EU-Corona-Impfpass und ab in den Urlaub? So einfach wird es wohl nicht

Am Donnerstag prüfen 27 EU-Staaten, ob ein EU-Impfpass einführt werden könnte.

Am Donnerstag prüfen 27 EU-Staaten, ob ein EU-Impfpass einführt werden könnte.

Brüssel. Badeanzug, Handtuch und Corona-Impfpass einpacken und los geht es ins Urlaubsvergnügen auf Mallorca, Madeira oder Mykonos im Sommer 2021? Schön wär’s. Die 27 EU-Staaten prüfen zwar an diesem Donnerstag bei ihrem Videogipfel, ob und wie sie ein gemeinsames Dokument zum Nachweis von Corona-Impfungen einführen. Und daran knüpft sich die Frage, ob dieser EU-Impfpass zum Türöffner werden könnte für einfacheres Reisen und andere Privilegien. Aber ob das rechtzeitig zur Sommersaison kommt, steht in den Sternen.

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Den Anstoß gab der Ministerpräsident der Ferienoase Griechenland, Kyriakos Mitsotakis. Er plädierte für einen EU-weit gültigen Impfpass als Dokumentation von Corona-Impfungen und forderte: „Die Personen, die geimpft sind, müssen frei reisen dürfen.“ Daraufhin machte die EU-Kommission am Dienstag einen Vorschlag, den die EU-Staats- und Regierungschefs prüfen sollen: Bis Ende Januar sollen sich die 27 auf ein gemeinsames Vorgehen bei „Impfzertifikaten“ einigen. Diese könnten dann rasch nutzbar werden „in den Gesundheitssystemen in der EU und darüber hinaus“. Ob damit einfacheres Reisen oder andere Privilegien verbunden wären, ließ die Kommission offen.

Spanien und Portugal unterstützen einen EU-Impfpass – Deutschland zögert

Spanien unterstützt den griechischen Vorstoß. „Das könnte zur Wiederherstellung der Mobilität auf europäischer Ebene beitragen“, sagte Tourismusministerin Reyes Maroto der Zeitung „La Vanguardia“. Portugal reagierte ebenfalls positiv. Andere Länder zögern, auch Deutschland. Ein EU-weites Impfzertifikat wäre zwar wichtig, schrieb Europastaatsminister Michael Roth auf Twitter. „So weit sind wir aber leider noch nicht.“ Noch seien zu wenige Menschen geimpft und zu viele Fragen offen. Ungeklärt ist vor allem, ob man trotz Impfung andere Menschen anstecken kann. Auch die klassischen Urlaubsländer sind sich nicht einig. Kroatien etwa hat offiziell keine Position. Österreich plädiert zwar für einheitliche Impfzertifikate, aber gegen eine Impfpflicht.

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Die Erwartung an den Videogipfel ist: Entscheidung für ein einheitliches Dokument ja, aber noch keine über die Nutzung, so sagte es ein EU-Vertreter am Mittwoch. Unklar ist, ob der in Deutschland bekannte gelbe Impfpass der Weltgesundheitsorganisation gemeinsamer Nenner werden könnte. Welche Daten erfasst werden und ob dies womöglich digital passieren soll, müsse genau diskutiert werden, heißt es aus EU-Kreisen.

DRV: Sonderregeln für Reisende – dafür sorgen negative Corona-Tests schon längst

Privilegien für Geimpfte, das könnte eine Impfpflicht durch die Hintertür bedeuten und die Gesellschaft spalten - so argumentierte Bundesinnenminister Horst Seehofer schon Ende Dezember. Als Außenminister Heiko Maas jetzt forderte, Geimpften früher als anderen den Besuch von Restaurants oder Kinos zu erlauben, schlug auch ihm Kritik entgegen. Die wichtigsten Argumente: Solange nicht jeder Zugang zur Impfung hat, wären Vorteile für Geimpfte unfair; und der indirekte Druck zur Impfung könnte das Vertrauen in die Politik untergraben, die immer wieder betont hat, impfen sei freiwillig.

Experten beantworten dies nicht eindeutig. Das hänge „von einer Vielzahl von Faktoren ab, über die zum jetzigen Zeitpunkt noch keine verlässliche Aussage getroffen werden kann“, erklärte jüngst das Bundesjustizministerium. Ministerin Christine Lambrecht (SPD) verwies auf die offene Frage, ob Geimpfte die Infektion weitergeben können. Bis zur Klärung „verbietet es sich, Geimpfte anders zu behandeln als Nicht-Geimpfte“.

Sonderregeln für Reisende gibt es in der Pandemie allerdings längst. „So werden schon heute häufig negative Corona-Tests von Reisenden gefordert - zum Beispiel von zahlreichen Kreuzfahrtunternehmen“, teilte der Deutsche Reiseverband (DRV) mit. Traditionell kann die Einreise in bestimmte Staaten an Impfnachweise geknüpft sein.

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Auch wenn der DRV die Impfungen als „Licht am Ende des Tunnels“ sieht, von Rettung ist nicht die Rede. „Es wird noch eine Weile dauern, bis alle, die sich auch impfen lassen möchten, geimpft sein werden“, erklärt der Verband der Deutschen Presse-Agentur. Für die Übergangszeit müsse die Politik rasch eine Strategie präsentieren, wie Reisen unter Beachtung des Gesundheitsschutzes sicher möglich seien. Die Debatte über Vorteile für Geimpfte sei vorerst sehr theoretisch. Auch der DRV verweist darauf, dass noch nicht geklärt sei, ob Geimpfte andere Menschen anstecken könnten.

EU-Kommission hält eine Impfrate von 70 Prozent bis zum Sommer für machbar

Das muss nicht sein. Die EU-Kommission hält eine Impfrate von 70 Prozent der Erwachsenen in der Europäischen Union bis zum Sommer für machbar - wobei „Sommer“ eine Spanne zwischen Juni und Ende August lässt. Der Videogipfel wird zeigen, ob sich die 27 Staaten das zutrauen. Als Risiko gelten die neuen, hoch ansteckenden Virusmutationen, die die Impfungen zum Wettlauf mit der Zeit machen könnten. Wird eine so hohe Impfrate tatsächlich erreicht, wäre dies aus Sicht der Kommission „die Wende“ im Kampf gegen die Pandemie und könnte auch den Sommerurlaub retten. Die Unsicherheit dürfte noch Wochen oder Monate dauern. Die Buchung für die großen Ferien 2021 wird für viele wohl eine Last-Minute-Entscheidung.

RND/dpa

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