Wird Boris Becker abgeschoben? Promianwalt schließt nicht aus, „dass das schon zeitnah passiert“
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Der ehemalige Tennisspieler Boris Becker sitzt seit April in einem englischen Gefängnis.
© Quelle: IMAGO/UPI Photo
London. Am 29. April ist Boris Becker (54) am Londoner Southwark Crown Court zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, weil er seinen Insolvenzverwaltern Vermögenswerte in Millionenhöhe verschwiegen hatte. Seitdem ist ein halbes Jahr vergangen. Von seiner Haftstrafe muss der 54‑Jährige die Hälfte, also 15 Monate, absitzen, ehe er den Rest auf Bewährung verbringen darf.
Es ist aber auch möglich, dass Becker bereits früher wieder auf freien Fuß kommt. Da er nur die deutsche und nicht die britische Staatsbürgerschaft besitzt, könnte Becker nach Deutschland abgeschoben werden, wie der deutsche Promianwalt Paul Vogel gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) erklärt.
Anwalt über Boris Becker: „Geht ihm den Umständen entsprechend gut“
Am kommenden Samstag wird Boris Becker genau ein halbes Jahr im Gefängnis sein. Jetzt äußerte sich der Anwalt des verurteilten Tennisstars.
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„Abschiebung zum frühestmöglichen Zeitpunkt“
Das britische Innenministerium teilte nach dem Urteil gegen Becker mit, ohne konkret auf den Fall einzugehen, dass jeder ausländische Staatsbürger, der wegen einer Straftat zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wird, „für eine Abschiebung zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Betracht kommt“. Diese Regelung begründet das britische Innenministerium mit dem „öffentlichen Wohl“. Jeder Häftling koste den Staat Geld und belege Platz in den oft schon überfüllten Gefängnissen.
Wann das genau der Fall sein könnte, ist unklar. „Wir haben in vergangenen Fällen die Erfahrung gemacht, dass das nach rund zwölf Monaten möglich ist“, sagt Vogel. Das sei aber alles andere als festgeschrieben. „Gerade nach dem Brexit und der Mitteilung des Innenministeriums zu einer ‚Abschiebung zum frühestmöglichen Zeitpunkt‘ könnte das theoretisch auch schon früher der Fall sein. Das kann man nicht ausschließen“, führt der Promianwalt aus.
Boris Becker will offenbar abgeschoben werden
Mit entsprechenden Vernetzungen könne auch Druck auf die Justiz ausgeübt werden, um eine vorzeitige Abschiebung zu forcieren. „Da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt, aber da bewegen wir uns im spekulativen Bereich“, betont der Jurist.
Vogel ging bis vor Kurzem davon aus, dass Becker lieber in Großbritannien bleiben würde als in sein Heimatland zurückzukehren. „In Großbritannien ist er ein Star, da ist seine Familie. In Deutschland ist er ein Steuersünder“, beschreibt der Anwalt den Ruf des ehemaligen Tennisspielers. Vogel habe aber neue Informationen erhalten, die nahelegten, dass Becker eine Abschiebung nun eher in Betracht ziehe. „Sollte das so sein, kann man nicht ausschließen, dass das mithilfe diverser anwaltlicher Mittel schon zeitnah passiert“, sagt Vogel dem RND.
Becker könnte sein Leben nach Abschiebung „relativ frei gestalten“
Wenn Becker nach Deutschland abgeschoben würde, wäre er ein freier Mann auf Bewährung. „Es wäre in dieser Konstellation aber wohl nicht so, dass er sich wöchentlich melden oder eine Therapie besuchen müsste. Er könnte sein Leben relativ frei gestalten“, erklärt der Promianwalt.
Ein Nachteil sei dann aber, dass Becker Probleme haben könnte, nach Großbritannien zu reisen. „Üblicherweise gibt es nach einer Abschiebung erst mal eine Sperre für das Land“, sagt Vogel. Ein Besuch der Familie in Großbritannien wäre damit wahrscheinlich vorerst nicht möglich. Auch seinem Job als Tennisexperte bei der BBC könnte er damit nicht vor Ort nachgehen. „Allerdings kann man sich anwaltlich darum bemühen, dass diese Sperre verkürzt, aufgehoben oder mit Ausnahmen versehen wird. Bei der Wimbledon-Berichterstattung könnte die BBC beispielsweise sagen, dass es ein nationales Interesse gibt. Das ist alles möglich. Aber solange eine Sperre gelten würde, wäre Großbritannien für ihn tabu“, erläutert der Jurist.
Ohne Abschiebung zunächst Probleme bei der Ausreise
Falls es nicht zu einer Abschiebung kommen sollte und Boris Becker auf Bewährung aus der Haft entlassen würde, dürfte er Großbritannien zunächst nicht verlassen. „Auf Bewährung heißt, dass die Person beobachtet wird. Da sind Auslandsaufenthalte eher kritisch und in der Regel untersagt. Aber auch hier gibt es wieder Möglichkeiten, Ausnahmen zu erwirken. Ich würde in diesem Fall jedem empfehlen, sich sehr vorsichtig zu bewegen und vorab alles genehmigen zu lassen“, erklärt Vogel.
Becker geht es „den Umständen entsprechend gut“
Laut seinem deutschen Anwalt Christian-Oliver Moser gehe es Becker, der in Huntercombe, einer Haftanstalt mit niedriger Sicherheitsstufe, einsitzt, „weiterhin den Umständen entsprechend gut und er fügt sich konstruktiv in den Gefängnisalltag ein“. Es sei ihm möglich, jederzeit zu telefonieren und mit seiner Außenwelt zu kommunizieren.
Den Onlineangaben des Gefängnisses zufolge leben in Huntercombe rund 480 Männer in Einzel- sowie Gemeinschaftszellen. Wer dort einsitzt, soll auch die Möglichkeit haben, sich weiterzubilden und Sport zu treiben, sogar Mal- und Maurerkurse stehen auf dem Programm. Ob Becker davon Gebrauch macht, ist unklar. „Weitere Details seines Gefängnisaufenthalts unterliegen der geschützten Privatsphäre“, hieß es von seinem Anwalt.
Mit dpa-Material