Geständnis des Audi-Chefs: „Teflon-Stadler“ ist zurück
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Rupert Stadler, ehemaliger Vorstandsvorsitzender des deutschen Automobilherstellers Audi, nimmt an seinem Prozess vor dem Landgericht teil.
© Quelle: Matthias Schrader/AP-Pool/dpa
München. Seit September 2020 wird am Landgericht München um die Aufarbeitung des VW-Dieselskandals gerungen. 32 Monate lang hat sich der ehemalige Audi-Chef Rupert Stadler als prominentester Angeklagter unschuldig gegeben. Das gesamte Verfahren schleppt sich sogar schon fünf Jahre hin. Vier Monate musste der 60-Jährige in Untersuchungshaft verbringen, vor allem auch, weil befürchtet wurde, er könnte Ermittlungen behindern und potenzielle Zeuginnen und Zeugen beeinflussen.
In all diesen Jahren hat der frühere Audi-Chef, der intern oft Teflon-Stadler tituliert wurde, weil alles an ihm abzuperlen pflegte, eisern beteuert, von kriminellen Audi-Technikern hinters Licht geführt worden zu sein und nichts von einer Betrugssoftware gewusst zu haben. Nun hat er das Gegenteil gestanden. Er hat gestanden, jahrelang gelogen zu haben.
Ex-Audi-Chef Stadler legt Geständnis ab: Hätte „mehr an Sorgfalt“ gebraucht
Stadler hat im Betrugsprozess um manipulierte Abgaswerte bei Dieselautos ein Geständnis abgelegt und kann damit auf eine Bewährungsstrafe hoffen.
© Quelle: dpa
Von Herzen und aus Reue heraus kam dieses Geständnis offenkundig nicht. Es war rein taktischer Natur. Ohne Geständnis hätte Stadler Gefängnis ohne Bewährung gedroht. Das hat Richter Stefan Weickert klargemacht. Vor diese Wahl gestellt, hat der Ex-Manager zähneknirschend gestanden.
Es ist klar, dass das öffentliche Bekenntnis, jahrelang gelogen und betrogen zu haben, einem einstmals Mächtigen schwer über die Lippen geht. Stadler hat es nicht einmal versucht. Er hat seine Anwältin sprechen lassen. Das war insofern konsequent, als es erkennbar das Verteidigerteam war, das das Geständnis formuliert hat.
Dessen juristischer Fachjargon war darauf ausgelegt, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Erstens musste das Geständnis als solches sowohl vom Gericht als auch von der Staatsanwaltschaft anerkannt werden. Aber zweitens durfte es nicht so formuliert sein, dass es Tür und Tor für Schadensersatzklagen ermöglicht. Immerhin hat der frühere Audi-Chef gestanden, dass unter seiner Führung ab Mitte Juli 2016 gut 400.000 Dieselfahrzeuge mit Betrugssoftware verkauft wurden und er das nicht unterbunden hat.
Geständnis oder Gefängnis
Daraus könnten ihm Zivilklägerinnen und -kläger theoretisch einen Strick drehen, wäre das Geständnis nicht praktisch so formuliert worden, wie es dann verlesen wurde. Nichts wirklich gewusst, aber billigend in Kauf genommen und für möglich gehalten hat Stadler den Betrug. Genauer hinschauen hätte er müssen, räumt der Ex-Boss von Audi ein. Leider habe er sich aber auf seine Fachleute in den Technikabteilungen verlassen.
Da war er wieder, der Teflon-Stadler. In ein paar Wochen wird er aller Voraussicht nach als verurteilter Straftäter gelten. Aber ins Gefängnis muss der 60-Jährige nicht. Finanziell geht es für seine Verhältnisse auch glimpflich ab. Die Volksseele, speziell in ihrer Form als betrogene Dieselautokäuferinnen und -käufer, dürfte das vielfach als ungerecht empfinden. Aber wahr ist auch, dass es ohne den vom Gericht angebotenen Deal „Geständnis oder Gefängnis“ Ersteres nicht gegeben hätte. Das milde Urteil war sozusagen der Preis für das historische Geständnis Stadlers.
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Der wirkt hoch. Aber das Urteil im Münchner Audi-Prozess ist nur eine Etappe auf dem Weg der juristischen Aufarbeitung des VW-Dieselskandals. Andernorts wird noch straf- und zivilrechtlich gestritten oder die Prozesse haben noch nicht einmal begonnen. Für diese Verfahren könnte es noch entscheidend sein, dass ein ehemaliger Audi-Vorstandschef gestanden hat, ab Mitte Juli 2016 mindestens geahnt zu haben, dass Autos mit Betrugssoftware verkauft werden. Dann wäre der Preis für Stadlers Geständnis leichter zu schlucken.