Chipmangel und fehlende Kabelbäume

Audi, BMW, Mercedes: Wie die Premiumhersteller den Mangel verwalten

Ein Mitarbeiter von Volkswagen arbeitet im Rahmen eines Presserundgangs in der Gläsernen Manufaktur von Volkswagen am Front-End eines VW ID.3 in der Endmontage (Symbolbild).

Ein Mitarbeiter von Volkswagen arbeitet im Rahmen eines Presserundgangs in der Gläsernen Manufaktur von Volkswagen am Front-End eines VW ID.3 in der Endmontage (Symbolbild).

München. Normale Zeiten herrschen in der Autoindustrie nun schon länger nicht mehr. Erst war Pandemie, dann fehlten Halbleiter, und jetzt hat der russische Angriff auf die Ukraine die Fertigung vieler Kfz-Zulieferer gestoppt. 22 Firmen lassen dort in 38 Werken vor allem personalintensive Kabelbäume fertigen, listet eine aktuelle Studie auf.

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Ohne diese Teile, die jeweils kundenspezifisch gefertigt und kurz vor dem Bau des Wunschautos just in time geliefert werden, fährt kein Fahrzeug. Am heftigsten war davon spontan BMW betroffen, wo mehrere Werke tagelang komplett stillstanden und praktisch alle europäischen Werke in Mitleidenschaft gezogen wurden. Mercedes hatte Glück. Dort sind nur einzelne Schichten ausgefallen. Beim dritten Premiumanbieter im Bunde sieht es wiederum düsterer aus.

„Seit zehn Tagen stehen wir in der Fertigung, das wird uns noch für viele Wochen Kopfzerbrechen bereiten“, sagt Audi-Vorstand Dirk Große-Loheide. Modelle vom A4 bis zum A7 können derzeit nicht vom Band rollen, weil Kabelbäume aus der Ukraine fehlen. BMW will ab nächster Woche mit Ausnahme des britischen Mini-Werks wieder normal fertigen. Mercedes profitiert davon, dass aus der Ukraine wenig zugeliefert wird.

So wie es aussieht, könnte BMW erneut der bessere Krisenmanager sein. Zumindest haben es die Münchner gewagt, für 2022 eine Absatzprognose zu geben. Falls der Krieg in der Ukraine nicht eskaliert, sind bei gut 2,5 Millionen Autos stagnierende Absätze für das laufende Jahr angekündigt. Audi verkneift sich eine Prognose aktuell ganz, Mercedes bleibt bei den Kriegsauswirkungen vage.

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Herstellern droht Absatzrückgang in Russland

Weil in Russland derzeit keine westlichen Luxusautos verkauft werden, droht Mercedes zudem allein dadurch ein Absatzrückgang von rund 45.000 Einheiten. Etwas mehr ist es bei BMW. Nur gut 16.000 Autos hat Audi 2021 in Russland verkauft.

Das vorerst ausfallende Russland-Geschäft ist also für keinen der drei Premiumrivalen wirklich wichtig. Die Kabelbäume sind das kriegsbedingt größere Problem. Dazu kommt, dass sich der Chipmangel für die Branche frühestens im zweiten Halbjahr 2022 entspannt, schätzen Experten unisono.

Den hat bislang im internationalen Maßstab neben Tesla und Toyota eindeutig BMW am besten gemeistert. Bei den Münchnern stand voriges Jahr im konzernweiten Absatz ein Plus von gut 8 Prozent zu Buche. Die Marke BMW kam sogar auf fast ein Zehntel mehr und damit gut 2,2 Millionen Verkäufe. Bei Audi und Mercedes ging es dagegen in die andere Richtung. Nach jeweils leichten Rückgängen kamen die Stuttgarter 2021 noch auf gut 1,9 Millionen Verkäufe, die Ingolstädter auf knapp 1,7 Millionen.

Was Elektroautos und damit eine wichtige Frage abseits von Krisen­management angeht, steigen die Absätze beim ganzen Trio derzeit rasant. Bei Mercedes hat sich der Absatz vollelektrischer Modelle auf 90.000 Stromer 2021 verdoppelt, bei Audi waren es mit mit rund 82.000 Einheiten rund 60 Prozent mehr. Bei BMW ging es mit rund 70 Prozent Zuwachs auf rund 100.000 vollelektrische Stromer nach oben.

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Mercedes und Audi setzen auf reine Stromer

Klar ist auch, dass Mercedes und Audi im VW-Verbund konsequent auf reine Stromer setzen, während BMW auch stärker auf Hybridmodelle baut und als Einziger des Premiumtrios noch kein Ausstiegsdatum für die Verbrenner­technologie genannt hat.

Beim Geldverdienen wiederum hat Mercedes die Nase mit einer operativen Rendite im reinen Autogeschäft von im Vorjahr 12,7 Prozent vorn. Global sind da nur noch Tesla und Porsche besser. Hinter Mercedes fahren in dieser Hinsicht Audi und BMW mit jeweils gut 10 Prozent operativer Rendite praktisch gleichauf.

Dieser Vorsprung von Mercedes hat aber seinen Preis. Bei den Stuttgartern stehen die Zeichen wie bei Audi weiter auf Stellenabbau, während BMW dieses Jahr bereits wieder bis zu 6000 Arbeitsplätze weltweit schaffen will.

Das setzt natürlich voraus, dass neue Schockwellen ausbleiben. Ob er denn wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine mit Risiken für sein China-Geschäft rechne, wurde Audi-Chef Markus Duesmann gefragt. „Wir sehen überhaupt keine Anzeichen für Sanktionen gegen China“, antwortete er wie aus der Pistole geschossen. Denn das ist ein Szenario für ihren mittlerweile größten Einzelmarkt, an das deutsche Autobauer nicht einmal denken wollen.

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