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Eine Spurensuche in Grafiken

Viel Geld gleich großer Erfolg? Wie Finanzen und Siege im europäischen Fußball zusammenhängen

Das Objekt der Begierde: die Champions-League-Trophäe.

Das Objekt der Begierde: die Champions-League-Trophäe.

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Wenn in diesen Tagen der Höhepunkt des europäischen Ligafußballs angepfiffen wird, können die deutschen Vereine nur eines: zugucken. Kein Bundesliga-Team hat es in dieser Saison ins Endspiel eines internationalen Wettbewerbs geschafft – weder in der noch jungen Conference League noch in der Europa- oder Champions League. Das Finale der Königsklasse machen andere unter sich aus: England und Italien. Und das ist kein Einzelfall.

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Tatsächlich erreichten in den vergangenen zehn Jahren nur zwei deutsche Teams das Finale. 2013 holte der FC Bayern München im deutschen Duell gegen Borussia Dortmund den silbernen Henkelpott. Auch das Finale 2020 endete mit dem besseren Ende für den FC Bayern. Die Münchner gewannen in Lissabon gegen Paris Saint-Germain. Drum herum: viel Spanien, viel England, ein bisschen Italien.

Doch woran liegt es? Am Geld? In der Bundesliga ist der deutsche Rekordmeister mit Abstand der Verein mit dem prallsten Bankkonto. 980 Millionen Euro beträgt allein der Marktwert aller Bayern-Spieler zusammengerechnet. Bei den ärgsten Konkurrenten der Münchner, Dortmund und Leipzig, sind die Kader gerade einmal gut halb so viel wert (548 beziehungsweise 487 Millionen Euro).

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Im europäischen Vergleich steht der FC Bayern damit finanziell gut da. Nach Marktwertangaben von transfermarkt.de haben die Münchner den drittwertvollsten Kader in den europäischen Topligen. Allerdings sind die Bundesliga-Vereine in den Top 20 der Klubs eher spärlich vertreten. Gerade einmal drei Vereine tauchen in dieser Liste auf. Auf ebenso viele Vereine kommen Italiens Serie A und Spaniens La Liga, die französische Ligue 1 hat mit Paris Saint-Germain lediglich eine Mannschaft unter denen mit dem höchsten Kaderwert.

Teams aus der Premier League stellen die Hälfte der Vereine mit dem höchsten Marktwert, darunter auch die beiden Topplätze: Die Kader von Manchester City und Chelsea sind jeweils sogar mehr als eine Milliarde Euro wert.

Chelsea kaufte vor dieser Saison auch ordentlich ein: Mehr als 600 Millionen Euro gab der Verein 2022/2023 für neue Spieler aus. Teuerster Neuzugang: der Argentinier Enzo Fernández. Der defensive Mittelfeldspieler wechselte für 121 Millionen Euro von Benfica Lissabon auf die Insel.

Erling Haaland, den Manchester City von Borussia Dortmund holte, war dagegen fast ein Schnäppchen: Der 21 Jahre alte Superscorer aus Norwegen kostete den Verein „nur“ 60 Millionen Euro.

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Auch insgesamt geben die Vereine in der Premier League verglichen mit den anderen vier europäischen Topligen im Fußball das meiste Geld für neue Spieler aus – und das seit Jahren. Eine gute halbe Milliarde ging in der Bundesliga und der spanischen La Liga in der endenden Saison für Transfers über den Tisch. In der englischen Liga waren es mehr als drei Milliarden – Unsummen aus Sicht der französischen Ligue 1, wo gerade einmal 41 Millionen Euro ausgegeben wurden. Die Ausgaben auf der Insel übersteigen die Ausgaben aller anderen Topligen zusammen.


Aber woher kommt das Geld, das die Premier-League-Vereine nicht nur für Topspieler, sondern auch für Talente, die sich noch beweisen müssen, auf den Tisch legen? Ein entscheidender Faktor sind Einnahmen durch TV-Deals. Während für die Bundesliga derzeit pro Saison gut 1,25 Milliarden Euro an Fernsehgeldern gezahlt werden, sind es in England fast dreimal so viel (3,6 Milliarden). Nach Angaben des Fußballfinanzexperten Kieran Maguire von der University of Liverpool sind die Premier-League-Klubs zudem nicht so abhängig von Zuschauerzahlen wie andere europäische Ligen. Gegenüber dem Deutschlandfunk gab er an, dass diese gerade einmal 14 Prozent ihres Geldes auf diese Weise einnehmen würden.

City gibt viel aus, hat aber trotzdem keinen CL-Titel

Hinzu kommen finanzstarke Investoren, die hinter den Klubs stehen. Geschätzt rund zwei Milliarden Euro hat etwa Champions-League-Finalist Manchester City seit der Übernahme 2008 durch Scheich Mansour und die Abu Dhabi United Group für Transfers ausgegeben. „Sie haben das beste Team der Welt und holen den besten Stürmer auf dem Markt. Egal, was es kostet, sie machen es einfach“, kommentierte etwa Jürgen Klopp, Trainer des FC Liverpool, kürzlich das Geschäftsgebaren.

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Hamit Altintop ist Botschafter für das Champions-League-Finale in Istanbul.

Was Finalbotschafter Altintop über die zweimalige Verschiebung des Champions-League-Endspiels denkt

Am Samstag steigt das Champions-League-Endspiel zwischen Manchester City und Inter Mailand im Atatürk-Olympiastadion in Istanbul. 2020 und 2021 hatte die Coronavirus-Pandemie eine Austragung in der Türkei verhindert. Finalbotschafter Hamit Altintop (40) äußert sich im RND-Interview über die gescheiterten Anläufe und spricht zudem über die Nachwirkungen des Erdbebens im Februar und seinen Favoriten auf dem Fußballplatz.

Manchester City steht bei vielen traditionsbewussten Fans für all das, was sie am Profifußball kritisieren: Sportswashing, Maßlosigkeit, Wettbewerbsverzerrung. Dario Minden, Vertreter der Fan-Interessengemeinschaft Unsere Kurve, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Man City steht symbolisch für den Ausverkauf des Fußballs und die Ohnmacht des Sports, seinen soziokulturellen Wert zu beschützen. Es wird einfach nur dem Geld hinterhergerannt.“

Dennoch: Geld bedeutet nicht gleich Erfolg. Zwar gewann der Klub von Trainer Pep Guardiola seit dem Einstieg aus den Vereinigten Arabischen Emiraten siebenmal die Premier League, dreimal den FA Cup, sechsmal den Ligapokal. Den silbernen Siegerpott der Champions League konnten die Citizens bisher aber nicht gewinnen. Auch Chelsea brachte die teure Einkaufssaison wenig: Die Londoner schieden bereits im Viertelfinale gegen Real Madrid aus.

Ohnehin dominieren die Spanier die Königsklasse. Aus keinem Land holten Vereine öfter den Titel. Allerdings gab es in den zurückliegenden Jahren auch schon zweimal ein rein britisches Finale. Fünf der letzten sechs Finals – das diesjährige Endspiel eingeschlossen – fanden mit englischer Beteiligung statt. Besonders gut sind die Premier-League-Vereine übrigens im Überstehen der Gruppenphase: Vier von fünf Teams, also 80 Prozent, ziehen in die K.-o.-Runde der Königsklasse ein. Vereine aus der Bundesliga schaffen das gerade einmal zu 60 Prozent.

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Weniger dominant fallen die vergangenen Jahre dagegen in der Europa League aus. Nur ein rein englisches Finale (2018/2019), die vergangenen sechs Endspiele hatten nur zweimal englische Beteiligung. Auch hier dominierend: die spanischen Klubs.

Und noch einen Nachteil hat der englische Kaufrausch: Er sorgt für Kritik. Nicht nur von Fans, Man City etwa werden auch Tricksereien bei den Bilanzen, regelwidrige Millionenprovisionen an Spielerberater, Dreiecksgeschäfte bei Verpflichtungen von minderjährigen Fußballern und Verbindungen zur politischen Ebene im Emirat vorgeworfen. Der Klub bestritt all das, doch das Image hat kräftig gelitten.

Zur Kritik zählt auch, dass Manchester als wichtigster Teil der City Football Group als eine Art Krake im Weltfußball agiert. Die Abu Dhabi United Group besitzt auf alle Kontinente verteilt inzwischen 13 Fußballklubs und hält Partnerschaftsabkommen mit zahlreichen anderen Vereinen. Es ist ein Imperium, Geld spielt bei den Klubbesitzern keine Rolle. „Niemand kann in dieser Hinsicht mit City mithalten“, sagte Klopp.

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