E‑Mobilität: Die EU will alle 60 Kilometer eine Ladesäule sehen
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Ein Symbol markiert einen Parkplatz an einer Ladesäule für Elektroautos in der Innenstadt.
© Quelle: Julian Stratenschulte/dpa/Archivbild
Wenn’s um Elektromobilität geht, wird über kaum ein Thema so kontrovers diskutiert wie über den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Aber immerhin haben sich die Abgeordneten des EU-Parlaments (EP) und die schwedische Ratspräsidentschaft jetzt auf einen Kompromiss für Strom- und Wasserstofftankstellen an den wichtigsten Verkehrsadern geeinigt. Denn die Versorgung mit Fahrstrom ist entscheidend für die Attraktivität von E‑Fahrzeugen.
Der Kompromiss sieht folgendermaßen aus: Bis 2026 wird jedes EU‑Land verpflichtet, entlang des Straßenkernnetzes, also an den viel befahrenen Autobahnen, zumindest alle 60 Kilometer Ladestationen mit einer Leistung von 400 Kilowatt aufzustellen, bis 2028 soll sie auf 600 Kilowatt (kW) hochgefahren werden. Die Leistungsangaben sind wichtig, weil immer deutlicher wird, dass vor allem Schnelllader mit mindestens 22 kW gebraucht werden. Genauer noch: Es wird ankommen auf das, was Ultraschnelllader genannt wird mit 150 kW und mehr. Dies ermöglicht, die Batterie eines E‑Pkw schon heute in gut einer Viertelstunde zu knapp 80 Prozent zu laden. Das kommt dem Tanken von Sprit in zeitlicher Hinsicht schon ziemlich nah.
Für Lkw und Busse soll gelten, dass alle 120 Kilometer je nach Bedeutung der Straße zwischen 1200 und 2800 Kilowatt Ladeleistung zur Verfügung stehen – allerdings bis 2028 nur für die Hälfte der Hauptverkehrsstraßen der EU. Dann sollen auf sicheren Lkw-Parkplätzen außerdem jeweils noch zwei Ladestationen hinzukommen. Ausnahmen sind unter anderem für Regionen in äußersten Randlagen und auf Inseln gedacht.
Laden soll so bequem sein wie Tanken
Die Verhandlungsführer einigten sich auch darauf, dass im Kernnetz für Fahrzeuge mit Brennstoffzellen alle 200 Kilometer Wasserstofftankstellen eingerichtet werden. Es soll dafür gesorgt werden, dass das Bezahlen mittels Debit- und Kreditkarten, kontaktlosen Geräten und QR-Codes geschieht. Die Preise müssten leicht erkennbar und eindeutig vergleichbar sein, teilt das EP mit. Ferner hat die EU-Kommission die Aufgabe, bis 2027 eine Datenbank aufzubauen, damit die Wagenlenker sich über Verfügbarkeit, Wartezeiten und Preise informieren können. Schon heute bieten Autohersteller Apps an, die freie Ladeplätze anzeigen und mit denen diese auch reserviert werden können.
Ismail Ertug, SPD-Abgeordneter und zuständiger Berichterstatter des EP, sagte: „Die neuen Vorschriften werden dazu beitragen, die Infrastruktur ohne weitere Verzögerung aufzubauen, und sicherstellen, dass das Fahren und Aufladen eines Fahrzeugs der neuen Generation genauso einfach und bequem ist wie bei einem Fahrzeug, das mit Benzin betrieben wird.“
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Volkswagen-Chef Oliver Blume: der Mann für die VW-Seele
Oliver Blume ist der sechste Volkswagen-Chef in diesem Jahrtausend. Alle seine Vorgänger hat er bei der Arbeit erlebt. Sie standen für Erfolge und Skandale, für Aufbruch und Entfremdung. Sie machten den Konzern so groß, dass er irgendwann seine Mitte verlor. Der Neue muss jetzt alles neu machen und trotzdem ganz bei sich bleiben.
Hierzulande waren zum 1. Januar rund 80.000 öffentliche Ladepunkte gemeldet – die allermeisten davon nicht an Autobahnen, sondern neben Parkplätzen in Städten. Ein Plus von gut einem Drittel innerhalb von einem Jahr. Die Ladeleistung stieg sogar um 40 Prozent, wobei immer mehr Ultraschnelllader hinzukommen. Rund 7000 waren es zu Jahresbeginn. Rechnerisch können mit sämtlichen Ladesäulen 2,5 Millionen E‑Pkw versorgt werden. In knapp sieben Jahren sollen aber 15 Millionen reinrassige Stromer über die Straßen rollen.
Insbesondere an Autobahnen wird es auf die superschnellen Stromtankstellen hinauslaufen. Doch da kommt der Aufbau der Infrastruktur – trotz der hohen Zuwachsraten – bislang nur schleppend in Gang. Ein Grund dafür dürfte auch sein, dass Tankstellenbetreiber verpflichtet werden sollten, schrittweise auf elektrische Energie umzustellen, doch diese Vorgabe wurde bislang nicht umgesetzt.
Ausgeprägte Ladeinfrastruktur an Standorten der Autobauer
Erhebungen des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) zeigen zudem, dass es bei der Ladeinfrastruktur regional extrem hohe Unterschiede gibt. Stark ausgeprägt ist sie an den Standorten der Autobauer, allen voran die Volkswagenstadt Wolfsburg, es folgen Groß-Gerau (Opel), Dingolfing (BMW) oder Böblingen (Mercedes). Deutlich unterversorgt mit Stromtankstellen sind insbesondere dünn besiedelte ländliche Regionen im Osten der Republik. Die 150er-Säulen sind dort praktisch noch gar nicht vorhanden.
Innovatives Park- und Ladekonzept für Elektroautos
Der erste E-Parktower in Haltern am See (Nordrhein-Westfalen) bietet Platz für acht Autos.
© Quelle: Mhoch4
Die Ampel hat im Koalitionsvertrag als Ziel für 2030 insgesamt eine Million Ladepunkte vereinbart. Doch Kerstin Andreae, Chefin des Energiedachverbandes BDEW, hält diese Anforderung für unzeitgemäß. Das hiesige Ladeangebot werde oft zu Unrecht kritisiert, da sich viele an der Zahl eine Million orientierten. „Um es klar zu sagen. Dieses Ziel ist technisch überholt, da es die Ladeleistung nicht berücksichtigt.“
Kritik an der EU-Einigung kommt vom europäischen Automobilverband ACEA: „Das Ergebnis bleibt weit hinter dem zurück, was notwendig wäre, um ehrgeizige Ziele der Fahrzeughersteller zu erreichen“, sagte die Generaldirektorin Sigrid de Vries. Ihr geht es um die Versorgung der Lkw, sie spricht von einer „Infrastrukturlücke“, weil einerseits die Ausnahmeregelungen eine Abdeckung der Routen erschwerten. Und weil andererseits 2030 mindestens 50.000 Ladegeräte allein für schwere Lkw und 700 Wasserstofftankstellen in der EU benötigt würden. Das könne mit der jetzigen Vereinbarung nicht geschafft werden. Eine kurzfristige Überprüfung der Vorgaben für Lkw sei notwendig. Im Vorfeld war viel über kürzere Abstände für die Brummi-Ladestationen diskutiert worden.