Dieselurteil des EuGH: Richterbund erwartet Klagewelle
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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 21. März ein wichtiges Urteil zur Haftung für Dieselabgastechnik verkündet.
© Quelle: Marijan Murat/dpa
Berlin. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), wonach Besitzer von Dieselautos mit unzulässiger Abgastechnik leichter Schadensersatz von den Herstellern verlangen können, rechnet der Deutsche Richterbund (DRB) mit einer Klagewelle.
„Auf die deutschen Gerichte dürfte nach dem jüngsten Urteil des Europäischen Gerichtshofs eine neue Welle von Dieselklagen zukommen“, sagte DRB-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Die Entscheidung des EuGH stärke die Rechte von Verbrauchern und gebe Dieselkäufern Rückenwind, deren Autos mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung für die Abgasreinigung ausgestattet worden sind. „Auf Dieselfälle spezialisierte Anwaltskanzleien werben bereits offensiv um neue Mandate, sodass die Fallzahlen vieler Gerichte weiter deutlich steigen dürften“, so Rebehn. „Wie groß die neue Klagewelle wird, hängt auch vom Bundesgerichtshof ab, der die europäischen Vorgaben demnächst in einer Entscheidung weiter konkretisieren wird.“
Richterbund-Chef: Zivilgerichte geraten durch Massenverfahren an ihre Belastungsgrenze
Wegen des erwarteten EuGH-Urteils hatten Gerichte mehrerer Instanzen zahlreiche Dieselverfahren zunächst auf Eis gelegt, die nun nach der Entscheidung der Luxemburger Richter wieder anlaufen dürften. Die Oberlandesgerichte und viele Landgerichte seien durch Dieselklagen schon heute stark beansprucht, mahnte der Richterbund und nannte konkrete Zahlen: Mehr als 28.500 Verfahren hätten allein die 24 Oberlandesgerichte 2022 bundesweit verzeichnet. Fünf Jahre zuvor habe die Zahl der Dieselverfahren in der Berufungsinstanz noch bei etwa 11.500 gelegen.
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Sorge um VW: Niedersachsen protestiert gegen strengere Abgasnorm Euro 7
Die EU will die Abgasvorschriften für neue Autos verschärfen. Niedersachsens Ministerpräsident Weil (SPD) interveniert dagegen bei der Bundesregierung. Anders die Grünen im Landtag: Sie betonen den Umwelt- und Gesundheitsschutz.
Die meisten Fälle habe für 2022 das Oberlandesgericht Stuttgart mit mehr als 7000 gemeldet, dahinter folgten München mit rund 3500, Nürnberg mit etwa 2500 und Hamm mit rund 2000 Fällen. Zusätzlich zu den Zehntausenden Dieselverfahren im Jahr kämen auch in anderen Rechtsgebieten massenhaft Verfahren auf die Gerichte zu. Als Beispiel nannte der Deutsche Richterbund Klagen früherer Wirecard-Aktionäre, die sich bei den Gerichten häuften.
Viele Zivilgerichte gerieten durch Massenverfahren an ihre Belastungsgrenze, mahnte DRB-Bundesgeschäftsführer Rebehn und forderte ein Einschreiten der Politik. „Die Ampel sollte hier dringend Abhilfe schaffen und das Zivilprozessrecht durch flexiblere Vorschriften an die neue Realität dieser Massenklagen anpassen, mit denen spezialisierte Anwaltskanzleien die Gerichte überhäufen.“ Entsprechende Vorschläge der Richterschaft lägen seit mehr als einem Jahr auf dem Tisch.