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Ukraine greift die Krim an: Was steckt hinter den Drohnen­angriffen?

Dieses von der russischen Staatsagentur Tass verbreitete Bild zeigt Uniformierte auf dem Weg zum Kontrollpunkt Perekop, die auf der Ladefläche eines Lastwagens sitzen, auf den ein weißes Z aufgemalt ist. Das Dorf Perekop liegt auf einer Landenge, die die Verbindung zwischen der Krim und dem ukrainischen Festland darstellt.

Dieses von der russischen Staatsagentur Tass verbreitete Bild zeigt Uniformierte auf dem Weg zum Kontrollpunkt Perekop, die auf der Ladefläche eines Lastwagens sitzen, auf den ein weißes Z aufgemalt ist. Das Dorf Perekop liegt auf einer Landenge, die die Verbindung zwischen der Krim und dem ukrainischen Festland darstellt.

Das ukrainische Militär hat den Druck auf Russland erhöht und in diesem Jahr bereits viermal mit Drohnen die von Russland besetzte Halbinsel Krim angegriffen - zuletzt am vergangenen Wochenende Sewastopol, wie der von Russland eingesetzte Gouverneur der Stadt mitteilte. Bisher konnte die russische Flugabwehr die ukrainischen Kampf­drohnen immer abschießen, bevor sie ihr Ziel erreichten.

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Schon im Sommer hatte die Ukraine mit Raketen die Krim angegriffen und dort stationierte Kampf­flugzeuge zerstört. Im Herbst folgten dann auch Drohnen­angriffe auf die russische Kriegs­flotte im Hafen von Sewastopol und ein Angriff auf die Kertsch-Brücke, die Russland mit der Krim verbindet. Auch diesmal flogen die Drohnen auf Sewastopol zu, wie der Gouverneur der russischen Besatzer auf der Krim, Mikhail Razvozhaev, auf Telegram erklärte.

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Mit den Drohnen­angriffen auf die Krim will die Ukraine die russischen Attacken auf die kritische Infrastruktur beenden, erklärt Oberst Markus Reisner vom österreichischen Bundesheer. Bisher verfolgten die ukrainischen Streitkräfte einen defensiven Ansatz und versuchten, die kritische Infrastruktur vor Drohnen, Marsch­flugkörpern und Raketen durch die eigene Flugabwehr zu schützen. Jetzt ändert sich aber offenbar die Strategie: „Beim offensiven Ansatz zerstört die Ukraine jene Ausgangs­punkte, von denen diese Drohnen, Raketen und Marsch­flugkörper starten“, sagte Reisner im Gespräch mit dem Redaktions­Netzwerk Deutschland (RND). Deshalb gebe es jetzt vermehrt Angriffe auf Sewastopol auf der Krim, wo ein Teil der russischen Schwarzmeer­flotte stationiert ist. „Diese Schiffe laufen aus und feuern Marsch­flugkörper und Raketen auf die Ukraine.“ Von der Krim aus versorgt die russische Armee auch ihre Besatzungstruppen im Süden der Ukraine.

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Ukraine und Russland nutzen gleiche Strategie

Die Strategie des ukrainischen Militärs: Es versucht zu sondieren, wie die russische Flugabwehr in Sewastopol aufgestellt ist, und schickt Drohnen, um die Reaktion der Russen auszutesten. „Wenn die Ukraine eine Abwehr­taktik der Russen erkennt, schickt sie Angriffs­drohnen, um dann tatsächlich die Abwehr zu durch­brechen.“ Bei den ukrainischen Drohnen­einsätzen beobachten Experten unterschiedliche Taktiken. Die Ukraine könnte jetzt laut Reisner Drohnen schicken, die zunächst die Flugabwehr binden und wenn die russische Abwehr alle Munition verschossen hat, die wirklichen Ziele angreifen.

Eine ähnliche Strategie verfolgt auch Russland bei seinen Angriffen auf die kritische Infrastruktur in der Ukraine. Militär­experte Christian Mölling von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) erklärte im Gespräch mit dem RND: „Wenn Russland eine große Angriffs­welle mit Drohnen startet, kommt es meist zu einer taktischen Über­wältigung.“ Das gut ausgebaute Luftverteidigungs­system der Ukraine kommt an seine Grenzen. „Die Quantität der ukrainischen Luftabwehr zwingt Russland dazu, eine große Anzahl an Drohnen einzusetzen, damit überhaupt welche das Luftverteidigungs­system durchbrechen.“

Russlands „Selbstzerstörung“: Putin verliert an Rückhalt
RUSSIA, MOSCOW REGION - JANUARY 3, 2023: Russia s President Vladimir Putin has a phone call with Kurgan Region girl Agata Bylkova, 8, as part of the Christmas Tree of Wishes charity campaign. Mikhail Klimentyev/Russian Presidential Press and Information Office/TASS PUBLICATIONxINxGERxAUTxONLY 56658733

Viele Russen fragen sich in ihren Neujahrsferien, wie es in dem von Niederlagen überschatteten Krieg gegen die Ukraine weitergeht.

Oberst Reisner, der regelmäßig die Lage in der Ukraine analysiert, beobachtet ein Muster bei den ukrainischen Angriffen auf die Krim: „Wir sehen zurzeit, dass die Ukrainer mit Drohnen aus dem Raum Odessa über das Schwarze Meer bis nach Sewastopol fliegen, um dort Ziele anzugreifen.“ Diese Ziele seien Schiffe der Schwarzmeer­flotte, Treibstoff­lager und Kommando­stellen, die für die Steuerung und Koordinierung der Angriffe auf ukrainische Infrastruktur zuständig sind.

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Ukraine forciert Befreiung „von der Krim bis zum Donbass“

Die ukrainischen Drohnen­angriffe auf die Krim haben nach Einschätzung des Osteuropa­experten Andreas Umland vom Stockholm Centre for Eastern European Studies eine „besonders positive Wirkung“ auf den Krieg. Die bellizistischen Teile der russischen Bevölkerung und der Führung im Kreml würden die Angriffe „in hohem Maße frustrieren“, beobachtet Umland. Die Strategie laut des Experten: „Den Kriegs­treibern in Moskau müssen die militärische Sinnlosigkeit und die politischen Risiken einer Fortführung des Krieges immer wieder demonstriert werden.“ Erfolgreiche ukrainische Luft- und Seeangriffe gegen russische militärische Ziele auf der Krim haben eine hohe symbolische Bedeutung. „Sie sind daher besonders für den Anschub eines tiefen Umdenkens in Moskau geeignet“, erklärt Umland.

Ob die Drohnen­angriffe bereits Teil der vielfach angekündigten Gegen­offensive auf der Krim sind, ist fraglich. Umland hält zumindest den weiteren Beschuss von Militär­anlagen, insbesondere Flugplätzen, Raketen­basen auf der Krim und der Kertsch-Brücke zu Russland für möglich. Dass die ukrainischen Streitkräfte auf dem Landweg bis zur Krim vorrücken und die Halbinsel einnehmen, sei derzeit unwahrscheinlich. „Zuerst müsste die russisch besetzte Landverbindung von der Krim zum Donbass beseitigt werden.“ Statt einer militärischen Rückeroberung sei es für die Ukraine einfacher, die Krim von Versorgungs­wegen zu isolieren und einzukreisen. „Dann wird es womöglich zu einer Verhandlungs­lösung für die Rückführung der Krim kommen“, erklärt Umland.

Zuletzt hatte der Leiter des ukrainischen Militär­geheimdienstes, Kyrylo Budanov, eine Gegen­offensive zur Befreiung der Gebiete „von der Krim bis zum Donbass“ für das Frühjahr 2023 angekündigt. Vor wenigen Tagen hatten die russischen Streitkräfte damit begonnen, den Land­korridor zur Krim massiv aufzurüsten. In den Norden der Krim seien neue russische Einheiten verlegt worden, so der US-Thinktank Institute for the Study of War (ISW) im Lagebericht. Es seien auch Befestigungen in der Gegend errichtet worden, um die Land­verbindung zur Krim besser gegen Angriffe verteidigen zu können.

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Die Krim hat für Russland und die Ukraine einen hohen symbolischen, wirtschaftlichen und sicherheits­politischen Wert. Seit 2014 hält Russland die ukrainische Halbinsel völkerrechts­widrig besetzt und unterdrückt laut Experten die krimtatarische Bevölkerung.

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