bidens Amtsantritt vor knapp zwei Jahren. Foto: Alex Brandon/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Die beiden Staatschefs kamen am Montag vor dem G20-Gipfel der wichtigsten Industrie- und Schwellen­länder auf der indonesischen Insel Bali zusammen.

Pentagon spielt Eigenschaften des Ballons herunter

In Montana werden auf dem Luftwaffen­stützpunkt Malmstrom unter anderem Atomraketen gelagert. Auf einem Stützpunkt der US-Luftwaffe im Norden des Bundesstaates lagern nach Angaben des Wall Street Journal 150 mit Atom­sprengköpfen bestückte Interkontinental­raketen vom Typ Minuteman III. Solche sensiblen Standorte würden in der Regel abgeschirmt, berichtete die Zeitung unter Berufung auf das Pentagon. Die Spionage­systeme des Ballons lieferten dennoch einen „begrenzten Mehrwert“ im Vergleich zu Informationen, die China mit erdnahen Satelliten sammeln könne.

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Kein Abschuss: „Trümmerfeld zu groß“

Laut dem US-Verteidigungs­ministerium befindet sich der Ballon noch immer über den USA. Man wollte jedoch keine Angaben machen, wo sich das Flugobjekt derzeit genau aufhalte. Ein hochrangiger Pentagon­vertreter erklärte, dass zwar in den vergangenen Jahren „eine Handvoll“ Ballone über den Vereinigten Staaten gesichtet worden seien. Doch dieses Mal scheine er „länger in der Luft“ zu bleiben. Auch dessen Größe habe eine Rolle bei den Überlegungen gespielt, den Ballon abzuschießen. Schließlich entschied man sich dagegen, da das resultierende Trümmerfeld ein Risiko für Menschen am Boden hätte darstellen können.

Einsätze im Kalten Krieg

Spionage­ballone bewegen sich normalerweise in einer Höhe zwischen 24 und 37 Kilometern, also weit höher, als der kommerzielle Flugverkehr, der eine maximale Höhe von rund 12.000 Metern hat. Wie die Nachrichten­agentur Reuters schreibt, seien Höhen­ballone bereits Mitte des vergangenen Jahrhunderts für Spionage­zwecke und andere militärische Missionen eingesetzt worden. Beispielsweise habe das japanische Militär während des Zweiten Weltkriegs damit operiert.

Ab den 1950er-Jahren habe dann das US-Militär damit begonnen, den Einsatz von Spionage­ballonen in großer Höhe zu erforschen. Wie aus Regierungs­dokumenten hervorgeht, seien sogenannte Fotoballone im Rahmen der Project-Genetrix-Missionen über Staaten des Ostblocks geflogen.

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Air Force Base Malmstrom, USA (Archivbild).

Air Force Base Malmstrom, USA (Archivbild).

Vorteile gegenüber Satelliten

Beim Sammeln von Informationen haben Ballone gegenüber Satelliten heutzutage sogar Vorteile. Wie aus einem Bericht des Air Command and Staff College der US-Luftwaffe aus dem Jahr 2009 hervorgeht, könnten Ballone weite Gebiete aus nächster Nähe erfassen und mehr Zeit über einem Zielgebiet verbringen. Außerdem würden sie enorme Kosten einsparen: Denn sie benötigen, im Gegensatz zu Satelliten, keine Träger­raketen, die Hunderte von Millionen Dollar kosten.

Auch Piloten würden heute nicht mehr benötigt. Ballone können zwar, so eine Studie des Air Force Airpower Research Institute aus dem Jahr 2005, nicht direkt gesteuert werden. Stattdessen können sie grob zu einem Zielgebiet gelenkt werden, indem die Flughöhe geändert wird, um so verschiedene Luftströmungen zu erfassen, die das Objekt dann zum Ziel führen.

Blinken-Besuch in China abgesagt

Im Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Spionage­ballon verschiebt US-Außen­minister Antony Blinken seine Reise in die Volksrepublik. Das berichten überein­stimmend mehrere Medien. Ursprünglich war ein Besuch Blinkens in China für Sonntag und Montag vorgesehen. Der Außen­minister sollte dort auch Staatschef Xi Jinping treffen.

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Der Vorfall belastet die bereits angespannten Beziehungen zwischen der Volksrepublik und den Vereinigten Staaten weiter. Streitpunkte sind Chinas Rücken­deckung für Russlands Angriffs­krieg in der Ukraine, Pekings Drohungen gegen Taiwan, die umstrittenen Ansprüche Chinas im Südchinesischen Meer, der Handelskrieg und amerikanische Export­kontrollen für Hoch­technologie. Peking wirft Washington vor, seinen Aufstieg eindämmen zu wollen und einen neuen Kalten Krieg zu verfolgen.

Mit Agenturmaterial

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