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Kontroverse um J. K. Rowling

Warum Harry-Potter-Fans kein Quidditch mehr spielen wollen

Auch Muggel spielen Quidditch – am Namen des Sports allerdings soll sich langfristig etwas ändern.

Auch Muggel spielen Quidditch – am Namen des Sports allerdings soll sich langfristig etwas ändern.

Artikel anhören • 8 Minuten

Hannover. Wie soll man umgehen mit J. K. Rowling? Diese Frage stellen sich dieser Tage Harry-Potter-Fans weltweit – Anlass ist die Veröffentlichung des Videospiels „Hogwarts Legacy“. Eigentlich ist das Spiel unter Potterheads (so nennt sich die eingeschworene Fangemeinde) lang ersehnt. Doch die Äußerungen von Autorin J. K. Rowling werfen einen Schatten auf die eigentlich so heile, magische Welt.

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Rowling, einst bekannt für ihre tolerante und progressive Haltung, hatte sich in den vergangenen Jahren immer mehr in ein Thema verbissen. Immer wieder schrieb die Autorin in Tweets und Blogbeiträgen über mögliche Gefahren, die von trans Personen und insbesondere trans Frauen ausgehen könnten. Mal spottete sie über Worte wie „menstruierende Menschen“, mal schrieb sie Bücher, in denen ein Mann in Kleidern der Serienmörder ist.

In der Fanszene sorgt all das nicht nur für Enttäuschung – sondern auch für Diskussionen, wie mit all dem umzugehen ist. Zum Spiel „Hogwarts Legacy“ sind bereits laute Boykottaufrufe zu hören. Und einige Fangruppierungen denken längst darüber nach, sich gänzlich vom Harry-Potter-Universum zu lösen.

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„Unser Verein ist für alle da“

So etwa der Deutsche Quidditchbund. Das Ballspiel auf Besen, das aus den Harry-Potter-Filmen und ‑Büchern bekannt ist, hatte schon 2012 mit ersten Vereinen die Muggelwelt erreicht. Im ganzen Land setzten sich fortan Fans des Potter-Universums auf Besen und spielten den Sport nach. Der Deutsche Quidditchbund als Dachverband wurde 2015 gegründet und hat seinen Sitz in Frankfurt am Main.

Mit der Bezeichnung des Sports als Quidditch allerdings könnte es bald vorbei sein. „Unsere Sportart und unser Verein stehen für Diversität“, sagt Pressesprecher Kevin Kauper gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Jeder kann hier mitspielen, egal ob männlich, weiblich oder divers. Das ist in unseren Regeln fest verankert.“ Die Aussagen der Harry-Potter-Schöpferin J. K. Rowling stünden da in deutlichem Widerspruch.

Unter Mitgliedern würden diese immer wieder diskutiert, sagt Kauper. Bei einer der letzten Mitgliederversammlungen sei das Thema dann auch intensiver zur Sprache gekommen. Auch der Ruf nach einer Umbenennung der Ballsportart sei immer lauter geworden. „Wir haben das Thema immer ein wenig vor uns hergeschoben“, gibt Kauper zu. Inzwischen gebe es aber ernsthafte Bestrebungen, sich langfristig „von dem Harry-Potter-Thema zu lösen“.

In luftiger Höhe: Der Zauberlehrling Harry Potter bei einem Quidditchspiel im Film „Die Kammer des Schreckens“.

In luftiger Höhe: Der Zauberlehrling Harry Potter bei einem Quidditchspiel im Film „Die Kammer des Schreckens“.

Aus Quidditch wird Quadball

Offiziell sei das alles noch nicht – bislang hält sich der Verband mit Statements zur Rowling-Kontroverse zurück. Aktuell erarbeite man aber Möglichkeiten. Der aus Harry Potter bekannte Quidditchsport könnte dann Quadball heißen, wie Kauper sagt.

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Diese Änderung hatte im vergangenen Sommer bereits der Internationale Quidditchbund vollzogen. In einer Mitteilung argumentierte die Organisation seinerzeit ebenfalls mit den Äußerungen von J. K. Rowling. Allerdings spielen auch rechtliche Fragen eine Rolle. Der Begriff „Quidditch“ gehört dem Unternehmen Warner Bros, eine Kommerzialisierung der Sportart ist damit nur schwer möglich.

Innerhalb des Deutschen Quidditchbunds werde das Thema durchaus kontrovers diskutiert, sagt Kauper. „Nicht alle Mitglieder sind große Harry-Potter-Fans – viele sind nur wegen des Sports Mitglied“, sagt der Sprecher. An vielen würde die Kontroverse um Rowling daher auch einfach vorbeigehen. Auf der anderen Seite habe der Verein aber auch viele LGBTQ+-Mitglieder, die darauf drängten, offiziell Position zu beziehen.

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Debatten in der Gamer-Szene

Was sich beim Quidditchbund im Kleinen abspielt, ist derzeit bei Potter-Fans weltweit zu beobachten – und der Umgang mit der Kontroverse J. K. Rowling ist dabei äußerst unterschiedlich.

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Beliebte Harry-Potter-Fanseiten etwa haben inzwischen aufgehört, Neuigkeiten und Updates über die Autorin zu veröffentlichen. Große Streamer haben angekündigt, Geld an Trans-Organisationen und ‑Vereine zu spenden, sollten sie das neue Spiel „Hogwarts Legacy“ auf ihren Kanälen spielen.

Andere wiederum wehren sich sogar gegen das: Innerhalb der deutschen Youtube- und Twitch-Community hatte es in den vergangenen Wochen eine größere Diskussion darüber gegeben, ob man das Spiel überhaupt bewerben sollte. Youtube-Urgestein Gronkh hatte in einem Video erklärt, dass ihm Rowling „egal“ sei und erfuhr daraufhin aus der Community Gegenwind.

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Hass-Nachrichten nach Rowling-Tweet

Die trans Youtuberin und Journalistin Jessie Earl aus den USA erklärte schon im Dezember auf Twitter: „Ich möchte niemandem seine Liebe zu früheren Werken oder Dingen, die er bereits besitzt, verwehren, mit denen er sich trösten lässt. Ich besitze die ersten neun Filme und alle sieben Bücher selbst. Aber jede Unterstützung von so etwas wie ‚Hogwarts Legacy‘ ist schädlich.“

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Der Tweet fand so viel Beachtung, dass sogar J. K. Rowling selbst auf ihn reagierte und Earls Post gegenüber ihren 14 Millionen Followern mit einer Bücherverbrennung gleichsetzte. Daraufhin, so Earl, seien Tausende hasserfüllte und transphobe Nachrichten auf sie eingeprasselt.

Fandoms grenzen sich ab

Schon nach den ersten Aussagen der Potter-Autorin vor einigen Jahren hatten sich immer wieder Fanclubs und Harry-Potter-Gruppierungen zu Wort gemeldet. Die Betreiber des Fanpodcasts „MuggleCast“ erklärten seinerzeit gegenüber dem Gaming-Magazin „IGN“, sie wollten das Harry-Potter-Fandom weiter genießen und gleichzeitig Rowling so weit wie möglich davon fernhalten.

„Wir haben dieses Fandom geschaffen. J. K. Rowling hat dieses Fandom nicht erschaffen“, so Moderator Andrew Sims damals. „Sie hat die Bücher geschrieben, wir haben uns alle online getroffen, um darüber zu reden, und so ist das Fandom entstanden. (…) Wir haben diese Websites erstellt, wir haben diese Podcasts erstellt, die Kunst, diese Waren, die Sie an Orten wie Etsy finden können. Wir brauchen sie nicht.“

Andere, etwa die Macher des „The Gayly Prophet Podcast“ erklärten, sie wollten ihre Liebe zur Harry-Potter-Welt aufrechterhalten – künftig aber keinen Cent mehr dafür ausgeben, damit davon nichts in der Tasche der Potter-Autorin landet. Themenparks wie die Wizarding World of Harry Potter oder neue Theater- und Kinoproduktionen würden künftig boykottiert.

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Der Spaß an der Zauberwelt bleibt

Auch Kevin Kauper vom deutschen Quidditchbund ist Harry-Potter-Fan – die Bücher und Filme hat der heute 27-Jährige in seiner Kindheit geradezu verschlungen. „Ich versuche, Rowlings Werk von ihren Aussagen zu trennen“, sagt Kauper dem RND. „Ich finde absolut nicht in Ordnung, was sie sagt. Sie ist eine bekannte Persönlichkeit mit großer Verantwortung. Das allerdings nimmt mir nicht den Spaß, einen Harry-Potter-Film zu schauen oder ein Buch zu lesen.“

Bei seinem Verband allerdings gingen nun die Vorbereitungen für die Umbenennung voran. Das sei eine „komplexe Sache“, erklärt Kauper. Auch die insgesamt mehr als 40 Mitgliedsvereine haben zum Teil Namen, die mit Harry Potter direkt in Verbindung stehen. Die Internationale Quidditchverband werde diesbezüglich Vorgaben machen, die der deutsche Verband dann umsetzen wolle.

J. K. Rowling widmet sich derweil weiterhin ihrem Lieblingsthema. Die letzten Tweets auf dem Twitter-Account der Autorin befassen sich allesamt mit einem Fall in Schottland. Hier war darüber diskutiert worden, ob eine trans Sexualstraftäterin möglicherweise in ein Frauengefängnis einziehen könnte. Das tat sie am Ende nicht – seither hat auch Rowling nichts mehr gepostet.

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