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Deutsches Lebensmittel-Start-up

Kakaofreie Schokolade: Wie ein Geschwisterduo den Markt aufmischen will

Schokolade hat bislang als Rohstoff Kakao benötigt.

Schokolade hat bislang als Rohstoff Kakao benötigt.

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München. Man könnte sagen, dass Sara und Maximilian Marquart den Zeitgeist getroffen haben. „Wir betreten erstmals den Massenmarkt“, freut sich Maximilian Marquart. Zwei Jahre nach Gründung des geschwisterlichen Jungunternehmens Planet A Foods ist das auch für ein Start-up eine rasante Entwicklung. Weil Kakao eine schlechte Klimabilanz hat, haben Sara Marquart als Lebensmittelchemikerin und ihr Bruder Maximilian als Materialwissenschaftler eine Alternative mit besserem ökologischen Fußabdruck erdacht. Sie basiert auf regionalem Hafer und Sonnenblumenkernen. Daraus hergestellte kakaofreie Schokolade kommt ab sofort in die Regale des heimischen Lebensmittelhandels. Verarbeitet wird sie in ersten Müslis der norddeutschen Traditionsfirma Kölln. Vorerst exklusiv verkauft wird über Rewe-Märkte.

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Danach soll es Schlag auf Schlag gehen. Im Oktober können Süßmäuler dann kakaofreie Keksprodukte mit Schokoladenglasur des rheinland-pfälzischen Keksriesen Griesson de Beukelaer (Prinzenrolle) kaufen. „Bis Mai nächsten Jahres wollen wir eine zweistellige Anzahl von Produkten im Markt haben“, verkündet Maximilian mit einigem Stolz in der Stimme.

Schokolade wird in Rewe-Märkten verkauft

„Wir wollen es Menschen mit unseren Produkten leichter machen, sich ressourcenschonend und klimafreundlich zu ernähren“, sagt Kölln-Chef Manfred Vondran zur Kooperation mit den Marquart-Geschwistern. Gemeinsames Ziel sei es, die Ernährungswende mit regionalen Rohstoffen und pflanzenbasierten Produkten voranzutreiben. Das 1820 gegründete Familienunternehmen Peter Kölln gilt in Deutschland als ein Vorreiter für nachhaltiges Wirtschaften im Lebensmittelbereich.

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Für wen die Marquart-Geschwister neben Kölln und Griesson-de Beukelaer in Deutschland demnächst noch ihre kakaofreie Schokolade produzieren werden, ist noch geheim. Namen weiterer Partner dürfe er noch nicht nennen, sagt Maximilian Marquart. Sie seien aber namhaft. Handelsseitig ist die Kooperation mit Rewe vorerst exklusiv. 2024 werde man nach und nach dann auch über andere Handelskanäle verkaufen.

Heimische Rohstoffe statt Kakao aus den Tropen

Die jeweiligen Produkte würden nicht mehr kosten als mit Kakao hergestellte, versichert Maximilian Marquart. Das sei wichtig. „Konsumenten zahlen kein Premium für Nachhaltigkeit“, weiß der Jungunternehmer. Geschmacklich haben unabhängige Testerinnen und Tester auch keinen Unterschied zu herkömmlich produzierter Schokolade feststellen können. „Der Geschmack und das Aroma von Schokolade stammen aus der Fermentation und Röstung und nicht aus der rohen Kakaobohne selbst“, erklärt Sara Marquart.

Indem Hafer und Sonnenblumenkerne auf ähnliche Weise verarbeitet werden, erhalte ihre kakaofreie Schokolade ein ganz ähnliches Aromaprofil. Mit Thermomix und kleinen Fermentern in der eigenen Küche hat die Lebensmittelchemikerin anfangs experimentiert, bis sie den Dreh heraushatte.

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Schokolade soll noch biozertifiziert werden

Nächstes Jahr soll die kakaofreie Schokolade mit dem Markennamen Choviva auch biozertifiziert sein. Denn auch Hersteller von Biolebensmitteln zeigen großes Interesse. Das ist nicht verwunderlich. Pro Kilogramm herkömmlicher Schokolade werden 19 Kilogramm des Klimakillers Kohlendioxid (CO₂) frei, hat die Universität Oxford errechnet. Denn Kakao wird nur in den Tropen angebaut. Dafür werden oft Urwälder gerodet. Die Herstellung von Choviva verursache bis zu 90 Prozent weniger CO₂ und komme auch mit bis 94 Prozent weniger Wasserverbrauch aus, versichern die Erfinderin und der Erfinder. Dafür sorgen auch kurze Lieferwege für die Rohstoffe Hafer und Sonnenblumenkerne.

Startup Planet A Foods

Deutschland ist für Startups im Bereich Lebensmittel nicht gerade bekannt. Bislang stammen derartige Innovationen vielfach aus den USA. Planet A Foods wurde 2021 noch unter dem Firmennamen Qoa von den Geschwistern Sara und Maximilian Marquart in Planegg bei München gegründet. Vorbild ist das schwedische Lebensmittelstartup Oatly, das sich mit Hafermilch auch in Deutschland einen Namen gemacht hat. Dort wie bei Planet A steht eine Verbesserung der Klimabilanz von Lebensmitteln im Fokus. Bisher hat Schokolade als Rohstoff Kakao benötigt, der nur in den Tropen angebaut wird. Dafür müssen dort wegen steigender Nachfrage immer mehr Urwälder gerodet werden. Die Sozialstandards für Beschäftigte auf Kakaoplantagen sind teils fragwürdig. Bei kakaofreier Schokolade, die heimische Rohstoffe wie Hafer und Sonnenblumenkerne verwendet, ist das anders. Auch an einer nachhaltigen Alternative für Palmöl, das ebenfalls eine schlechte Klimabilanz hat, arbeitet Planet A Foods.


Schon die Nachfrage aus der konventionellen Lebensmittelbranche nach kakaofreier Schokolade ist so groß, dass die Marquart-Geschwister dieses Jahr im tschechischen Pilsen eine erste Produktion im industriellen Maßstab hochgezogen haben. „Wir haben dort eine alte Pralinenfabrik umgebaut und könnten pro Stunde 750 Kilogramm Choviva herstellen“, erzählt Sara Marquart. Lange reichen diese Kapazitäten aber wohl nicht aus, wenn alle Pläne aufgehen. Denn nicht nur heimische, sondern auch Süßwarenhersteller aus Großbritannien sowie den USA zeigen großes Interesse an der Lebensmittelinnovation aus Deutschland, freuen sich die Geschwister. Auf den britischen Inseln werde Choviva wohl nächstes Jahr starten. Für die USA gibt es noch kein Datum.

Weil die Produktionskapazitäten schon jetzt absehbar ihre Grenzen erreichen und neue Maschinen zur Herstellung der kakaofreien Schokolade nicht rasch lieferbar sind, suchen die Marquarts nun auch nach Lohnfertigern. „Wir wollen Schokolade in eine neue Zukunft führen“, sagt sie zuversichtlich.

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