Wartung von Nord Stream 1

Gazprom begründet fehlende Gaslieferungen mit höherer Gewalt

Gasempfangsstation der Ostseepipeline Nord Stream 1.

Gasempfangsstation der Ostseepipeline Nord Stream 1.

Düsseldorf. Der russische Gaskonzern Gazprom hat ausgebliebene Gaslieferungen gegenüber seinem Kunden Uniper mit höherer Gewalt begründet. Uniper habe ein Schreiben von Gazprom Export erhalten, sagte ein Sprecher des Energieversorgeres der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX am Montagnachmittag in Düsseldorf. Gazprom Export ist ein hundertprozentiges Tochterunternehmen des russischen Staatskonzerns.

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In dem Schreiben habe Gazprom Export rückwirkend „Force Majeure“ für die bisherigen und aktuellen Fehlmengen bei den Gaslieferungen geltend macht. Uniper hält dies dem Sprecher zufolge jedoch für nicht gerechtfertigt und hat diesen Anspruch formell zurückgewiesen. Zuvor hatte die Nachrichtenagentur Reuters ohne Nennung des Konzernnamens berichtet, dass Gazprom mindestens einen Kunden mit dem Schreiben kontaktiert habe.

Unter „Force Majeure“ (deutsch: Höhere Gewalt) wird ein von Außen kommendes, unvorhersehbares Ereignis verstanden, welches außerhalb der Kontrolle der Vertragsparteien liegt. Darunter können beispielsweise Krieg, Naturkatastrophen oder Pandemien fallen, die dazu führen, dass eine Leistung nur unzureichend oder gar nicht erfüllt werden kann.

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Voraussichtlich noch bis 21. Juli wird die für Deutschland wichtige Pipeline Nord Stream 1 gewartet, sodass kein Gas mehr durch die Röhren unter der Ostsee fließt. Aber schon davor hatte der russische Staatskonzern Gazprom die Lieferungen auf 40 Prozent gedrosselt und dies mit einer fehlenden Turbine begründet. Die Bundesregierung hält dieses Argument für vorgeschoben und fürchtet, dass auch nach der Wartung kein Gas mehr durch Nord Stream 1 fließen wird.

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Auf die Frage aber, ob Kremlchef Wladimir Putin den Gashahn wieder aufdrehen lässt, gibt es in Moskau keine klare Antwort. Deutlich wird nur, dass Russland die Verantwortung für mögliche Schwierigkeiten am ehesten abschieben wird. Auch Gazprom betont immer wieder, auf die kaum gefüllten Gasspeicher in Europa hingewiesen zu haben.

Der Staatskonzern gibt zudem der Ukraine die Schuld an der Lage, weil nicht einmal mehr die Hälfte der möglichen täglichen Liefermenge durch das Transitnetz des Landes geleitet werde. Die Ukraine, die trotz Moskaus Krieges derzeit rund 40 Millionen Kubikmeter Gas täglich nach Westeuropa pumpt, hätte es am liebsten, dass die EU ganz auf Lieferungen aus Russland verzichtet. Auch die Gasleitung Jamal-Europa ist stillgelegt, weil Polen sich weigerte, das Gas - wie von Putin gefordert - in Rubel zu bezahlen.

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Schuld an den Problemen sollen aus russischer Sicht stets die anderen sein. Erinnert wird in Moskau aber angesichts der Energiekrise nicht zuletzt daran, dass es eine einfache Lösung für die Lage gebe: Nord Stream 2. Die Gasleitung ist fertig, aber wegen des Ukraine-Krieges nie in Betrieb gegangen. Putin hatte erklärt, dass durch Lieferungen über diese Leitung die Preise wieder sinken und sich die Situation insgesamt entspannen könnte.

Das Gas für die neue Raffinerie in Rostock soll aus der Nordsee stammen – gefördert zum Beispiel von der Gas-Plattform Sleipner A 150 Kilometer westlich von Stavanger. Sie gehört dem Equinor-Konzern.

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Russland selbst - da sind sich viele Experten einig - hat kein Interesse, als die Seite dazustehen, die Verträge bricht. Andere Großabnehmer wie China oder die Türkei, die ebenfalls über neu gebaute Gasleitungen versorgt werden, könnten alarmiert werden und an Russlands Zuverlässigkeit zweifeln, wenn die Energiegroßmacht Europa den Hahn abdreht. Russland steht seit langem im Ruf, seine Energie als „geopolitische Waffe“ einzusetzen.

RND/dpa

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