Woher kommt unsere Sehnsucht nach dem Meer?
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Faszination Wasser: Das Meeresrauschen hat eine beruhigende Wirkung.
© Quelle: Armando Babani/epa/dpa-tmn
Sand zwischen den Zehen, Wellenrauschen im Ohr: Bekommen Sie bei diesem Gedanken auch direkt Fernweh? Was Menschen so am Meer fasziniert, damit beschäftigt sich der Münchner Psychologe Florian Schmid-Höhne in seinem Buch „Die Meere in uns“. Er bietet Coachings für Burn-out-Patienten an der Küste an – und weiß, warum Wellen und Sand eine heilende Wirkung haben können.
Herr Schmid-Höhne: Warum zieht es die Menschen ans Meer?
Nach meiner Erfahrung ist es vor allem der Kontrast zum Alltag: Das Meer stellt eine wunderbare Gegenwelt dazu dar. Die Weite beruhigt unsere Augen, gerade im Kontrast zu der Informationsflut, die wir in der Stadt oder vor dem Computerbildschirm haben. Und weil das Meer ständig in Bewegung ist, wird es uns auch nicht langweilig, auf die Wellen zu schauen.
Was für einen Einfluss hat das Meer auf unsere Psyche?
In erster Linie einen entspannenden. Neben der Weite haben das Blau und Grün des Meeres auch farbpsychologisch eine beruhigende Wirkung. Das Rauschen der Wellen kann Geborgenheit auslösen. Tiefenpsychologisch wird dieser Effekt damit erklärt, dass wir im Mutterleib vergleichbaren Geräuschen wie dem Meeresrauschen ausgesetzt sind. Die Wellen brechen in einem regelmäßigen Rhythmus, was wir vom Herzschlag der Mutter kennen.
Zudem verbinden die meisten Menschen Glück mit dem Meer. Viele fahren von klein auf in den Ferien dorthin. Wenn man in seiner Kindheit die glücklichste Zeit des Jahres am Meer verbracht hat, wird das positiv konditioniert. Und die Sonne, die das Wasser glitzern lässt, setzt zusätzlich Glückshormone frei.
Wenn man in seiner Kindheit die glücklichste Zeit des Jahres am Meer verbracht hat, wird das positiv konditioniert.
Tut es ein Urlaub am See oder Fluss auch?
Grundsätzlich haben alle „Wasserformen“ einen positiven Effekt auf uns. Es gibt eine Studie, in der man Probanden ähnliche Landschaftsaufnahmen zur Beurteilung gezeigt hat. Die einzige Variation war, dass in manchen eine Wasserfläche vorhanden war, in anderen nicht.
Die Aufnahmen mit Wasserflächen wurden wesentlich positiver bewertet, was man damit erklärt hat, dass Wasser evolutionär gesehen für uns überlebensnotwendig war. Der Unterschied vom Meer zu Seen oder Flüssen ist vor allem die Weite und die Wellen, die beide einen großen Teil der beruhigenden Wirkung ausmachen.
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67 Prozent der Deutschen wünschen sich 2023 einen Urlaub am Strand.
© Quelle: Julian Stratenschulte/dpa
Wie lange sollte ein erholsamer Urlaub dauern?
Der Mensch ist nicht dafür gemacht, durchzuarbeiten. Unsere Psyche braucht eine ausgewogene Mischung aus Anspannung und Entspannung. Schon bei unseren Vorfahren folgte – wenn alles nach Plan lief – auf eine anstrengende Jagdphase eine längere Erholungsphase, in der erst einmal genug Proviant vorhanden war.
In fast allen Kulturen hat sich diese Erkanntnis später in Form von Wochenenden, Feiertagen und eben Urlauben etabliert.
Wie lange jemand braucht, um sich richtig zu entspannen ist individuell unterschiedlich. Aber um wirklich völlig abzuschalten und runterzukommen rate ich, einmal im Jahr drei Wochen am Stück in den Urlaub zu fahren. Und natürlich am besten ans Meer ...