Autoindustrie in der Zerreißprobe
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Der VDA fordert mehr Ladestationen für Elektroautos.
© Quelle: dpa
Hannover. Hildegard Müller hält sich nicht gern mit der Vergangenheit auf. Das ist verständlich, denn die Autoindustrie hat mit Gegenwart und Zukunft gerade genug zu tun. Der Spagat zwischen alter und neuer Autowelt, vor allem aber zwischen Anspruch und Wirklichkeit droht einige in der Branche zu zerreißen. Warum es so gekommen ist, mag die VDA-Präsidentin nicht mehr erforschen.
Der Elektroantrieb kommt als Sturzgeburt auf die Welt. Während die Hersteller eilig die Elektrooffensive inszenieren, fehlt es an Batterien, Ladesäulen und Ökostrom. Die Mehrheit der Kunden zaudert, ohne Milliardensubventionen geht gar nichts. Viele Zulieferer kommen in dem hektischen Wandel nicht mit. Und wer in der aktuellen Abgasregulierung noch Geld mit Autos verdienen will, verkauft am besten übergewichtige SUVs mit Plug-in-Hybrid – war das wirklich so gedacht? Selbst diese mühsame Transformation hat in manchen EU-Ländern übrigens nicht einmal begonnen.
Elektromobilität – eine Chance wurde vertan
Müller hat also recht, wenn sie von der Politik endlich funktionierende Rahmenbedingungen für die gewünschten Elektroautos fordert. Aber die Ursachen der Misere sind durchaus einen Blick wert. Zwölf Jahre ist die Gründung der Nationalen Plattform Elektromobilität her.
Doch dort war die Politik mit der Entwicklung einer Transformationsstrategie überfordert, und die verschiedenen Industriebranchen spielten Mikado: Wer sich zuerst bewegt, verliert. Die Chance für einen abgestimmten Umbau der Schlüsselindustrie wurde vertan.
Dann kamen Dieselskandal, Klimademos und eine hyperaktive EU-Kommissionspräsidentin – und plötzlich fällt allen die versäumte Zeit auf. Es hätte nicht so kommen müssen. Diese Erkenntnis hilft der Autoindustrie nicht mehr, aber sie ist ja nicht die einzige Branche in der Transformation. Von schlechten Beispielen lässt sich eine Menge lernen.