Junges Turnier-Tanzpaar flüchtete aus der Ukraine nach Burgdorf – kurz vor Auftritt ihres Lebens
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Stehen vor dem größten Auftritt ihres Lebens: Die Ukrainer Sofiia Hera und Roman Boyarchyk.
© Quelle: Florian Petrow
Burgdorf. Sofiia Hera (14) umtanzt Roman Boyarchyk (15): Sie schlingt ihren Arm um seinen Hals, schmiegt ihre Hüften an seine. Die beiden Teenager legen eine Rumba auf das Parkett des Burgdorfer Tanzstudios B5. „Ich habe selten so ein Niveau in dem Alter gesehen“, sagt Inhaber Berko Meyer (50) und macht große Augen. „In ganz Europa gibt es vielleicht 15 Paare, die so tanzen.“
Er muss es wissen, denn viele Jahre war er Präsident des Unternehmerverbandes der deutschen Tanzschulen, war alleine neunmal im britischen Blackpool (bei Manchester) bei den dortigen Championships. Auf die sich jetzt die junge Sofiia und ihr Tanzpartner Roman bei Meyer in Burgdorf vorbereiten.
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Der Burgdorfer Tanzstudio-Inhaber Berko Meyer bietet den Ukrainern einen Trainingsort an.
© Quelle: Samantha Franson
Die beiden sind aus der Ukraine geflohen, mitten in den Vorbereitungen für Blackpool. „Dort teilzunehmen ist das Höchste, was Tänzer schaffen können“, erklärt Meyer. „Wir haben unsere ganze Kindheit darauf hingearbeitet“, bestätigen Sofiia und Roman. Bei den Weltmeisterschaften in den Niederlanden holten sie den vierten Platz, qualifizierten sich für die Championships in Blackpool. Schon immer trainierten sie hart, doch jetzt begann erst das richtig harte Training – bis die Bomben fielen und ihre Vorbereitung ein jähes Ende fand.
Der Krieg unterbracht das Training
Vergangene Woche trafen Roman und Sofiia das erste Mal seit zwei Monaten wieder aufeinander. Roman war mit seiner Mutter in München gelandet, Sofiia in Berlin,Trainerin Sofiia Kuzniechykhina (29) in Burgdorf. Dank Meyer hat sie einen Platz gefunden, wo sie das in der Heimat abgebrochene Training ohne Miete weiterführen kann. Aber es bleiben nur wenige Tage, am Freitag geht es schon los.
„Das würden wir kaum erkennen, aber für die Trainerin gibt es leistungstechnisch Rückschritte und ordentlich Luft nach oben“, sagt Meyer. Denn zwei Monate Trainingspause sind im Leistungssport eine lange Zeit – ganz zu schweigen von den Dingen, den körperlichen und seelischen Strapazen, die in dieser Zeit passiert sind. „Egal wie weit wir voneinander getrennt werden: Wir machen weiter und geben nicht auf“, lautet die Botschaft der Trainerin – der der Druck deutlich anzusehen ist.
Für die Ukrainer hängt viel von dem Turnier ab
Sie ist streng, ermahnt ihre beiden Schützlinge, trainiert sie sechs bis sieben Stunden am Tag. „Das Niveau in Osteuropa ist extrem hoch – das kommt nicht von ungefähr“, erklärt Meyer. Kuzniechykhina führt mit ihrem Mann eine eigene Tanzschule in Nowowolynsk – zum ersten Mal fährt sie mit einem Tanzpaar nach Blackpool.
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Trainerin Sofiia Hera (Mitte) mit ihrem Tanzpaar Sofiia Kuzniechykhina und Roman Boyarchyk.
© Quelle: Florian Petrow
Auch für sie geht ein Kindheitstraum in Erfüllung: Selber hat sie es als Tänzerin nie dorthin geschafft, nun aber als Trainerin. „Für sie hängt ein großer Ruf davon ab“, so Meyer. „Und für Roman und Sofiia hängt ihre Erwachsenenkarriere davon ab. Es ist das letzte Mal, dass sie dort in der Jugend tanzen können – läuft es gut, öffnen sie sich damit alle Türen.“
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Das Gespräch ist mit der Sprachbarriere mühselig, die vom Tanz der Ukrainer verzauberte russischsprachige Großburgwedeler Kosmetikerin Lilia Zimmermann (37) ist gekommen, um zu übersetzen. Dafür übersetzt Kuzniechykhina das Ukrainisch des jungen Tanzpaares auf Russisch.
Am Wochenende geht es nach Blackpool
Sofiia und Roman werden am Wochenende auf der Blackpool sowie European Championship Rumba, Samba, Jive, Cha-Cha-Cha und Paso Doble tanzen, außerdem bei der Samba- und der Jive-Championship antreten. Am Sonntag wäre ihr erster Auftritt – wenn sie noch ihr Visum bekommen. Auf dem Weg nach Blackpool müssen Sofiia Hera und Roman Boyarchyk viele Hürden umtanzen.
Von Josina Kelz
HAZ