Nach Absage an Steinmeier: SPD-Fraktion kritisiert Entscheidung aus Kiew
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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier
© Quelle: IMAGO/Eastnews
Berlin. Nach der ukrainischen Ablehnung eines Besuchs von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat der SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich alle demokratischen Parteien aufgerufen, das Staatsoberhaupt „vor ungerechtfertigten Angriffen“ zu schützen. „Die Erklärung der ukrainischen Regierung, dass ein Besuch des Bundespräsidenten in Kiew derzeit unerwünscht ist, ist bedauerlich und wird den engen und gewachsenen Beziehungen zwischen unseren Ländern nicht gerecht“, sagte Mützenich am Mittwoch in Berlin.
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Er warnte die Ukraine gleichzeitig vor einer Einmischung in die deutsche Innenpolitik. „Bei allem Verständnis für die existenzielle Bedrohung der Ukraine durch den russischen Einmarsch erwarte ich, dass sich ukrainische Repräsentanten an ein Mindestmaß diplomatischer Gepflogenheiten halten und sich nicht ungebührlich in die Innenpolitik unseres Landes einmischen“, sagte er. Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk hat Steinmeier für seine Russland-Politik in der Vergangenheit, aber auch die Bundesregierung für ihre Zurückhaltung bei Sanktionen gegen Russland und Waffenlieferung mehrfach in ungewöhnlich scharfer Form kritisiert.
Selenskyj lehnt Steinmeier-Besuch in Kiew ab
Beobachter vermuten, dahinter stehe Selenskyjs Missbilligung der engen Beziehungen Steinmeiers zu Russland in seiner Zeit als Außenminister der Bundesrepublik.
© Quelle: Reuters
Auch der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch nannte die ukrainische Entscheidung irritierend. „Präsident Selenskyj sollte seine Entscheidung überdenken, wenn er der Diplomatie eine Chance geben will“, sagte er für den Vorstand der Parlamentarischen Linken in der SPD-Bundestagsfraktion. Gleichzeitig mahnte er zur Besonnenheit bei den Waffenlieferungen an die Ukraine: „Im Übrigen ist es richtig, dass die Bundesregierung bei der Frage der Waffenlieferungen sehr sorgfältig abwägt, um nicht einen Flächenbrand auszulösen, der in einem Dritten Weltkrieg münden kann.“
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Auch SPD-Außenpolitiker Nils Schmid hat die Absage der Ukraine an einen Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kritisiert. „Das ist mehr als ärgerlich. Wir sind befreundete Länder und es wäre ein gutes Zeichen gewesen, wenn zusammen mit den anderen Regierungschefs auch Steinmeier nach Kiew gereist wäre“, sagte Schmid am Mittwoch im Deutschlandfunk. Die Entscheidung Kiews stoße „bei vielen in Deutschland auf völliges Unverständnis“.
Schmid vertrat die Ansicht, dass die Absage von den tatsächlichen Fragen nur ablenke. „Die Europäer und die Nato wollen die Ukraine weiter unterstützen. Und dann braucht man aber auch einen angemessenen Umgang untereinander unter befreundeten Nationen und auch selbstverständlich mit unserem Staatsoberhaupt“, sagte Schmid.
Steinmeier wollte eigentlich zusammen mit den Präsidenten Polens, Estlands, Lettlands und Litauens nach Kiew reisen. Die ukrainische Regierung lehnte den Besuch Steinmeiers ab, stattdessen erhielt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine Einladung aus Kiew. „Kanzler gegen Bundespräsidenten auszuspielen, das geht überhaupt nicht“, sagte Schmid. Er sehe keinen Grund, wieso Scholz „einfach so nach Kiew reisen“ solle.
RND/dpa