Kritik an Altkanzlerin

„Wir haben ihr fast blind vertraut“: Botschafter Melnyk glaubt, Merkel hätte den Krieg verhindern können

Andrij Melnyk, Botschafter der Ukraine (Archivbild).

Andrij Melnyk, Botschafter der Ukraine (Archivbild).

Der ukrainische Botschafter in Deutschland Andrij Melnyk glaubt, dass Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) mit einer anderen Russlandpolitik den Krieg in der Ukraine hätte verhindern können.

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„Die Deutschen sind fast besessen davon, immer etwas Gutes in Russland zu finden“, sagte Melnyk im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“. Diese Herangehensweise habe auch die Ära Merkel geprägt. „Seit acht Jahren werden in Russland in industriellem Maßstab die Gehirne gewaschen. Es ist ein faschistisches Staatsgebilde geworden.“ Trotzdem sei ständig das Gute gesucht und das Böse ausgeblendet worden, kritisierte der Botschafter.

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Dennoch habe man in der Ukraine Merkel „fast blind“ vertraut. „Es gab ein riesiges Vertrauen in der Überzeugung, dass sie die Dinge besser einschätzen und regeln kann. Niemand war so nah an Putin dran wie sie persönlich und die Deutschen, auch als Vermittler im Normandie-Format.“ Zudem habe Berlin immer um das angespannte Verhältnis zwischen Russland und der Ukraine gewusst und „dass Putin keine Einigung, sondern die Vernichtung meiner Heimat will“. Trotzdem habe sich die Merkel-Regierung noch 2015 für Nord Stream 2 und gegen Waffenlieferungen an die Ukraine entschieden.

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Selenskyj lehnt Steinmeier-Besuch in Kiew ab

Beobachter vermuten, dahinter stehe Selenskyjs Missbilligung der engen Beziehungen Steinmeiers zu Russland in seiner Zeit als Außenminister der Bundesrepublik.

Melnyk: Kanzler Scholz ist von einem Sieg der Ukraine nicht überzeugt

Aber auch die aktuelle Regierung unter Kanzler Olaf Scholz (SPD) kommt aus Melnyks Perspektive nicht gut weg. Sehr lange habe man etwa der Ukraine keine Chance zum Überleben eingeräumt. Jetzt aber ändere sich „langsam“ die Tonalität. „Aber wir sind noch nicht so weit, dass die Politiker und auch der Kanzler davon überzeugt sind, dass wir gewinnen können.“ Mit einer Reise nach Kiew könnte Scholz zeigen, dass er an einen Sieg der Ukraine glaube, schlug der Diplomat vor.

Scholz wurde nach der Absage der ukrainischen Führung an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Kiew eingeladen. Steinmeier soll wegen seiner Beteiligung an der deutschen Russlandpolitik der vergangenen Jahre nicht erwünscht gewesen sein. Dennoch: „Es steht außer Frage, dass Herr Steinmeier die Ukraine in Zukunft besuchen kann“, stellte Melnyk klar. Nun aber seien „mutige Taten“ notwendig, fügte er hinzu und nannte ein sofortiges Embargo für russisches Gas und Öl.

Der ukrainische Botschafter ist in Deutschland wegen seiner forschen und kontroversen Art nicht unumstritten. Seine Beliebtheit aber sei ihm nicht wichtig, sagte Melnyk: „Wer bin ich schon? Ein Soldat an der diplomatischen Front.“ Für ihn sei die Hauptsache, „dass die Ukraine ganz oben auf der Tagesordnung der deutschen Politik bleibt und nicht gleich verschwindet, wie es nach der Annexion der Krim der Fall war.“

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RND/sic

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