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Kommentar

Urteil gegen Franco A.: Die Bundeswehr muss sich fragen, warum sie versagt hat

Der Angeklagte Franco A. steht in Handschellen hinter der Anklagebank im Hochsicherheitssaal des Oberlandesgerichts.

Der Angeklagte Franco A. steht in Handschellen hinter der Anklagebank im Hochsicherheitssaal des Oberlandesgerichts.

Berlin. Hätte ein Regisseur die Lebensgeschichte von Franco A. verfilmt, man hätte ihm mangelnden Realismus vorgeworfen. Ein Bundeswehrsoldat, der seinen Kameraden seinen Rassismus und seine Verachtung für die Demokratie unter die Nase reibt, und der trotzdem weiter Karriere macht in der Truppe. Eine Masterarbeit, die ein Gutachter völkisch nennt, ändert daran nichts.

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Der Mann hortet Waffen und führt ein Doppelleben als syrischer Flüchtling – ohne Arabischkenntnisse wohlgemerkt. Er schmiedet Anschlagspläne. Und niemand will etwas gemerkt haben, keiner fragt nach. Nicht seine Kameraden, nicht seine Vorgesetzten. Der Mann fliegt auf, weil er auf einer Wiener Flughafentoilette eine Pistole nicht gut genug versteckt. Selbst für Filme der B-Klasse wäre das zu dick aufgetragen.

Aber es ist eine reale Geschichte. Der einstige Oberleutnant Franco A. ist dafür nun zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden.

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Es ist das Mindeste, was passieren musste. Von Zufällen oder investigativem Erkenntnisdrang kann nicht die Rede sein, wenn jemand Waffen hortet und aus seiner Verachtung für Migrantinnen und Migranten sowie deren Unterstützerinnen und Unterstützer keinen Hehl macht.

Es ist offen, ob alle Waffendepots gefunden wurden

Franco A. muss sich dafür verantworten. Aber es ist offen, ob seine Waffendepots alle gefunden wurden. Seine Verbindungen zu Rechtsextremen bedürfen weiter der Aufklärung. Und die Bundeswehr muss sich den Fall wieder und wieder vor Augen führen: Sie hat sich weniger über das eigene Versagen im Umgang mit einem offenkundig Rechtsextremen aufgeregt als über die Feststellung der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die Truppe habe ein Haltungsproblem.

Fest in der Hasnd der Rechten: das oberste Gericht der USA im Frühjahr 2021. In der ersten Reihe sitzend (v.l.n.r.):  Samuel Alito, Clarence Thomas,  John Roberts, Stephen Breyer und Sonia Sotomayor. Dahinter stehend: Brett Kavanaugh, Elena Kagan, Neil Gorsuch und Amy Coney Barrett. In der nächsten Sitzungsperiode folgt die Afroamerikanerin Ketanji Brown Jackson auf Breyer. Nur drei Richt vertreten liberale Positionen: Sotomayor, Kagan und Breyer/Jackson.

Die Revolution der radikalen Robenträger

Einst galt der ehrwürdige Supreme Court als ausgleichende Instanz im amerikanischen Politsystem. Damit ist es seit Donald Trump vorbei. Immer extremer torpedieren die ultrarechten Richter die Grundwerte der liberalen Gesellschaft. Nach Waffenverbot, Abtreibungsrecht und Klimaschutz könnten sie demnächst sogar das gleiche Wahlrecht kippen.

Ein paar Jahre später schüttelten Rechtsextremismusfälle die Sondertruppe KSK durch. Ermittelnde erzählten, Soldaten deckten sich dort gegenseitig. Ein Haltungsproblem ist es auch, wenn Rassismus und aggressive Systemfeindlichkeit als Kavaliersdelikt betrachtet werden. Das gilt nicht nur für die Truppe, aber eben auch.

Hinweis: Franco A. war Oberleutnant, nicht Oberstleutnant wie in einer ersten Textfassung angegeben. Wir haben die Passagen entsprechend geändert.

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