"Ich muss heute noch 3000 Schritte laufen“: Wir alle kennen jemanden, der mehrmals täglich auf App oder Schrittzähler guckt, um zu checken, wie weit er oder sie noch vom magischen Wert der 10.000 Schritte entfernt ist. Oder wir tun es selbst.
Und 10.000 klingt viel. Zwischen 80 und 150 Minuten braucht ein Durchschnittsmensch dafür, das muss man im Alltag erst mal schaffen. Muss man? Eben nicht. Eine neue Studie bestätigt, was viele ahnten oder hofften: Weniger reicht auch, nämlich rund 4.000 Schritte pro Tag, um das allgemeine Sterberisiko zu senken. Das Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung sinke sogar schon bei knapp 2400 Schritten pro Tag.
Prof. Christine Joisten, Leiterin der Abteilung Bewegungs- und Gesundheitsförderung an der Sporthochschule Köln, beantwortet die wichtigsten Fragen:
Sind die 10 000 Schritte jetzt Quatsch?
„An sich nicht, weil es auch Analysen gibt, dass das Ziel 10.000 Schritte ein wichtiger Prädiktor (das heißt eine Vorhersagevariable) für Erfolg ist, in dem Fall Blutdruck- und BMI-Senkung“, so Joisten. Die Studie zeige aber, dass vor allem das sogenannte Delta, also „das etwas Mehr an Bewegung, bereits gesundheitlich wirksam ist“. Und: “Wahr ist, dass die 10.000 Schritte erst einmal aus einer japanischen Werbekampagne stammen.“ Und zwar für einen Schrittzähler.
Warum soll man sich überhaupt regelmäßig bewegen?
„Generell trägt Bewegung in Alltag, Beruf und Freizeit zur Prävention von Zivilisationskrankheiten und nicht übertragbaren Erkrankungen bei», sagt Joisten.
Dazu zählten Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen inklusive Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Adipositas, Diabetes und neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer. Außerdem beuge Bewegung auch orthopädischen, rheumatologischen und psychischen Erkrankungen vor. „Bei chronisch Kranken wirkt das analog und trägt vor allem zur Lebensqualität bei“, erklärt die Medizinerin.
Gibt es andere Bewegungsarten, die mich im Alltag gesund halten oder meine Fitness unterstützen können?
Grundsätzlich gilt: „Jede Bewegungsform ist gut, angepasst an den individuellen Gesundheitszustand", sagt Joisten. Sie empfiehlt Tanzen, Krafttraining mit Gummibändern oder leichten Gewichten, Yoga oder Gartenarbeit.
Wie kann man sich mit sitzender Tätigkeit genug Bewegung verschaffen, etwa in Büro oder Homeoffice?
Die Antwort ist einfach: indem man sich erst einmal überhaupt bewegt. Experten raten dazu, mindestens einmal pro Stunde die Position zu verändern und kleine Übungen zu machen, Kniebeugen etwa oder Wasserflaschen als Hanteln zu benutzen. Ein No-Brainer: Treppe statt Lift nehmen.
Sind Tracker und Apps eigentlich sinnvoll?
„Ich persönlich halte viel davon, weil Bewegung sichtbar gemacht wird“, so Christine Joisten. Dadurch seien sie in der Motivation sehr hilfreich. „Werden die Ziele aber nicht erreicht, sind manche Menschen auch frustriert.“ Es sind auch hier die kleinen Schritte: „Gerade kleine Steigerungen von 500 bis 1000 Schritten mehr am Tag, das sind 5 bis 10 Minuten, können dadurch gut wahrgenommen werden.“
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt für Erwachsene zwischen 18 und 64 Jahren mindestens 150 Minuten moderate oder 75 Minuten intensive Ausdaueraktivität pro Woche, dazu mindestens zweimal pro Woche Kraftübungen für alle großen Muskelgruppen. Für ältere Erwachsene ab 65 Jahren gelten die gleichen Empfehlungen, ergänzt um Übungen zur Verbesserung der Balance und Koordination.
Dass 10.000 Schritte pro Tag gut für die Gesundheit seien, kam erstmals 1964 auf, als ein japanisches Unternehmen einen Schrittzähler auf den Markt brachte und den Launch mit einer Marketingkampagne rund um diesen Wert begleitete. Wissenschaftlich fundiert war er nicht, er ist aber auch nicht falsch. Denn auch wenn viel weniger Schritte reichen: Da geht noch mehr.
Autsch! Wenn ein Wirbel aus der Reihe tanzt
Überlastung, Entzündungen, altersbedingter Verschleiß: All das kann dafür sorgen, dass die Wirbelsäule an Stabilität verliert. Darauf macht Neurochirurg Munther Sabarini von der Avicenna Klinik in Berlin aufmerksam.
Die Wirbelsäule wird dann beweglicher, als sie sein sollte, einzelne Wirbel verschieben sich. Die Diagnose lautet Wirbelgleiten, in Fachsprache: Spondylolisthesis.
Dabei bewegen sich Wirbelkörper unkoordiniert gegeneinander, was sowohl die Bandscheiben als auch die umliegenden Wirbelgelenke belastet. Passieren kann das im Bereich der Lendenwirbel, aber auch an den Halswirbeln.
Woran erkennt man, ob man möglicherweise davon betroffen ist? Ein Warnzeichen sind nach Angaben von Sabarini Schmerzen oder ein steifes Gefühl im Rücken nach dem Aufstehen am Morgen. Aber auch Schmerzen nach langem Sitzen - etwa im Auto oder am Schreibtisch - deuten darauf hin. Ein weiteres Warnzeichen: Wenn sich der Rücken oder der Hals zerbrechlich und instabil anfühlen.
Eingeklemmte Nerven drohen
Bei einem Wirbelgleiten kann es zudem passieren, dass Nervenfasern eingeklemmt werden. Laut Sabarini kann das dafür sorgen, dass die Schmerzen in andere Bereiche des Körper ausstrahlen, zum Beispiel in den Oberschenkel. Auch Kribbel- oder Taubheitsgefühle in Armen oder Beinen sind mögliche Folgen.
Wer vermutet, von einem Wirbelgleiten betroffen zu sein, sollte das ärztlich abklären lassen. Bei leichten Fällen kann laut Sabarini bereits Physiotherapie Linderung verschaffen. Gibt es bereits Schäden an Wirbeln oder Nerven, ist meist eine Operation nötig.