So schön, so austauschbar: die Absurdität von Reisefotos auf Instagram

Ein Mann fotografiert eine Frau in Cappadocia – beim Sonnenaufgang. Für viele Menschen gehört das Posten von Fotos auf Instagram beim Reisen heutzutage dazu.

Ein Mann fotografiert eine Frau in Cappadocia – beim Sonnenaufgang. Für viele Menschen gehört das Posten von Fotos auf Instagram beim Reisen heutzutage dazu.

Sie steht auf dem Ätna-Vulkan auf Sizilien und macht den Sonnengruß, trägt ein bauchfreies Sport-Top – um 7 Uhr morgens, bei zwei Grad Celsius. Ihr Freund fotografiert, zeigt ihr die Aufnahme. Sie ist unzufrieden und macht eine andere Yogapose. Foto, kritischer Blick, nun scheint sie zufrieden. Zumindest schlüpft die Frau in einen dicken Wollpulli, Handschuhe und Winterjacke.

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Szenenwechsel. Die Burg Eltz in der Eifel. Eine junge Frau im Prinzessinnenkleid posiert vor dem Eingangstor – schaut verträumt in den Himmel, hüpft ein paar Mal in die Höhe. Dabei wird sie von einer Freundin fotografiert. Von einer Seniorengruppe, die vorbeiläuft, ernten die beiden amüsierte bis ungläubige Blicke.

Anstehen für das perfekte Urlaubsfoto

Szenenwechsel. Ein Mann steht auf einem Gipfel und schaut sehnsüchtig in die Ferne, wo schneebedeckte Gipfel am Fuße eines glasklaren Sees in den Himmel ragen. Das Foto strahlt Ruhe aus, Abenteuerlust. Was nicht zu sehen ist: Die Schlange von Dutzenden Menschen, die hinter dem Fotografen anstehen. Sie wollen auch alle ein Bild von sich und der fantastischen Aussicht vom Roys Peak in Neuseeland.

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Vor zehn Jahren hätte es solche skurrilen Begebenheiten noch nicht gegeben, heute sind sie selbst an den entlegensten Orten der Welt an der Tagesordnung. Was ist passiert? Instagram ist passiert. Am 6. Oktober 2010 tauchte die App zum ersten Mal in den Stores auf, drei Monate später hatte sie bereits eine Million Nutzer. Heute mischen eine Milliarde Menschen weltweit mit, die etwa 95 Millionen Beiträge pro Tag posten. Ein großer Teil ist mit Hashtags wie #instatravel, #travelgram oder #whataview markiert.

Schöne Reisefotos auf Instagram inspirieren und wecken die Reiselust – auch für Länder und Regionen, denen wir zuvor wenig oder keine Aufmerksamkeit geschenkt haben. Kaum ein junger Mensch blättert heute noch in Hochglanzreisekatalogen und bucht einen Pauschalurlaub in dem von der Reisebüroangestellten ganz besonders angepriesenen Hotel an der türkischen Riviera. Stattdessen recherchieren sie im Netz – dort finden sie nicht nur Reisereportagen und Infos, sondern auch Fotos und Videos auf Instagram.

Instagram statt Reisekatalog: Die neue Art, Urlaub zu planen

Viele Menschen nutzen die Plattform heute zur Urlaubsplanung: Fast ein Drittel der Deutschen (31 Prozent) hat bei seinen Reiseplänen schon einmal geprüft, ob das Reiseziel auch passende Kulissen für Instagram und Co. zu bieten hat, das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Online-Reiseportals Opodo.

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Diese Entwicklung brachte auch für die Reisebranche einen Wandel: Viele Tourismusorganisationen stützen sich heute beim Promoten ihrer Destination auch auf Instagram und schicken Influencer auf gesponserte Reisen. Im Gegenzug sorgen sie mit ihren Posts und Stories für Reichweite und damit für Werbung.

Instagram-Reisefotos: Motive, die jeder kennt

Urlaub wird auf Instagram – ebenso wie der Restaurantbesuch, Partys oder Sport – zur Kulisse für die Selbstdarstellung. Und immer wieder sorgen Influencer dafür, dass Orte von vermeintlichen Geheimtipps zu regelrechten Hotspots werden. Die Folge: Menschen stehen Schlange für ein Bild, das vor ihnen bereits Tausende andere auf Instagram gepostet haben.

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Der Account „Insta Repeat” greift besonders beliebte Motive auf, bastelt Collagen daraus – und zeigt damit zur allgemeinen Belustigung die teils absurden Auswüchse des Fototourismus auf. Da ist der romantische Seeblick von einem Steg aus, der Blick aus dem Zelt in die Wildnis (wahlweise auch aus der Hintertür des Vans aufs Meer).

Da sind Abertausende Male wehende Frauenhaare vor atemberaubender Bergkulisse oder baumelnde Füße am Abgrund des berühmten Felsvorsprungs am Horseshoe Bend. Ein abgelegenes einsames rotes Haus mitten in der Bergidylle Alaskas wurde ebenfalls schon von etlichen Reisenden gefunden und fotografiert.

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Und das Foto einer Urlauberin – am liebsten im karierten Holzfällerhemd – im Kanu mit Blick auf einen klaren blauen See kennt inzwischen auch jeder Instagram-Nutzer, der im Reisebereich unterwegs ist. Das Motiv soll ausdrücken: Ich erlebe gerade ein individuelles Outdoor-Abenteuer! Doch die Collage von Dutzenden dieser durchchoreografierten „Schnappschüsse“ zeigt: Der Moment ist austauschbar, genau so wie das Foto.

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Und warum sitzen eigentlich seit dem Instagram-Hype so viele Reisende im Schneidersitz mitten auf einer Straße?

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Ein Reiseleben für die Likes auf Instagram

Alle Motive existieren in minimal abgewandelter Form unzählige Male auf Instagram. Willkommen im „pics or it didn’t happen”-Zeitalter. Vor allem junge Deutsche verreisen, um Fotos davon in sozialen Netzwerken zu teilen – 34 Prozent der 18- bis 34-Jährigen gab dies in einer Umfrage als Hauptgrund an.

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Einige Touristen überschreiten für das mutmaßlich perfekte Bild sogar Grenzen – nicht selten auf Kosten der Natur. Ein Beispiel ist der Königssee in Bayern. Dort ziehen sich Trampelpfade kreuz und quer durch das Naturschutzgebiet, weil Wanderer unbedingt zum Königsbach-Wasserfall samt Pool wollen. Obwohl das Bad darin verboten und gefährlich ist, posten immer wieder auch Influencer Fotos und Videos davon. Im Sommer wandte sich das Team des Nationalparks Berchtesgaden nach einem solchen Vorfall via Instagram direkt an die betreffende Bloggerin: „Dir sollte bewusst sein, dass diese Bilder vom Wasserfall auf Instagram für die Natur, Tiere und Pflanzen, die Besucher und deine Follower sehr schlimme Folgen nach sich zieht.”

Ähnliche Beispiele gibt es auch von der Rakotzbrücke in Sachsen, der Berghütte Aescher-Wildkirchli oder der Horseshoe Bend in Arizona. Gibt’s eine Lösung für die nächsten zehn Jahre Instagram? Um besondere Orte zu schützen, rudern einige Fremdenverkehrsämter zurück und rufen dazu auf, das Geotagging beim Posten der Bilder auf Instagram zu deaktivieren.

Ist das wirklich nötig? Vielleicht hilft auch schon der Vorsatz, zumindest auf dem Rückweg vom begehrten Motiv mal einen anderen (erlaubten!) Weg einzuschlagen. Das würde für mehr Reisevielfalt auf Instagram sorgen – und den Nutzern frische Inspiration bringen.

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