BMW: Warum der Autobauer die Tuningschmiede Alpina übernimmt
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Das BMW-Logo auf dem Firmensitz des Automobilherstellers (Symbolfoto).
© Quelle: Tobias Hase/dpa
München. Autos mit Spaßfaktor werden sie von Fans genannt, die sich selbst als automobile Gourmets sehen. Und wenn erwachsene Männer beim Gasgeben zu kichern beginnen, sitzen sie erstaunlich häufig am Steuer eines mit quietschenden Reifen durch die Kurven driftenden Alpina-Modells.
Der Autoveredler aus Buchloe nahe München arbeitet seit 1965 mit dem Premiumhersteller BMW zusammen. Wem die weiß-blauen Standardmodelle nicht sportlich genug sind, der lässt sie von Alpina aufhübschen. Aus der BMW 8er-Reihe wird so zum Beispiel der BMW Alpina B8 mit 621 PS, rot eingefärbter Energieeffizienzklasse F und einem Basispreis ohne Extras von gut 162.000 Euro. Aber die Tage der Kooperation sind gezählt.
2025 wird der letzte Alpina teils in Handarbeit aufgemöbelt. Danach liegen die Markenrechte bei BMW, wo dann auch veredelt wird. „In Buchloe wird seit über einem halben Jahrhundert eindrucksvoll gezeigt, wie man mit viel Liebe zum Detail hochwertigste Automobilkultur auf vier Rädern realisiert“, schwärmt BMW-Vertriebschef Pieter Nota bei der Verkündung des Erwerbs.
Spontan einleuchtend ist er nicht. Denn BMW hat in Eigenregie schon die Submarke M am Markt, die in puncto Dynamik, Beschleunigung und Kaufpreis gegenüber den eigenen Standardmodellen einiges draufpackt.
Alpina-Modelle liegen zwar preislich meist noch höher, und sie bieten neben mehr PS auch Speziallackierung in den Alpina-Hausfarben grün und blau oder Lavallina-Sitzbezüge aus feinstem Nubukleder für das Interieur. Aber wer bei Alpina bestellt, will beim Beschleunigen vor allem stärker in die Nubuksitze gepresst werden.
Alpina wurde 1965 als Familienunternehmen gegründet
Das zu gewährleisten wird im automobilen Elektrozeitalter zunehmend schwieriger. Denn Stromer beschleunigen ohnehin kräftiger als Verbrenner, was vor allem auch für die von BMW gilt. Das Handwerk des Veredelns wird mit aufkommender Elektromobilität zunehmend diffiziler, und es muss auf andere Aspekte ausweichen.
Als die Alpina Burkard Bovensiepen GmbH 1965 als Familienunternehmen mit acht Beschäftigten gegründet wurde, waren die Zeiten in jeder Hinsicht andere. Beim Tuning und im Motorsport haben die Buchloer damals ihre ersten Kontakte zu BMW geschlossen und 1978 begonnen, die Gefährte des Premiumherstellers zu veredeln. 1983 gipfelte das im Antrag auf Zulassung als Kfz-Hersteller beim Kraftfahrtbundesamt, der dann auch genehmigt wurde. „Wir sind Hersteller, kein Tuner“, sagt Firmenchef Andreas Bovensiepen heute stolz.
Als solcher hat Alpina 2021 in Buchloe 70 Kilometer westlich von München voriges Jahr bei 135 Millionen Euro Umsatz rund 2000 Edelgefährte auf Basis von Standard-BMW-Modellen hergestellt. Das waren ein Drittel mehr als 2020 und noch einmal ein Rekordjahr für die Allgäuer.
Aber wie man Elektroautos künftig veredeln soll, darüber wurde dort zuletzt so lange wie am Ende vergeblich gerätselt. Dazu kommt, dass die PS-Protze von Alpina im Flottenverbrauch zunehmend auch mit immer strengeren EU-Abgasgrenzwerten in Konflikt geraten. Im BMW-Großkonzern mit jährlich zuletzt gut 2,5 Millionen produzierten Autos lässt sich so etwas leicht abfedern.
Mit Alpina ins Luxussegment oberhalb der 7er-Reihe?
Aber PS und Beschleunigung stehen bei den Alpina-Modellen, die BMW ab 2026 in Eigenregie veredelt, wohl nicht mehr zentral im Fokus. Offiziell schweigt BMW dazu. Weder auf die Frage, wie viele der 300 Alpina-Beschäftigten man übernimmt, noch in welchem BMW-Werk die Handarbeit für die Alpina-Modelle künftig angesiedelt wird oder was man sich den Markenerwerb hat kosten lassen, erhält man dort eine Antwort.
„BMW will mit der Marke Alpina ins Luxussegment oberhalb der 7er-Reihe“, verrät eine mit den Vorgängen vertraute Person. Vorbild sei der manufakturgetriebene Luxus bei der britischen Edelschmiede Rolls-Royce, die schon zum BMW-Portfolio zählt.
Irgendwo zwischen 7er-BMW und Rolls-Royce werde die künftige Alpina-Palette angesiedelt. „Mehr automobile Vielfalt im eigenen Luxusbereich“, erklärt BMW offiziell und damit äußerst vage. Klar ist, dass bei Modellen der neuen BMW-Submarke Interieur, Optik und Onlinedienste per Fahrzeugvernetzung stärker im Fokus stehen dürften als Extras bei der Motorisierung.
In Buchloe hält man nach 2025, wenn der jetzige Kooperationsvertrag mit BMW ausläuft, noch Service, Ersatzteil- und Zubehörgeschäft für dann historische BMW-Alpina-Modelle aufrecht. Auch der Alpina-Weinhandel mit edlen Tropfen wie einer Flasche Amarone, Jahrgang 1998 aus Italien für 535 Euro bleibt in Buchloe.
Absoluten Luxus gibt es eben nicht nur auf der Straße.