Urteil zum Stiftungsgesetz: ein Weckruf aus Karlsruhe
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Was würden diese beiden Damen mit Staatsgeld für ihre Stiftung machen? AfD-Chefin Alice Weidel und Erika Steinbach, Vorsitzende der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung.
© Quelle: Hannes P Albert/dpa
Berlin. Schon einmal hat eine neue Partei vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Selbstbedienungsmentalität der Etablierten für ihre politischen Strömungen geklagt. Das war vor 40 Jahren, Kläger waren die Grünen. 1986 entschied Karlsruhe dann: Alle „dauerhaften, ins Gewicht fallenden politischen Grundströmungen“ müssten für ihre politischen Stiftungen „angemessen berücksichtigt“ werden.
Der Satz ist bis heute gültig. Folgerichtig haben die Richterinnen und Richter des Zweiten Senats beanstandet, dass die Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) der AfD beim warmen Geldregen aus dem Bundeshaushalt leer ausgeht.
Zu lange haben die regierenden Parteien die Augen vor der Realität verschlossen
1983 sprach der damalige Prozessanwalt der Grünen Otto Schily von einer „lautlosen, effizienten Allparteienkoalition“, die die Zuschüsse in den Haushaltsverhandlungen steuere. Auch dieser Satz ist bis heute gültig. Zu lange haben in den vergangenen Jahren die regierenden Parteien die Augen vor der Realität verschlossen und gehofft, die neuen Schmuddelkinder von rechts würden wieder verschwinden.
Zu angenehm waren vielleicht auch die vielen Millionen, die überproportional an die Konrad-Adenauer-Stiftung der CDU und die Friedrich-Ebert-Stiftung der SPD ausgeschüttet werden.
Das soll auf keinen Fall heißen, dass diese und die anderen Stiftungen keine wertvolle und dringend nötige politische Bildungsarbeit machen würden. Doch um so wichtiger ist es, dass auch ihre Finanzierung demokratisch zustande kommt.
Jahrelang haben die Großen geschlafen
Jahrelang haben die Großen im Bundestag ein Stiftungsgesetz verschleppt und verschlafen. Jetzt passiert das, was passieren musste: Sie kassieren einen unsanften Weckruf aus Karlsruhe.
Die AfD wird zu Recht vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall beobachtet. Die DES wird es bisher nicht. Auch ein Stiftungsgesetz, das ein aktives Eintreten für die freiheitlich demokratische Grundordnung als Bedingung aufführt, schließt die DES nicht automatisch von allen Geldquellen aus. Das wäre auch wiederum undemokratisch. Die Stiftung würde zwar mit Staatsgeldern, aber zugleich unter dem Scheinwerfer des Parlaments und der Öffentlichkeit arbeiten. So funktioniert wehrhafte Demokratie.