Schöneberger über Shows in Kriegszeiten: „Muss nicht immer mit betretenem Gesicht beginnen“
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/NN35J7BPYZCIJAEWRHUEDLOOU4.jpeg)
Moderatorin Barbara Schöneberger.
© Quelle: Daniel Reinhardt/dpa
Frau Schöneberger, am 2. April moderieren Sie zum ersten Mal „Verstehen Sie Spaß?“. Sie sprachen davon, dass dies ein „Kindheitstraum“ sei. Mit wie viel Druck ist die erste Sendung verbunden?
Schöneberger: Druck ist gar nicht so sehr das Thema in meinem Leben. Ich könnte mir bei allen meinen Shows immer Druck machen, schließlich geht es irgendwie ja immer um die Wurst. Jeder meiner Arbeitstage ist gleich wichtig. Ich habe ja nie so einen Arbeitstag, an dem ich am Computer sitze und Kaffee trinke und irgendwas im Internet lese. Sondern von mir wird immer erwartet, dass ich abliefere. Daher versuche ich, es vor allem für mich gut zu machen. Ich weiß ganz genau nach jeder Show oder jeder Sendung, ob es gut war oder nicht.
Wie wichtig ist nach so vielen Jahren im Showbusiness noch die Quote?
Schöneberger: Da gucke ich gar nicht so drauf. Natürlich ist das nicht unwichtig – aber es gibt viele gute Sendungen, die eine schlechte Quote haben und viele schlechte Sendungen, die eine gute haben. Das ist für mich nicht so aussagekräftig, ich höre da eher auf mein Gefühl.
Der SWR hatte auch angekündigt, dass es mit Ihnen Veränderungen geben wird. Wie sehen die aus?
Schöneberger: Eigentlich braucht man die Sendung gar nicht groß verändern, sie funktioniert ja gut. Die größte Veränderung ist wohl, dass ich sie nun als Frau moderiere. Ich bin nicht der Typ, der sich da vorher überlegt: Wofür stehe ich? Wie will ich rüberkommen? Ganz ehrlich: Ich steige erst am Probentag zu 100 Prozent in die Materie ein. Ich werde da – und natürlich am Showtag – rausgehen, mein Bestes geben und es so machen, wie ich denke.
Bei der Verkündung der neuen Moderation wurde auch betont, dass die Show nun von einer Frau moderiert wird. Macht das denn überhaupt einen Unterschied?
Schöneberger: Ich finde schon. Ich glaube, als Frau bringt man schon eine andere Note rein, ich werde da auf jeden Fall eine Art „mütterliche Wärme“ mitbringen. Der Wohlfühlaspekt ist nicht zu unterschätzen in so einer Show.
Wie viel Mitspracherecht haben Sie in der Show?
Schöneberger: Ich hätte in all meinen Shows Mitspracherecht, wenn ich wollte. Aber ich mache davon sehr selten Gebrauch, weil ich irrsinnig froh bin, wenn ich mich um ganz viele Sachen nicht kümmern muss. Mein Erfolgsrezept ist das Motto „Let it go“ – und misch dich nicht überall ein. Ich lasse die Leute ihren Job machen und ich mache dann meinen.
Sie sind auch als Lockvogel für die Sendung unterwegs. Wie sehr muss man Sie denn entstellen, dass Sie nicht erkannt werden?
Schöneberger: Meine Managerin hat direkt gesagt: „Wir buchen dir einfach keinen Visagisten“. Kein Witz, das haben wir wirklich genau so gemacht. Ich sollte zum Beispiel eine Reinigungskraft spielen und bin dann tatsächlich ungeschminkt und mit Brille nicht erkannt worden. Selbst als ich dann gerufen habe: „Herzlich willkommen bei ‚Verstehen Sie Spaß?‘, ich bin Barbara Schöneberger“, sagte der Mann, den wir reingelegt haben: „Ja klar …“. Das „Lockvogelspielen“ ist schon ein großer Spaß, das mache ich nicht zuletzt auch für mich selbst.
In der ersten Staffel von „LOL“ hat man gesehen, wie schwer es Ihnen fällt, nicht zu lachen. Wie beherrschen Sie sich, wenn Sie jemanden reinlegen müssen?
Schöneberger: Ich bin noch nicht in die Situation gekommen, dass ich unbedingt hätte lachen müssen. Aber klar ist: Was raus muss, muss raus. Man weiß das doch auch noch aus seiner Kindheit: Die Momente, wenn man zum Beispiel in der Schule nicht lachen durfte, es aber dann trotzdem getan hat, das waren immer die lustigsten. Wenn man so eine Rolle spielt, ist das auch vielleicht noch mal einfacher, sich zu beherrschen – aber bei „LOL“ war das nahezu unmöglich. Da hab ich eigentlich schon nach drei Minuten gelacht. Das hat man – glaube ich – nur freundlicherweise rausgeschnitten, damit ich nicht sofort raus bin.
Ihr Vorgänger Guido Cantz fiel mit seiner Frisur auf, Cherno Jobatey glänzte immer mit auffälligen Schuhen – was wird Ihr optisches Markenzeichen in der Show?
Schöneberger: Also da habe ich natürlich nochmal ganz andere Möglichkeiten als die genannten Herren. Meine Kleidung wird sicherlich für Diskussionen sorgen. Das finde ich aber mittlerweile auch voll okay, weil ich verstanden habe, dass ich es nicht allen recht machen kann. Wenn ich finde, dass eine türkise Paillette genau das Richtige ist, gibt es genauso viele Leute, die das doof finden. Aber es ist eine Samstagabendshow und da gehört es für mich dazu, dass ich da rausgehe und es glitzert und es ist richtig Bambule. Für die neue Bescheidenheit und Ernsthaftigkeit bin ich nun auch nicht gebucht.
Haben es lustige Frauen eigentlich schwerer im TV-Geschäft als Männer?
Schöneberger: Ich stecke in der Thematik nicht so drin, ich bin ja keine Comedienne. Ich glaube aber, dass über viele Jahre diese Denke vorgeherrscht hat à la: Eine Frau in der lustigen Runde reicht, genau so wie ein Schwuler vielleicht in der gleichen Runde „genug“ ist. Der Rest wurde mit heterosexuellen Männern besetzt. Am Ende ist Humor aber ja keine Frage des Geschlechts. Oder der sexuellen Orientierung oder ob man im Rollstuhl sitzt oder nicht. Und wenn überall nur Männer sitzen, hat man natürlich oft den Eindruck, dass es mehr lustige Männer gibt. Aber ich glaube, in der Hinsicht sind jetzt die Ampeln auf Grün geschaltet: Künftig wird man sich darüber keine Gedanken mehr machen müssen, wir Frauen holen da massiv auf.
Zu Beginn der Pandemie hat „Verstehen Sie Spaß?“ eine Rekordquote geholt. Corona ist immer noch ein Thema, aber die Menschen plagen auch Kriegssorgen. Ist Humor in diesen Zeiten wichtiger denn je?
Schöneberger: Humor ist immer gleich wichtig. Aber wenn man Menschen spricht, die schon ähnlich Schlimmes erlebt haben, wie zum Beispiel im Zweiten Weltkrieg, oft heißt es dann: „Musik und Humor hat uns geholfen“ – und davon bin ich auch überzeugt. Ich finde auch, dass wir jetzt nicht vor jeder Sendung sagen müssen, wie schlimm alles „da draußen“ ist; und jede Show mit einem betretenen Blick beginnen. Die Zuschauer wissen das ja selbst. In der Unterhaltung sollten wir uns die Zeit nehmen, eine Unterhaltungsshow ohne Einschränkungen zu machen. Ich nehme das auch keinem Zuschauer übel, wenn er sagt: Mir ist heute angesichts der Lage nicht nach Spaß zumute, ich schalte weg. Wir machen das ja auch für diejenigen, die sich bewusst mal kurz von den Nachrichten lösen und eine gute Zeit haben wollen.
Nun machen Sie künftig zwei Samstagabendshows: „Denn Sie wissen nicht, was passiert“ und „Verstehen Sie Spaß“. Wird darauf geachtet, dass Sie sich da keine Konkurrenz machen?
Schöneberger: Wenn ich keine Managerin hätte, würde ich vermutlich permanent im TV irgendwo gegeneinander laufen, weil ich meine Ausstrahlungspläne überhaupt nicht auf dem Schirm habe. Also ja, da wird schon genau drauf geachtet. Das wäre ja absurd. Ich arbeite zum Beispiel auch noch im ORF und auch da wird aufgepasst, dass das nicht zeitgleich zur Talkshow im NDR läuft.
Haben Sie eigentlich bereits eine Liste an Promis, die Sie auf jeden Fall demnächst reinlegen wollen?
Schöneberger: Klar, die ganz Großen möchte ich alle haben. Von Günther Jauch, Thomas Gottschalk über Iris Berben bis hin zu Mark Forster oder Lena Gercke. Die, die wirklich jeder kennt.
In seinem Abschiedsinterview mit dem RND sagte Guido Cantz, er würde Ihnen gerne noch Jörg Pilawa übergeben, der stand noch auf seiner Liste.
Schöneberger: Oh ja, den würde ich auch sehr gerne reinlegen. Jörg Pilawa ist einer meiner tollsten Kollegen, der nicht nur ein sehr, sehr guter Moderator ist, sondern der auch noch sehr, sehr gut aussieht. Das hab ich ihm auch schon sehr häufig gesagt.
Einen Tag vor Ihrer ersten Sendung ist der 1. April. Wie sehr zelebrieren Sie diesen Tag? Legen Sie da auch gerne Freunde rein?
Schöneberger: Oft hab ich das gar nicht auf dem Schirm. Aber vor Jahren gab es mal einen echt guten Scherz in unserer Familie. Da hat jemand meine Schwiegereltern reingelegt, indem er ein Foto von mir ausgeschnitten und auf ein Yellow-Press-Magazin geklebt hat mit den Worten: „Barbara Schöneberger: Das große Interview über Schwiegereltern, Kindern und Co.“ – also all das, was in unserer Familie ein absolutes No-Go ist. Das sah wirklich sehr professionell aus und wurde ganz beiläufig bei meinen Schwiegereltern auf den Flügel gelegt und die sind hinten rüber gefallen, das war großartig.
Kann man Sie denn auch gut reinlegen?
Schöneberger: Oh ja. Ich bin wahnsinnig gutgläubig, naiv und denke immer: Mir will doch keiner was. Ich hab auch erst gedacht, wenn ich die Show nun selbst moderiere, legt mich keiner mehr rein – aber da mache ich mir wohl selbst was vor. Ich frage mich allerdings, ob man mich künftig immer mit der versteckten Kamera assoziiert, wenn ich irgendwo reinkomme. Das wäre auch irgendwie total schade, wenn die Leute dann schlagartig unentspannt sind.
Ist der gute alte Witz, den man sich so unter Freunden erzählt, eigentlich tot?
Schöneberger: Überhaupt nicht. Aber ich erzähle immer gerne Witze. Oder besser gesagt: einen Witz, ich kenne nämlich nur einen. Aber der ist immer ein großer Erfolg.
Welcher ist es?
Schöneberger: Kommt ein Mann mit einer Ziege unterm Arm ins Schlafzimmer, wo seine Frau liegt und sagt: „schau, dass ist die Sau, die ich bumse, wenn du zu müde bist.“ Sagt die Frau: „Das ist aber keine Sau, das ist eine Ziege“. Da sagt er: „Wer redet denn mit dir?“. Der ist so super, der wird über Jahre noch Bestand haben, egal welche politisch korrekten Strömungen es noch geben wird.
Aktuell moderieren Sie eine Talkshow, Unterhaltungssendungen, Musikshows – machen Sie sich Gedanken, ob die Zuschauer irgendwann mal einen Overkill bekommen könnten?
Schöneberger: Schon, aber da kann ich keine Rücksicht drauf nehmen. Ich möchte auch fünf Tage die Woche arbeiten wie andere Leute. Es wirkt vielleicht so, als würde ich alles zusagen, was mir angeboten wird – aber ich sage in Wahrheit 90 Prozent aller Anfragen ab. Es ist nun mal jetzt auch die Zeit in meinem Leben, in der man das alles machen kann und muss. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich in zehn bis 15 Jahren nicht mehr so viel gefragt werde und ich wäre ja bescheuert, wenn ich das jetzt nicht alles mitnehme. Und wenn der Overkill kommt, kann ich ja immer noch aufhören.
Warum sollte man Sie in zehn bis 15 Jahren nicht mehr fragen wollen?
Schöneberger: Das Alter spielt schon immer noch eine Rolle im Fernsehen. Bei manchen Sachen wird einfach noch eine jugendliche Sexiness erwartet, gerade bei uns Frauen. Und man will ja dann auch nicht, dass getuschelt wird: „Jetzt ist die schon weit über 50 und macht das immer noch“. Ich merke es jetzt ja manchmal an der Reaktion der Zuschauer. Kürzlich sagte jemand zu mir: „Frau Schöneberger, sie waren früher wirklich eine schöne Frau“. Alt werden im Showgeschäft ist schon hart.