Tina Deeken aus Hannover gewinnt sieben Goldmedaillen bei Eisschwimm-WM
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/UPLXBA53G2BPKUBWWRSG2K4GDU.jpg)
Warm eingepackt: Tina Deeken posiert neben der Strecke, auf der sie bei der Eisschwimm-WM zu sieben Goldmedaillen schwamm.
© Quelle: privat
Hannover/Samoëns. Drei Starts pro Tag in 3,7 Grad kaltem Wasser, in normalem Badeanzug – das zehrt an den Kräften. „Ich bin total platt“, sagt Tina Deeken, „das war echt anstrengend.“ Aber auch extrem erfolgreich. Die Parasportlerin aus Hannover fischte bei den Eisschwimm-Weltmeisterschaften in Samoëns in den französischen Alpen sieben Goldmedaillen und einmal Bronze in der Behindertenkategorie aus dem Damensee (Lac aux dames). Eine nahezu perfekte Ausbeute bei acht Einzelstarts und einem Staffelrennen.
Der Form halber: Deeken sicherte sich zudem acht Para-Altersklassentitel und dreimal Bronze in ihrer Altersklasse in der Nichtbehindertenkategorie. Ganz nebenbei stellte sie fünf Paraweltrekorde auf. „Ich bin total überrascht, dass es so gut ausgegangen ist“, sagt Deeken, die ziemlich bescheiden ein paar Podiumsplätze als Ziel ausgegeben hatte. Vor einem Jahr in Polen bei ihrer ersten Eisschwimm-WM hatte sie ebenfalls siebenmal Gold gewonnen.
Fünf Weltrekorde
Vor traumhafter Bergkulisse in Samoëns schwamm die 46-Jährige nun über 50, 100 und 250 Meter Freistil auf den ersten Platz, ebenso über 50 und 100 Meter Brust und über 50 und 100 Meter Rücken. Bronze gab es über 500 Meter Freistil. Über 50, 100 und 250 Meter Freistil sowie über 50 Meter Rücken verbesserte sie ihre eigenen Weltrekorde. Auf der neu eingeführten Distanz über 100 Meter Rücken war ihre Zeit von 1:46,95 Minute automatisch Bestmarke.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/VUG7E2N6G4PRVRFIHNI65IL46I.jpg)
In 3,7 Grad kaltem Wasser, in normalem Badeanzug: Tina Deeken bei der Eisschwimm-WM in Frankreich.
© Quelle: privat
Auch wenn die Parakonkurrenz in Frankreich überschaubar war, schmälert das nicht Deekens Leistung. Allein die Überwindung, ins Eiswasser zu gleiten, ist respekteinflößend. Und das ohne Neoprenanzug, der ist beim offiziellen Eisschwimmen verboten. 2022 in Polen wären ihr beinahe die Finger eingefroren, über 500 Meter kühlte auch das Hirn aus. In Samoëns sei sie diesmal „gut durchgekommen“, über die kurzen Strecken „ist man ohnehin voller Adrenalin“.
Staffel emotionaler Höhepunkt
Trotz der Medaillenflut – Deekens Höhepunkt war die Teilnahme mit einer gemischten Staffel über 4x250 Meter Freistil. Beim Sieg des deutschen Quartetts durfte erstmals auch eine Parastaffel außerhalb der Konkurrenz mitschwimmen. Deeken, Patricia Heffernan und Nicola Doran aus Irland sowie der Brite Jonty Warneken bildeten das Team. „Das war ganz, ganz großartig und sehr emotional“, schwärmt Deeken, die während der gesamten WM „tolle Unterstützung“ ihrer deutschen und internationalen Kollegen erfuhr.
Wegen eines angeborenen Hüftschadens ist das linke Bein der Förderschullehrerin weitgehend gelähmt. Bei einer OP in der Pubertät gab es Komplikationen, die einen Nervenschaden zur Folge hatten. Auch das rechte Bein wird immer instabiler. Meniskus und Kreuzbänder sind dahin. Links und rechts stützen Orthesen die Beine von Deeken, die obendrein mit einer Blutgerinnungsstörung leben muss. Mit Sport kämpft sie gegen all ihre Leiden an – körperlich und mental. Und sie hat noch nicht genug vom kalten Wasser. Anfang Februar startet sie beim Green-Heart-Eisschwimmen in den Niederlanden.
Am 26. März gibt die Extremsportlerin in ihrer Wahlheimat Gas. Deeken will mit einem Handbike zum wiederholten Mal am Hannover-Marathon teilnehmen.