Exportstopp für Palmöl beunruhigt deutsche Lebensmittelhersteller
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Palmöl steckt vorwiegend in stark verarbeiteten Lebensmitteln wie Schokocremes.
© Quelle: Daniel Karmann/dpa
Berlin. Droht jetzt der nächste Preisschub bei Sprit und Lebensmitteln? Mit dem angekündigten Exportstopp von Palmöl hat Indonesien die internationalen Märkte für Agrarrohstoffe in Aufregung versetzt. Indonesien ist der größte Lieferant dieses Öls für den Weltmarkt. Palmöl wird als Beimischung für Kraftstoffe verwendet, spielt aber auch in der Lebensmittelindustrie eine große Rolle. Kekshersteller wie Bahlsen können auf Palmöl nicht verzichten. Die Süßwarenindustrie ist ohnehin einer der Hauptabnehmer. Für die beliebte Schokocreme Nutella beispielsweise stellt Palmöl die zweitwichtigste Zutat dar – nach Zucker.
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Indonesiens harter Schritt hat vor allem innenpolitische Ursachen. In dem südostasiatischen Inselstaat mit seiner 270 Millionen Menschen zählenden Bevölkerung ist Palmöl ein wichtiges Grundnahrungsmittel, das vor allem zum Frittieren und Braten gebraucht wird. Angesichts steigender Lebensmittelpreise wächst die Unzufriedenheit im Land. Das löste zuletzt Proteste in der Bevölkerung aus, und Staatschef Joko Widodo fürchtet nun Unruhen.
Verschärfend kommt hinzu, dass am Wochenende der Fastenmonat Ramadan endet, was Musliminnen und Muslime weltweit traditionell mit üppigen Mahlzeiten feiern. Das Fastenbrechen gilt als zweithöchster Feiertag des Islams – und in Indonesien leben 240 Millionen Musliminnen und Muslime, die dann preiswertes Bratfett brauchen. In Indonesien mehren sich die Stimmen, die einen Exportstopp für übertrieben halten. Ein Gegenvorschlag lautet, stattdessen eine Quote für eine Palmölmenge festzulegen, die für die heimische Bevölkerung bestimmt sei und nicht exportiert werden dürfe.
Doch nun soll erst einmal der Exportstopp von diesem Donnerstag an die Versorgungslage im Land bei gleichzeitig niedrigeren Preisen sicherstellen. Für die Menschen in Indonesien ist das erst einmal eine gute Nachricht – für den Weltmarkt indes ein Schock. Durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine ist der globale Agrarhandel ohnehin gewaltig durcheinandergeraten. Gerade auf dem Markt für Pflanzenöle herrscht Aufruhr, seitdem klar ist, dass mit der Ukraine einer der Hauptexporteure von Sonnenblumenöl auf unbestimmte Zeit ausfällt. Und nun das nächste Öl. Entsprechend stark schnellten die Weltmarktpreise für Palmöl an den Terminbörsen nach Widodos Ankündigung in die Höhe.
Es gibt aber auch besonnene Stimmen. Nutella beispielsweise scheint vorerst nicht in Gefahr zu sein. „Indonesien ist zwar weltweit ein wichtiges Herkunftsland, aber Ferrero bezieht derzeit mehr als zwei Drittel seines Palmöls aus Malaysia“, teilte ein Sprecher des Unternehmens gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) mit. „Wir beobachten die Entwicklungen sehr aufmerksam, zum jetzigen Zeitpunkt ist es allerdings zu früh, eine abschließende Einschätzung zu den Folgen abzugeben.“ Auch die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) verfällt nicht in Panik, man spricht dort von einer „dynamischen“ Lage. Wahrscheinlich ist das ein anderes Wort für unvorhersehbar.
Kein Engpass hierzulande, aber steigende Preise
„Zusätzlich zur Knappheit von Sonnenblumenöl ist der indonesische Exportstopp von Palmöl eine weitere Herausforderung für die Unternehmen“, räumt BVE-Hauptgeschäftsführer Christoph Minhoff ein. Aber: „Viele Unternehmen haben diversifizierte Lieferbeziehungen, um eventuelle Ausfälle kompensieren zu können“, erläutert er. „Indonesien ist der wichtigste Exporteur für Palmöl, aber es ist nicht der einzige Liefermarkt.“ Noch gebe es zu wenig Informationen über den bevorstehenden Exportstopp. „Inwieweit der die einzelnen Unternehmen in Deutschland trifft, können wir momentan nicht abschätzen“, sagt Minhoff. „Allerdings ist die Situation auf dem Markt insgesamt schwierig.“
Für ein wenig Entspannung sorgte gestern die Nachricht, dass Indonesien offenbar keinen kompletten Exportstopp plant. Nur bereits verarbeitetes Palmöl, das sogenannte Palmolein, solle künftig im Land bleiben. Das treffe dann wohl vor allem Länder wie Indien, das viel davon einführt, hieß es in hiesigen Branchenkreisen. Für die deutsche Lebensmittelindustrie wird hingegen rohes Palmöl gebraucht. Das soll nach jüngsten Informationen nicht vom Exportstopp betroffen sein. Das rohe Öl werde erst hier weiterverarbeitet, um in diesem Prozess hiesige Lebensmittel-, aber auch soziale Standards zu gewährleisten. Auch wenn also hierzulande nicht unbedingt ein Engpass beim Palmöl zu befürchten ist, so erwarten Marktbeobachter dennoch, dass die Knappheit in anderen Teilen der Welt dann auch bei uns zu steigenden Preisen führen kann.