Kommentar zu Lambrechts Silvester-Video

Mit einer neuen Seltsamkeit ins Jahr gestartet

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) in der Silvesternacht.

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) in der Silvesternacht.

Viele Fachleute hüllten sich am Montag bezeichnenderweise in Schweigen. Das Silvestervideo von Christine Lambrecht sei „ein Schuss in den Ofen“, hieß es. Und die Bundesministerin der Verteidigung sei „eine Ministerin ohne Gespür“. Nur: Offiziell wollte das niemand sagen – außer der Opposition. Denn der Schluss liegt allzu nahe. Er lautet, dass die SPD-Politikerin für ihr Amt nicht geeignet ist, weil ihr mindestens eine Fähigkeit fehlt – die der gelingenden Kommunikation. Lambrechts jüngster viraler Auftritt ist dafür ein Beleg von vielen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Kanzler Olaf Scholz konnte bei ihrer Berufung nicht wissen, dass Russland die Ukraine angreifen und damit auch die Bundeswehr vor die größte Herausforderung der Nachkriegszeit stellen würde. Weil das Kabinett paritätisch besetzt sein sollte, musste eine Frau her. Dass die konkrete Frau Lambrecht von Verteidigung kaum Ahnung hatte, fiel nicht weiter ins Gewicht. Denn zum Fähigkeitsprofil von erstrangigen Politikerinnen gehört, dass sie sich Fachkenntnisse schneller als andere Berufsgruppen aneignen und diese im besten Fall so nach außen vermitteln können, als hätten sie in ihrem Leben nie etwas anderes getan.

Bizarre Situation

Lambrecht ist überdies nicht die erste Verteidigungsministerin in Nöten. Der CDU-Politiker Franz Josef Jung stellte sich als Grenzfall heraus. Der CSU-Nachfolger Karl-Theodor zu Guttenberg aus dem Fach Operette plagiierte sich lustvoll ins Abseits. Selbst die geachtete Christdemokratin Ursula von der Leyen stieß an Grenzen. Ohne den Krieg gegen die Ukraine käme Lambrecht womöglich zurecht. Nun aber haben wir es mit einer bizarren Situation zu tun.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Auf der einen Seite muss die Bundeswehr im Eiltempo umgebaut werden. Das gilt für Ausrüstung, Ausbildung und Struktur. Die Kooperation mit den Nato-Partnern ist plötzlich existenziell, die mit der Rüstungsindustrie nicht minder. So mahnt Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg just in dem Moment eine erhöhte Rüstungsproduktion an, in dem der deutsche Schützenpanzer Puma versagt. Mit einem Wort: Nötig ist eine Revolution von oben. Lambrecht müsste sie ins Werk setzen.

Lambrecht fällt immer wieder mit Seltsamkeiten auf

Auf der anderen Seite hat der Kanzler die Entscheidungsgewalt über die Revolution und darüber, wie das 100 Milliarden Euro schwere Sondervermögen ausgegeben werden soll, längst an sich gezogen. Seine Ministerin ist in ihrer Souveränität beschränkt und fällt zudem durch Seltsamkeiten auf.

So nimmt sie ihren Sohn bei einem Dienstflug mit, erscheint beim Truppenbesuch in Afrika mit hohen Absätzen, erklärt ihre Ministerkollegin Nancy Faeser zur nächsten Ministerpräsidentin von Hessen und dreht in der Silvesternacht ein Video, das privat wirken soll, aber als Statement zu dienstlichen Themen nicht privat ist und deshalb an einem professionellen Maßstab gemessen wird. Eine Verteidigungsministerin kann jedenfalls nicht bei deutschem Silvesterfeuerwerk über den Krieg in der Ukraine sprechen. Das sagt einem schon das Gefühl.

Hauptstadt-Radar

Persönliche Eindrücke und Hintergründe aus dem Regierungsviertel. Immer dienstags, donnerstags und samstags.

Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Scholz’ Kalkül

Das Video, in bester Absicht gedreht, ist an sich so wenig ein Rücktrittsgrund wie die anderen Seltsamkeiten. In der Summe türmen sie sich indes zu einem Eindruck auf: dass da eine Frau ein zentrales Ressort innehat, die nicht immer weiß, was sie tut. Dies und die substanziellen militärischen Probleme schwächen Deutschland nicht zuletzt international.

Zwar hat Olaf Scholz von der Verteidigungsministerin einen machtpolitischen Nutzen. Alles, was in der Bundeswehr schlecht läuft, wird Christine Lambrecht zugeschrieben. Dazu zählt manches, was sie gar nicht ändern kann. Eine Ministerin nur noch als Blitzableiterin zu beschäftigen ist jedoch weder in ihrem Interesse noch in dem des Landes.

Mehr aus Politik

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken