Italiens Regierungskrise hat gerade noch gefehlt
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Mario Draghi will gehen. Aber Staatspräsident Sergio Mattarella lässt ihn nicht.
© Quelle: IMAGO/ZUMA Wire
Am Donnerstag ist es so weit. Der Tag ist vorher schon mal für die Geschichtsbücher festgelegt worden, damit es nicht zu viel Aufregung gibt: Der EZB-Rat wird erstmals seit 2011 die Leitzinsen erhöhen. Vorgesehen sind 0,25 Prozentpunkte – man spricht auch von 25 Basispunkten.
Angesichts der hartnäckig hohen Inflation und eines schwindsüchtigen Euro-Werts würde man sich durchaus mehr wünschen. Aber es gibt noch einen anderen Kalendereintrag am Donnerstag: Es ist auch der Tag, an dem die Wartungspause der Nord-Stream-Pipeline enden müsste. Bleiben russische Gaslieferungen auch danach aus, würde sich die EZB wohl hüten, die Wirtschaft mit einer stärkeren Zinserhöhung noch mehr zu bremsen.
Und dann ist da noch ein wohlvertrautes Ereignis, das jetzt gerade noch gefehlt hat: eine Regierungskrise in Italien. Wenn die EZB das Geld ein wenig verknappen will, sollte der Krisenstaat in einigermaßen robuster Verfassung sein. Sonst kann die Schuldenaufnahme schnell unbezahlbar werden. Als Regierungschef Mario Draghi seinen vom Staatspräsidenten nicht abgelehnten Rückzug ankündigte, sprang die Rendite italienischer Staatsanleihen auf 3,5 Prozent, am Freitag fiel sie nur leicht auf 3,3 Prozent. Auch das sind noch über 2 Prozentpunkte Unterschied zur Bundesanleihe und damit etwas zu viel.
Wird diese Spanne zu groß, nennen das die Notenbanker eine „Fragmentierung“ der Euro-Zone. Achten Sie mal drauf: Das wird man in den nächsten Tagen öfter hören. Es meint ein Auseinanderdriften der Finanzierungsbedingungen – manche Länder müssen deutlich mehr für ihre Schulden zahlen, andere kommen einigermaßen günstig weg. Es ist das Schreckgespenst der Währungsunion, und alles, was dem entgegenwirkt, heißt „Defragmentierung“.
So wird es am Donnerstag wohl gar nicht mehr so sehr um die Zinswende gehen, sondern vor allem um die Frage, wie man sie für Italien und andere Großschuldner erträglich gestaltet. Stellen wir uns schon mal auf fein ziselierte Eingriffe am Anleihenmarkt und ein neues Interventionsprogramm mit einem neuen Namen ein. Auch so etwas, was gerade noch gefehlt hat.
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