Microsoft greift nach dem Chatbot, der Lehrer und Profs nervös macht
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Microsoft denkt offenbar über eine Beteiligung an ChatGPT nach.
© Quelle: picture alliance / NurPhoto
Frrankfurt am Main. Sam Altman ist der neue Superstar der Hightechszene. Er ist der Chef des Softwareunternehmens OpenAI, das die Anwendung ChatGPT entwickelt hat. Und die sorgt für immense Aufregung im Internet und auf vielen anderen Kanälen. Microsoft-Chef Satya Nadella jedenfalls hat großes Interesse an der Software, die unter anderem menschliche Kommunikation imitieren kann. 10 Milliarden Dollar oder vielleicht noch einiges mehr will er offenbar investieren, um ChatGPT unter seine Fittiche zu kriegen.
Die Experten von OpenAI haben ChatGPT mit künstlicher Intelligenz (KI) ausgestattet. Deshalb kann ein Nutzer aus Fleisch und Blut Fragen oder Anforderungen eingeben, und als Antwort kommen Texte in der Regel in gut verständlicher Sprache. Zudem kann dieser sogenannte Chatbot unter anderem Programmiersprachen verstehen und Programmcodes ergänzen und korrigieren. Ende November wurde ChatGPT über das Internet zugänglich gemacht. In der ersten Woche meldeten sich mehr als eine Million Nutzer an. Mutmaßlich wegen der automatischen Textproduktion.
Vor allem an Universitäten wird die KI-Anwendung nun intensiv getestet. Wissenschaftler der University of Chicago und der Northwestern University haben gerade das erstaunliche Ergebnis eines Tests veröffentlicht: Sie ließen von ChatGPT gefälschte Zusammenfassungen von Aufsätzen über medizinische Themen erstellen. Leuten vom Fach wurden echte und die falschen Texte vorgelegt. Das Ergebnis: Ein Drittel der GPT-Fakes war so gut, dass sogar die Experten sie nicht erkennen konnten.
Eierlegende Elefanten
Oder: Die Schweizer Datenwissenschaftlerin Teresa Kubacka hat ChatGPT mit dem Thema ihrer eigenen Doktorarbeit gefüttert und erhielt zahlreiche einleuchtend klingende Erläuterungen. Doch bei etwas genauerem Hinsehen erwiesen sich die Informationen als blanker Unsinn, weil frei erfunden.
Es gibt aus dem Bildungswesen erste Reaktionen. Die Schulbehörde von New York hat den Schülern verboten, die Software von OpenAI zu nutzen. Die Wirtschaftsinformatikerin Doris Weßels von der Fachhochschule Kiel ist davon überzeugt, dass mit dem Chatbot das Ende von Referaten und Hausarbeiten, wie jeder, der studiert hat, sie kennt, nun gekommen ist. Und es kursieren ernste Befürchtungen, dass soziale Medien demnächst mit wohlklingenden Falschinformationen, die die künstliche Intelligenz erzeugt, geflutet werden könnten. Ein Bonmot macht die Runde: Zu den erstaunlichsten Behauptungen des OpenAI-Programms gehöre, dass ein Elefant das größte eierlegende Säugetier sei.
Viele andere ChatGPT-Texte wirken plausibel, weil das Programm mit „echten Texten“ aus Onlineforen, sozialen Medien, von Nachrichtenplattformen oder aus Büchern trainiert wird. Die Software imitiert einfach nur diese Vorbilder.
Für Microsoft-Chef Nadella indes dürfte das Fälschen von Referaten nicht so wichtig sein. Experten sind sich einig, dass er die Algorithmen vielmehr in die existierenden Produkte seines Konzern integrieren und diese damit auf ein neues Niveau hieven will. Bei Office-Anwendungen wie dem Textverarbeitungsprogramm Word wäre es beispielsweise möglich, zumindest einen Teil der Schreibarbeit zu automatisieren, was bei Gebrauchstexten, die im alltäglichen Geschäftsverkehr verfasst werden, gut funktionieren dürfte.
Neue Chancen für die Suchmaschine Bing
ChatGPT könne die Produktivität auch verbessern, „indem es beispielsweise einem Linkedin-Nutzer den besten Vertriebskontakt empfiehlt“, so Anurag Rana vom Finanzdienst Bloomberg. Microsofts Suchmaschine Bing könne ebenfalls profitieren. Bislang ist sie ein Mauerblümchen im Schatten von Google. Der Marktführer listet bei Suchanfragen lediglich eine Reihe von Internetlinks auf. Bing könnte mittels des Chatbots detaillierte Erklärungen in vollständigen Sätzen liefern, und der Nutzer könnte mit immer neuen Fragen so lange nachbohren, bis er verstanden hat, worum es geht.
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Ob und wie der Deal über die Bühne gehen wird, ist derzeit unklar. Als erstes Medium hatte die US-Nachrichtenplattform Semafor darüber berichtet. Microsoft hat sich bislang nicht geäußert. Die 10-Milliarden-Dollar-Transaktion wäre einer der größten Deals des Unternehmens seit vielen Jahren. Der Softwareriese zählt bereits zu den Unterstützern von OpenAI, hat 2019 schon eine Milliarde Dollar bereitgestellt. Der andere wichtige Akteur in der KI-Firma ist der Tesla- und Twitter-Chef Elon Musk. Aber auch der berühmt-berüchtigte Investor Peter Thiel ist mit von der Partie.
Laut Semafor sollen die 10 Milliarden Dollar in kleinen Tranchen bereitgestellt werden, als Gegenleistung soll Microsoft an Gewinnen von OpenAI beteiligt werden – die Firma verdient Geld mit Lizenzen für seine Software. Microsoft würde letztlich einen Anteil von 49 Prozent halten, genauso viel soll dann anderen Investoren gehören, die restlichen 2 Prozent seien für die gemeinnützige Mutter des Unternehmens bestimmt. Auch das „Wall Street Journal“ hat kürzlich über Verhandlungen über einen Verkauf von OpenAI-Anteilen berichtet. Nach Angaben des Blatts wird die Softwarefirma insgesamt mit 29 Milliarden Dollar bewertet. Bei einer Komplettübernahme müsste Microsoft also noch einiges drauflegen. Altman twitterte kürzlich: „Man soll seine Lebenskraft in etwas stecken, und es soll nicht immer einfach sein.“