Elektromobilität: Automobilverband VDA fordert mehr Geschwindigkeit von Politik

Mitarbeiter im BMW-Werk Leipzig arbeiten in der Montage des i3 (Archivbild).

Mitarbeiter im BMW-Werk Leipzig arbeiten in der Montage des i3 (Archivbild).

Frankfurt/München. Das Tempo auf Deutschlands Straßen meint Hildegard Müller nicht. „Wir brauchen mehr Geschwindigkeit“, sagt die Chefin des Automobilverbands VDA und setzt zum Rundumschlag an die Adresse der Politik an. Ihre Bestandsaufnahme zum elektromobilen Ausbau Deutschlands klingt weitgehend vernichtend. „Die Lücke wird größer und nicht kleiner“, stellt sie mit Blick auf die große Nachfrage nach Stromern und dem damit nicht Schritt haltenden Ausbau von Ladesäulen klar.

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Wenn es im aktuellen Tempo weitergeht, schaffe Deutschland bis 2030 gerade einmal 160.000 Ladepunkte für Elektroautos statt der angepeilten Million. „Die Bundesregierung sollte rasch zu einem Ladegipfel einladen“, sagt Müller und sieht das gesamte Spektrum von Tankstellen über Wohnungswirtschaft bis zur eigenen Industrie inklusive Lkw-Herstellern mit im Boot.

Aus viel mehr Ladesäulen müsse aber auch bezahlbarer Strom kommen, weil sonst die endlich angesprungene Nachfrage nach Elektroautos abgewürgt zu werden droht. Dazu will der VDA Stromsteuern und Abgaben sinken sehen. „Die EEG-Umlage muss so schnell wie möglich fallen“, nennt die Lobbyistin ein Detail, das in der Ampelkoalition schon diskutiert wird.

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Aber auch bei Rohstoffbeschaffung und erneuerbaren Energien fordert sie die Bundesregierung. „National kann der Bedarf an erneuerbaren Energien nicht hergestellt werden“, sagt Müller und denkt dabei auch an grünen Wasserstoff.

Der Bund müsse nun unter Hochdruck internationale Energie- und Rohstoffpartnerschaften schließen, um nicht nur für Autobauer Versorgungssicherheit zu schaffen. „Die Märkte werden aktuell aber ohne uns verteilt“, warnt die VDA-Chefin. China habe seiner Autoindustrie, die immer innovativer und langsam zur ernsthaften Konkurrenz wird, zudem und im Gegensatz zur deutschen Regierung wichtige Rohstoffe gesichert. Aktive Rohstoffaußenpolitik sei nun vonnöten.

Zumindest beim aktuellen Chipmangel habe die Politik auf EU-Ebene die Zeichen der Zeit erkannt, indem sie mit 43 Milliarden Euro die europäische Halbleiterproduktion nun ankurbeln will, lobt der VDA. Kurzfristig kann das bestehende Engpässe aber nicht beseitigen. Der Verband rechnet noch für das ganze laufende Jahr mit Chipmangel. Das hat trotz großer Nachfrage eine echte Erholung der deutschen Schlüsselbranche nach dem Pandemietief verhindert.

VDA erwartet 2,8 Millionen Neuzulassungen

Für 2022 rechnet der VDA mit 7 Prozent mehr auf rund 2,8 Millionen Neuzulassungen hierzulande. An Stromern erwartet man dieses Jahr rund 750.000 Neuzulassungen – ein Zehntel mehr als voriges Jahr. Aber wenn bis 2030 wie geplant 15 Millionen Elektroautos auf deutschen Straßen fahren sollen, müsste ab sofort jedes zweite, neu verkaufte Auto elektrisch sein, rechnet Müller vor. Ihre Industrie, die innerhalb der nächsten fünf Jahre insgesamt 220 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung stecke, sieht sie dabei aktuell nicht in der Bringschuld.

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In der Pflicht sieht der Verband aktuell klar die Politik – und das auch hinsichtlich neuer Förderprämien für private Ladestationen oder verlängerte Kaufzuschüsse für Stromer.

Ein Versagen der eigenen Industrie beim Wandel zur Elektromobilität in der Vergangenheit streitet die Lobbyistin nicht ab. Sie will aber nach vorne blicken und appelliert dazu auch an Autofahrer mit ihrem ungebrochenen Drang zu Geländewagen und anderen großen Modellen. „Der Verbraucher sollte sein Nutzungsverhalten überprüfen“, rät Müller. Vorschreiben wolle sie ihm aber nichts.

Ganz anders argumentieren Umweltschützer: „Mit immer mehr, immer größeren und oft übermotorisierten Fahrzeugen fährt der Klimaschutz an die Wand“, sagte Jens Hilgenberg, Verkehrsexperte der Umweltorganisation BUND, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

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Deshalb brauche es nun ein klares Bekenntnis der Bundesregierung zum Klimaschutz durch Antriebswechsel. Die CO₂-Flottengrenzwerte seien dafür das zentrale Instrument. Die Bundesregierung müsse sich jetzt dafür einsetzen, dass der Vorschlag der EU-Kommission für diese Grenzwerte nachgeschärft werde.

Das bedeute vor allem auch „ein Vorziehen des Ausstiegs aus dem Verbrennungsmotor von 2035 auf 2030“, so Hilgenberg. Er betont: „Die Bundesregierung und Autolobby müssen die Verschärfung der CO₂-Grenzwerte für Pkw als Chance begreifen.“

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Die Kommission plant unter anderem, dass der CO₂-Ausstoß neu zugelassener Autos 2025 um 15 Prozent niedriger als 2021 liegen soll. Der BUND sowie vier weitere Umweltverbände verlangen indes, dass die 15 Prozent schon 2023 und ein Minus von 45 Prozent 2025 erreicht werden müssen. Spätestens dann sollen zudem weitere CO₂-Minderungen im jährlichen Abstand vorgegeben werden.

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