Gute Idee oder rechtswidrig? Hamburg startet das 2-G-Modell für Restaurants und Hotels
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Gäste eines Restaurants in Hamburg warten zwischen Plexiglas-Trennscheiben auf ihre Bestellung.
© Quelle: Axel Heimken/dpa
Hamburg startet am Sonnabend als erstes Bundesland das sogenannte 2-G-Optionsmodell. Demnach dürfen sich Restaurants, Kneipen, Hotels, aber auch Kinos, Theater und Sportvereine ab dem Wochenende entscheiden, ob sie nur noch Geimpfte und Genesene (2 G) einlassen und dafür weitgehend von Corona-Beschränkungen befreit werden.
So sollen zum Beispiel die Abstandsregeln und in Restaurants auch die Kapazitätsgrenzen wegfallen, stattdessen gilt wieder eine freie Tisch- und Sitzplatzanordnung. Für die Clubbetreiber und Kneipiers vor allem in den Partyvierteln wie auf dem Kiez in St. Pauli und im Schanzenviertel besonders wichtig dürfte zudem die Aufhebung der Sperrstunde von 23 bis 6 Uhr sein. Die Maskenpflicht in Innenräumen bleibt aber weiterhin bestehen. Alle Regeln des 2G-Optionsmodells hat Hamburg hier aufgelistet.
Kinder und Jugendliche von Regelung ausgenommen
Voraussetzung ist, dass die Betriebe sich online anmelden und dann bei den Gästen den Impf- oder Genesenennachweis und Personaldokumente kontrollieren.
Kinder und Jugendliche bis einschließlich 17 Jahren können laut Hamburger Senat vorerst ungeimpft 2-G-Betriebe besuchen, weil sie sich noch nicht lange impfen lassen können. Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher kündigte aber an, dass diese Möglichkeit für die 12- bis 17-Jährigen in voraussichtlich sechs Wochen wegfallen werde.
Wer sich gegen das 2-G-Modell entscheidet, kann weiterhin auch Getestete (3 G) einlassen, die Betriebe müssen sich dann aber weiter an strenge Corona-Auflagen halten.
Ulrike von Albedyll, Landesgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) in Hamburg, spricht von einer Chance für die Hamburger Gastronomie und Hotellerie. „Es ist begrüßenswert, dass dieser Schritt in Richtung Normalität nun gegangen wird”, sagt sie. Auch der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach spricht sich gegenüber dem RND klar für das 2-G-Modell aus.
Wegfall der Abstandsregeln „große Erleichterung“
Wie viele Hamburger Restaurants, Kneipen und Hotels die 2-G-Option nutzen werden, müsse abgewartet werden, so Albedyll. „Ich könnte mir vorstellen, dass es vor allem für Betriebe mit einer eher älteren, schon geimpften Klientel eine große Erleichterung wäre, wenn die Abstandsregelungen in den Innenräumen wegfallen würden.“ Denn gerade jetzt, wo das Wetter wieder schlechter werde, könnten Gastronomen dann wesentlich mehr Gäste bewirten.
„Dagegen werden Betriebe mit einer eher jüngeren Klientel, die vielleicht noch nicht durchgeimpft ist, wahrscheinlich eher weiter das 3-G-Modell fahren“, schätzt die Dehoga-Landeschefin.
Hausrecht erlaubt 2-G schon jetzt überall
Schon jetzt dürfen Unternehmer im Rahmen ihres Hausrechts nur Geimpften und Genesenen Zutritt gewähren. In der Praxis machen das aber die wenigsten, weil die Corona-Beschränkungen die gleichen bleiben. Das ändert Hamburg nun.
Die Hauptgeschäftsführerin des Dehoga, Ingrid Hartges, ist diesbezüglich zwiegespalten: „Auf der einen Seite ist es konsequent, dass für Restaurants oder Hotels, die nur noch Geimpfte und Genesene einlassen, Reglementierungen wegfallen. Auf der anderen Seite sind damit natürlich eine Vielzahl von Rechtsfragen verbunden, zum Beispiel auch, was das für Mitarbeiter in 2-G-Betrieben bedeutet. Am Ende ist nicht auszuschließen, dass die Gerichte da für Klarheit sorgen werden“, befürchtet sie.
Servicepersonal muss geimpft sein
In Hamburger 2-G-Betrieben müssen künftig alle Mitarbeiter mit Servicekontakt geimpft sein. Zum Impfen zwingen kann sie der Arbeitgeber allerdings nicht. „Das heißt für ungeimpfte Servicekräfte, dass sie eventuell einen anderen Dienst übernehmen müssen“, sagt Albedyll. Mehrere Gastronomen sorgen sich in den sozialen Netzwerken bereits, dass das den Fachkräftemangel in der Branche noch verschärfen könnte.
#HamburgHasstGesunde trendet auf Twitter
Außerdem bemängeln Kritiker, dass bei der 2-G-Regelung Menschen mit chronischen Erkrankungen oder Schwangere, die sich nicht impfen lassen können, vom Restaurantbesuch ausgeschlossen würden. Das sei nicht verfassungskonform. Unter anderem mit diesen Argumenten machen Impfgegner gerade auf dem Kurznachrichtendienst Twitter unter dem Hashtag #HamburgHasstGesunde mobil gegen die Hamburger Neuregelung.
Kinobranche nicht begeistert
Auch die Hamburger Kinos haben künftig die Möglichkeit, nur noch Geimpfte oder Genesene einzulassen und dafür wieder jeden Platz zu besetzen. Der Hauptverband der Deutschen Filmtheater HDF Kino sieht das Hamburger 2-G-Optionsmodell allerdings als Verschärfung der bisherigen Maßnahmen.
Man appelliere an die Politik, die Verantwortung für den Impffortschritt nicht unter anderem an die Kultureinrichtungen abzugeben. „Kein Kinobetreiber möchte auch nur einen Besucher wegschicken müssen, aus welchen Gründen auch immer“, sagt Anke Römer, stellvertretender Vorstand HDF Kino.
Der Geschäftsführer der Zeise-Kinos, Matthias Ellwardt, sagte dem „Hamburg Journal“: „Das Publikum möchte Abstand haben und das möchten wir ihm auch geben. Von daher werden wir weiter 3 G machen.“
Theater wollen frühestens im Oktober umstellen
Einige Theater in Hamburg wie das Schmidt-Theater und die Komödie Winterhuder Fährhaus haben angekündigt, das 2-G-Modell auszuprobieren – allerdings nicht ab sofort, sondern erst im Oktober beziehungsweise November.
Das Thalia-Theater könnte sich ebenfalls frühestens im Oktober einen Umstieg auf 2 G vorstellen. Intendant Joachim Lux sagte dem „Hamburg Journal“, im September ändere sich erst mal nichts, weil die Besuchenden ihre Karte ja bereits auf Basis der derzeitigen Regeln gekauft hätten.
Ob das 2-G-Optionsmodell auch bundesweit für die Theater interessant sei, hänge vom jeweiligen Impfstatus in den Bundesländern ab, sagt der Präsident des Deutschen Bühnenvereins, Carsten Brosda, der gleichzeitig Senator der Hamburger Behörde für Kultur und Medien ist. Außerdem seien die Erfahrungen, die Hamburg nun mit 2 G mache, entscheidend.