An der Börse suchen jetzt die Zocker ihre Chance
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Auch die Routiniers erleben dieser Tage ihre Überraschungen.
© Quelle: Michael Nagle/XinHua/dpa
Manchmal reichen vier Minuten. Dann erledigt die Börse auf die Schnelle, wofür sie sonst die ganze Woche braucht. Nehmen wir nur mal Freitag, 12.23 bis 12.27 Uhr. Da sprang der ehrwürdige Dax von 13.559 auf 13.899 Punkte. In vier Minuten 2,5 Prozent – man wäre froh, wenn die Rendite des ganzen Jahres so aussähe.
Ein Satz von Putin genügt
Wer den Grund für die plötzlich senkrechte Dax-Kurve suchte, fand eine Meldung der russischen Nachrichtenagentur Interfax: Wladimir Putin sehe „positive Veränderungen“ in den Verhandlungen mit der Ukraine, hieß es da. Nun ist es schon eine Gewissensfrage, ob man Putins Vorstellung von „positiv“ in diesem Fall teilt.
Aber egal, hier geht es um die Börse, und die ist sprungbereit bei jeder Nachricht, die den ungehinderten Fluss von Öl und Gas verheißt. Gleichzeitig wissen alle, dass der einzige Auslöser eines echten Aufwärtstrends im Moment eine Friedensnachricht wäre. Es geht also aus vielen guten Gründen auch wieder abwärts, und von mehr als einer sogenannten Bärenrallye mag niemand sprechen. Es sind Ausbruchsversuche in einem insgesamt angeschlagenen Markt.
Wilde Berg-und-Tal-Fahrten
So zeigten die Kurse in dieser Woche wilde Berg-und-Tal-Fahrten. Auf einen verschreckten Montag folgten ein unauffälliger Dienstag, ein spektakulär guter Börsenmittwoch, ein schwächlicher Donnerstag und schließlich wieder ein Sprung am Freitag. Die Zeit der Zehntelprozentveränderungen ist vorbei, es geht jetzt gern in die Vollen – in beiden Richtungen.
Der Mittwoch setzte Maßstäbe
Am Mittwoch gab es sage und schreibe 1000 Punkte – oder 8 Prozent – Dax-Gewinn. Solche Sprünge erklären sich nicht unbedingt aus besinnungsloser Euphorie, sondern oft aus fehlgeschlagenen Wetten: Leerverkäufer, die auf Verluste gesetzt haben, müssen schnell Papiere kaufen, wenn der Markt wider Erwarten nach oben dreht. Das kann aus einem normalen Anstieg einen spektakulären Sprung machen.
Es ist zweifellos die Stunde der Zocker und des technischen Handels am Aktienmarkt. Mit tiefschürfenden Analysen kommt man im Moment nicht weit. Schon gar nicht in vier Minuten.
Stefan Winter ist leitender Wirtschaftsredakteur des RND. Er schreibt an dieser Stelle wöchentlich über Börse, Finanzmarkt, Aufstieg und Fall der Kurse – und die Unternehmen dahinter.