Mieten steigen wieder schneller: „Die Ampelkoalition muss endlich handeln“
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Die Mieten sind in den letzten Jahren gestiegen.
© Quelle: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa
Nachdem sich der Anstieg der Wohnungsmieten in Deutschland wieder beschleunigt hat, wird die Kritik an der Bundesregierung schärfer: „Bei der Arbeitsverweigerung der Bundesregierung ist es keine Überraschung, dass die Mieten weiter steigen“, sagte die Bundesvorsitzende der Linkspartei, Janine Wissler, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Die Ampelkoalition muss endlich handeln“, erklärte auch Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten.
Zuvor hatte am Montag das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) berichtet, dass die Mieten im dritten Quartal im Bundesdurchschnitt um 5,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen seien. Damit fiel das Plus größer aus als im Mittel der Vergleichszeiträume in den Vorjahren, auch lag der Zuwachs in allen Bundesländern über dem mittelfristigen Trend. „Es zeigt sich, dass die Dynamik zunimmt“, sagte IW-Immobilienexperte Michael Voigtländer der DPA.
Mietenanstieg: Druck auf Wohnungsmarkt beschleunigt sich
Der Anstieg der Wohnungsmieten in Deutschland hat sich nach einer Phase mit relativ moderaten Zuwächsen wieder beschleunigt.
© Quelle: dpa
Demnach stiegen die ausgewerteten 1,5 Millionen Angebotsmieten am wenigsten stark in Baden-Württemberg, Sachsen und Hessen mit gut 4 Prozent. Am kräftigsten kletterten sie im Saarland (plus 7,9 Prozent), in Brandenburg (9,1 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (10,3 Prozent). Auffällig hoch war die Steigerung außerdem in Düsseldorf (5,9 Prozent), Leipzig (7,8 Prozent) und Berlin (8,3 Prozent). „In den sehr teuren Städten fallen die Zuwächse – wahrscheinlich aufgrund fehlender Zahlungsfähigkeit – geringer aus“, sagte Voigtländer weiter.
Wohnungsmarkt unter großem Druck
Fachleute sind sich über die Ursachen weitgehend einig: Insbesondere günstiger Wohnraum ist in Deutschland in vielen Regionen seit Jahren knapp, aufgrund gestiegener Kreditzinsen und hoher Baupreise erfüllen sich gleichzeitig weniger Menschen den Traum vom Eigenheim. Viele würden deshalb nun auf den Mietmarkt ausweichen, hieß es jüngst in einer Studie der Landesbank Helaba. Der Zuzug zahlreicher Flüchtlinge aus der Ukraine sorge für weiteren Druck auf dem Wohnungsmarkt, schrieb zudem unlängst die DZ Bank.
Wissler sprach sich dafür aus, staatlicherseits für zusätzlichen Wohnraum zu sorgen: „Wir fordern ein Bundesprogramm, das 10 Milliarden jährlich über 10 Jahre für sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau bereitstellt.“ Dem in Berlin diskutierten Volksbegehren „Deutsche Wohnen und Co.. enteignen“ attestierte Wissler Potenzial, bundesweit Schule zu machen: „Die Enteignung von Immobilienhaien, die in großem Stil Profite zu Lasten von Mieterinnen und Mietern machen, halten wir für einen guten Weg, wieder mehr öffentliche Kontrolle über die Entwicklung im Wohnungsmarkt zu bekommen.“
Stärkung der Gemeinnützung könnte helfen
Auch sollten Städte mit angespanntem Wohnungsmarkt eine gesetzliche Grundlage für Mietendeckel bekommen und Fördergelder für den Wohnungsbau vor allem an öffentliche und gemeinnütze Träger gehen, so Wissler. „Wir brauchen eine andere Anbieterstruktur, weg von allein renditegetriebenem Wohnungsbau hin zu einem breiten gemeinnützigen Wohnungssektor mit bezahlbarem Wohnraum und dauerhaften Bindungen“, forderte auch Siebenkotten.
Dessen Mieterbund hatte kürzlich ein Konzept für eine Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit vorgestellt: Kommunale und kirchliche Wohnungsunternehmen, Genossenschaften und Stiftungen würden dabei von steuerlichen Vorteilen profitieren, zugleich wären Gewinne beschränkt. Eine ähnliche Regelung hatte Deutschland bis in die 1990er Jahre. „Würden sich Anbieter von Wohnraum einem solchen Konzept verpflichtet fühlen, wäre der Anfang gemacht, die derzeitige Mietenkrise zu bewältigen“, meint nun Siebenkotten.
Siebenkotten für schärferes Mietrecht
Wie die Verbände der Bau- und Immobilienwirtschaft glaubt auch er nicht, dass die Bundesregierung kurzfristig das selbstgesteckte Ziel von 400.000 neugebauten Wohnungen pro Jahr erfüllen kann. Nicht zuletzt wegen gestiegener Preise am Bau rechnet das deutsche Baugewerbe damit, 2023 gerade einmal 245.000 Wohnungen fertigzustellen. Bei denen sei nicht garantiert, dass sie auch für die Mehrheit der Bevölkerung bezahlbar seien, warnte Siebenkotten.
Kurzfristige Abhilfe könnten vor allem Mietrechtsverschärfungen schaffen, die „unverantwortliche Blockade“ gegen diese müsse Justizminister Marco Buschmann (FDP) aufgeben: „Nur mit einer funktionierenden Mietpreisbremse, der Ahndung von Wuchermieten und dem Verbot des Neuabschlusses von Indexmieten kann der ungezügelte Anstieg der Angebotsmieten und damit auch die Mietenspirale im Bestand verringert werden“, sagte Siebenkotten.