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Cornelia Poletto über Mitarbeiter: „Impfung ist Grundvoraussetzung“

Köchin Cornelia Poletto.

Köchin Cornelia Poletto.

Frau Poletto, aktuell blickt die Gastronomiebranche wieder größeren Einschränkungen entgegen: 2G plus soll bundesweit kommen. Lassen Sie uns aber erst mal zurückblicken: Wie lief es in den vergangenen Wochen bei Ihnen?

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Ich habe gerade eben mein negatives PCR-Testergebnis bekommen und bin somit aus der Quarantäne. Uns hatte es dann kurz vor Weihnachten leider auch erwischt: Meine Tochter ist mit einem negativen Schnelltest von einer Reise aus den USA wiedergekommen und wir hatten dann mit wenigen Freunden einen netten Abend gemacht. Einen Tag später kam das PCR-Ergebnis aus den USA – meine Tochter war infiziert. Und zwei Tage später wussten wir dann: Von acht Personen an dem Abend haben sich sieben, darunter auch ich, angesteckt. Die Symptome waren zum Glück mild, aber das hat mir noch mal bewusst gemacht, wie schnell es uns alle treffen kann.

Welche Auswirkungen hatte das auf Ihr Restaurant?

Leider haben sich auch drei Mitarbeiter meines Restaurants infiziert. Ich musste dann kurz vor Silvester die Reißleine ziehen und den Laden dicht machen. Das war besonders bitter, weil wir für Silvester komplett ausgebucht waren, natürlich auch schon alles vorbereitet und eingekauft hatten. Die Reaktionen der Gäste waren sehr unterschiedlich. Auf der einen Seite war großes Verständnis, aber es gab natürlich auch welche, die sich darüber sehr geärgert haben. Für uns ging da aber Sicherheit und Gesundheit vor.

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Wann öffnen Sie Ihr Restaurant wieder?

Am 17. Januar. Eine zweiwöchige Pause hatten wir für den Januar aber eh geplant. Meine Mitarbeiter und ich haben in den letzten Monaten so viel gearbeitet, dass wir das schon vor den Corona-Fällen beschlossen hatten, damit alle mal wieder durchatmen und Kraft für das neue Jahr tanken können.

Nun soll 2G plus kommen. Was halten Sie davon?

2G plus ist für die Gastronomie eine Katastrophe. Ich finde es richtig, dass wir testen, testen, testen. Aber Geboosterte davon auszunehmen reicht meiner Meinung nach nicht aus. Man sieht es ja an den Infektionen bei uns im Laden: Alle Kollegen waren geboostert. Die Gäste machen sich Sorgen, genau wie meine Mitarbeiter. Wir tragen zwar eine medizinische Maske, aber die Gäste müssen am Platz ja keine tragen – also bleibt da einfach schon ein gewisses Risiko. Ich bin gerade sehr froh, dass wir noch etwas Zeit haben, uns zu überlegen, wie wir mit Omikron umgehen.

Und abgesehen vom medizinischen Aspekt – ist 2G plus auch eine Hemmschwelle für Gäste?

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Klar, das merke ich ja an mir selbst. Wenn ich spontan ’ne Pizza essen gehen will und ich muss vorher erst ins Testzentrum, dann denk ich mir auch: Das geht ja schneller, wenn ich die eben zu Hause mache.

Wie sehen denn mögliche Konzepte für 2022 aus?

Ich werde die nächste Zeit nutzen, um mich noch mehr zu informieren. Wir wollen Abläufe und Sicherheit optimieren. Denn vieles in der Gastronomie ist gerade noch nicht durchdacht: Warum dürfen nur zehn Leute an einem Tisch sitzen, dafür dürfen wir aber voll bestuhlen und müssen keine Abstände mehr einhalten? Wäre es sinnvoll, wieder auf mehr Abstand zu gehen, dafür aber in zwei Schichten Tische anzubieten? All diese Fragen müssen wir uns jetzt stellen – und beantworten. Und ganz ehrlich: Ich finde es viel schwieriger als im letzten Jahr.

Ihr Kollege Christian Rach sagte kürzlich, er wäre dann eher für einen Gastrolockdown, dann würden die Betriebe zumindest Unterstützung bekommen.

Sicherlich wäre so ein kurzer, harter Lockdown sinnvoller. Im Moment sind wir auf uns allein gestellt und jeder Gastronom merkt, wie die Reservierungen zurückgehen. Auch an den Feiertagen sind plötzlich größere Reservierungen kurzfristig abgesagt worden, mit denen wir geplant hatten. Da kann man dann als Gastgeber noch nicht mal was sagen, wenn Menschen einfach Angst haben, sich zu infizieren.

Vermutlich haben Sie aufgrund Ihres Bekanntheitsgrades zumindest noch den Vorteil, dass die Menschen vielleicht seltener Ihren Tisch absagen als bei dem Italiener um die Ecke, wo sie jederzeit wieder hingehen können.

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Wir TV-Köche sind da auf jeden Fall in einer privilegierten Situation. Das sehen wir ja auch daran, dass bei uns Menschen immer noch wochenlang im Voraus reservieren. Oft kommen sie auch von außerhalb, verbinden das mit einem schönen Hamburg-Wochenende. Da ist die Hemmschwelle vielleicht auch größer, das gesamte Paket abzusagen.

Die Gastrobranche klagt derzeit über Personalmangel. Merken Sie das auch?

Die Personallage in unserer Branche ist eine Katastrophe. Ich habe großes Glück, dass ich einen tollen Mitarbeiterstamm habe. Meine längste Mitarbeiterin ist seit 20 Jahren bei mir. Aber es ist wirklich schwierig, gute Leute aktuell zu finden. Trotzdem haben da Köche wie Steffen Henssler, Tim Mälzer oder ich den Vorteil: Die Leute kommen zu uns, weil sie gerne bei uns arbeiten möchten. Die wollen sehen, warum unsere Läden so erfolgreich sind und wie es ist, mit uns als Personen zu arbeiten. Das heißt aber nicht, dass ich nicht auch merke, wie traurig manche Mitarbeiter die ganze Lage macht – und dass es Ihnen auf die Psyche schlägt.

Wie wirkt sich das aus?

In einem Fall ist die ganze Situation einem Mitarbeiter sehr auf die Psyche geschlagen. Aber man merkt es auch im ganzen Team: Stimmungsschwankungen gibt es seit Corona viel häufiger als vorher. Das ist sicherlich in anderen Betrieben nicht anders.

Wie ist das überhaupt, haben Sie immer Back-up-Köche oder Servicemitarbeiter, wenn plötzlich Teile des Teams in Quarantäne müssen?

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Im vergangenen Jahr haben wir in Teams gearbeitet, damit wir nicht das Risiko eingehen, dass plötzlich alle auf einmal ausfallen. Ich habe das Glück, dass ich sowohl Mitarbeiter im Restaurant als auch in der Kochschule habe – daher können wir uns mit zwei Standorten auch gegenseitig aushelfen. Damit konnten wir auch die Impfdurchbrüche kompensieren, die wir zwischendurch hatten.

Ist eine Corona-Impfung bei Ihren Mitarbeitern Voraussetzung?

Ja. Das war natürlich ein riesiges Thema bei uns. Ich hatte zum Glück nur einen Kollegen, der sich nicht impfen lassen wollte – aus Glaubensgründen. Der hat sich dann aber bei einem der Impfdurchbrüche infiziert und ist somit nun auch erst mal genesen. Impfung ist für uns schon eine Grundvoraussetzung, ich kann das anders nicht gegenüber meinen Mitarbeitern verantworten und auch nicht gegenüber meinen Gästen.

Mitten in diesem verrückten Jahr 2021 haben sie sich auch noch das Handgelenk gebrochen – eine Horrorvorstellung für eine Köchin.

Ja, es passte aber einfach in dieses eh so verrückte, schwierige Jahr (lacht). Meine Tochter hatte letztes Jahr Abi gemacht und wir sind dann zusammen verreist. Ich war keine zwei Stunden da, bin am Pool ausgerutscht und hab mir dann das Handgelenk gebrochen. Damit hatte ich dann erst mal sechs Wochen zu tun. Für mich war das das intensivste Arbeitsjahr, das ich bislang erlebt habe. Ich habe noch nie in meinem Leben so viel überlegt, neu entwickelt, umgestellt, gearbeitet. Gefühlt habe ich mich sieben Tage die Woche und 24 Stunden am Tag mit Arbeit beschäftigt.

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Werden Sie also in diesem Jahr mal eine größere Pause einplanen?

So was kann man in Corona-Zeiten nicht planen. Ich wollte mir eigentlich jetzt im Januar eine Auszeit gönnen, es sollte zum Fasten nach Österreich gehen. Leider war ich ja jetzt in Quarantäne, damit hatte sich das dann auch erledigt.

Tim Mälzer und Steffen Henssler erzählten mir mal, dass sie sich gegenseitig in der Corona-Krise beraten. Wie ist das bei Ihnen, mit wem tauschen Sie sich aus?

Wir sind ja nur eine kleine Community in der Kochbranche, wir tauschen uns schon viel aus. Ich hab auch erst diese Woche mit Tim Mälzer über die Situation gesprochen, davor hab ich mit Nelson Müller telefoniert. Der Kontakt ist da und hilft sehr. Wir brauchen das, um uns gegenseitig zu stärken. Und wenn jemand neue Ideen oder irgendwas gehört hat, dann teilen wir das miteinander.

Müssen Gäste in Ihrem Restaurant eigentlich damit rechnen, dass die Preise erhöht werden, weil Sie die Verluste kompensieren müssen?

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Wir können die Verluste eh nicht mehr rein holen. Klar müssen wir auch ein bisschen die Preise erhöhen, das haben wir auch bereits. Aber das hat natürlich eine gewisse Grenze, wir wollen ja, dass die Kunden weiter kommen.

Und wie ist das mit Gehältern? Wenn der Mitarbeitermangel so groß ist, könnte man denken, dass man die guten Kräfte auch mit mehr Geld halten muss.

Ich hab dieses Jahr mit all meinen Mitarbeitern darüber gesprochen. Ich hab das erste Mal volle Gehälter Weihnachtsgeld bezahlt. Ich habe allerdings gemerkt, dass den Kollegen die Wertschätzung und die Möglichkeit, sich miteinander über Probleme auszutauschen, viel wichtiger war als der finanzielle Aspekt.

Mussten Sie eigentlich für Ihr Restaurant auch Hilfe in Anspruch nehmen?

Natürlich. Viele denken ja: die Fernsehköche bekommen das schon so hin. Klar haben wir noch eine zusätzliche Einnahmequelle, aber das Restaurant führen wir genau so wie jeder andere Kollege oder Kollegin, die nicht im TV sind. Unendliche Reserven haben auch wir nicht.

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