Zeugin im Kapitol-Ausschuss wurde von Trump-Umfeld unter Druck gesetzt
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Die ehemalige Mitarbeiterin des Weißen Hauses Cassidy Hutchinson.
© Quelle: IMAGO/UPI Photo
Washington. Eine ehemalige Mitarbeiterin des Weißen Hauses hat dem Umfeld von Ex-US-Präsident Donald Trump vorgeworfen, sie vor ihrer Aussage vor dem Untersuchungsausschuss zur Kapitol-Attacke unter Druck gesetzt haben. Das Gremium veröffentlichte am Donnerstag (Ortszeit) Mitschriften von Cassidy Hutchinsons Aussagen vor dem Ausschuss. Hutchinson war im Sommer als spektakuläre Überraschungszeugin bei einer öffentlichen Anhörung des Gremiums aufgetreten. Aus den Mitschriften ihrer Aussagen hinter verschlossenen Türen geht nun hervor, dass Trumps Team versucht haben soll, sie zu beeinflussen.
Hutchinson sagte im Sommer unter anderem öffentlich aus, dass Trump sich vorab über mögliche Gewalt am 6. Januar 2021 im Klaren gewesen sei. Sie schilderte außerdem detailreich die Ereignisse an diesem Tag im Weißen Haus. Trump wies die Vorwürfe zurück und beleidigte Hutchinson öffentlich. Ihre Aussage war eine der aufsehenerregendsten Zeugenaussagen während der öffentlichen Anhörungen.
Kapitol-Ausschuss will Trump vor Gericht bringen
Wegen seiner Rolle beim Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 drohen dem früheren US-Präsident Donald Trump strafrechtliche Konsequenzen.
© Quelle: dpa
Der Ausschuss des US-Repräsentantenhauses untersuchte gut anderthalb Jahre lang die Geschehnisse rund um die Kapitol-Attacke. Bei seiner letzten öffentlichen Anhörung am Montag empfahl das Gremium dem Justizministerium, strafrechtliche Schritte gegen Trump und andere Beteiligte einzuleiten.
Forderung nach Loyalität
Hutchinson hat den nun veröffentlichten Mitschriften zufolge dem Gremium im September geschildert, dass Trumps Umfeld ihr Jobs und finanzielle Unterstützung angeboten habe - auch für hohe Anwaltskosten. Gleichzeitig sei sie dazu gedrängt worden, ihre Rolle im Weißen Haus herunterzuspielen und loyal zu bleiben. Ihr eigener Anwalt Stefan Passantino, der unter Trump im Weißen Haus Rechtsbeistand für Ethikfragen war, habe ihr zudem geraten, bei ihren Aussagen vor dem Ausschuss nicht zu mitteilsam zu sein. „Je weniger Sie erinnern können, desto besser“, habe ihr Passantino gesagt.
Hutchinson arbeitete für den damaligen Stabschef des Weißen Hauses, Mark Meadows. „Sie werden mein Leben ruinieren, Mom, wenn ich etwas tue, was sie nicht wollen“, hatte Hutchinson laut Mitschrift eigenen Angaben zufolge ihrer Mutter gesagt.
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Hutchinsons Aussage
Hutchinson berichtete unter anderem von einer Konfrontation zwischen Trump und seinen Personenschützern vom Secret Service am 6. Januar 2021: Nach seiner anstachelnden Ansprache an seine Anhänger bei seiner Kundgebung an der Ellipse hinter dem Weißen Haus sei der damalige Präsident in Rage geraten, weil er zum Regierungssitz zurückgefahren worden sei, und nicht zum Kapitol. In seiner Wut habe er dann versucht, einem seiner Leibwächter das Lenkrad zu entreißen, um offenbar selbst zum Kongresssitz zu fahren, erklärte Hutchinson. Sie habe auch mitbekommen, wie der damalige Präsident die Agenten anwies, die Metalldetektoren am Zugang zur Kundgebung zu entfernen, obwohl einige seiner Anhänger bewaffnet gewesen seien.
Die erste Befragung Hutchinsons
Vor ihrer denkwürdigen Aussage plagte Hutchinson nach eigenen Angaben ein moralischer Zwiespalt. Sie sei hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch gewesen, die Wahrheit zu sagen und loyal gegenüber Trump zu bleiben. Dies habe sich in ihrer ersten Befragung durch Mitglieder des Kapitolsturm-Ausschusses im Februar niedergeschlagen, erklärte sie.
Vor dieser Anhörung habe Passantino sie kontaktiert und ihr gesagt, dass er als ihr Anwalt fungieren werde. Für seine Dienste müsse sie nichts zahlen, habe er ihr versichert. Als sie ihn gefragt habe, von wem das Geld komme, habe er ihr keine Auskunft geben wollen. Später habe sie erfahren, dass Trump-Vertraute die Kosten übernehmen würden.
Bei der Vorbereitung auf ihre erste Befragung durch den Ausschuss habe Passantino ihr empfohlen, „die Antworten, kurz, süß und simpel zu halten - sieben Worte oder weniger“, sagte Hutchinson im September aus. Die Ausschussmitglieder hätten sie dann wiederholt gefragt, ob sie irgendetwas von mutmaßlichen Tumulten in Trumps Limousine am Tag des Kapitolsturms wisse, sagte Hutchinson. Da sei sie nervös geworden und habe dies verneint, obwohl das nicht gestimmt habe. In einer Pause habe sie Passantino angerufen und ihm gebeichtet, dass sie eben gelogen habe. „Die wissen nicht, was Du weißt“, habe der Anwalt erwidert und sie beschwichtigt.
Im Laufe der nächsten Monate habe sie sich entschieden, mit der „Trump-Welt“ zu brechen, erklärte Hutchinson. Sie sei im April zu Alyssa Farah gefahren, einer anderen frühen Mitarbeiterin des Weißen Hauses. Demnach bat sie Farah, dem Kongressausschuss zu übermitteln, dass sie noch mehr zu sagen habe. Im Juni folgte dann Hutchinsons öffentliche Zeugenaussage, die zu den dramatischsten Anhörungen im Rahmen der Aufarbeitung der Geschehnisse am 6. Januar 2021 gehören sollte.
RND/dpa/AP