Neue Fristen und Sonderkündigungsrechte: So einfach geht jetzt der Wechsel der Krankenkasse
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Versicherte können ab 2021 einfacher die gesetzliche Krankenkasse wechseln.
© Quelle: Alexander Heinl/dpa-tmn
Die Deutschen müssen seit Jahresanfang bei vielen Krankenkassen mehr Geld für die Zusatzbeiträge zahlen. Laut Check24 haben mehr als 30 der allgemein zugänglichen Kassen ihren Zusatzbeitrag zum 1. Januar 2021 angehoben. Darunter auch die beiden mitgliederstärksten Anbieter Techniker-Krankenkasse und die Barmer.
Zur Erklärung: Der gesetzlich festgeschriebene allgemeine Beitragssatz beträgt 14,6 Prozent. Die Arbeitgeber tragen hiervon die Hälfte, doch dieser Beitragssatz reicht nicht aus, um die Kosten der jeweiligen Krankenkassen zu decken. Diese Finanzierungslücke müssen dann Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gleichen Teilen durch den sogenannten Zusatzbeitrag ausgleichen. Da der Zusatzbeitrag in Prozent berechnet wird, zahlt ein Arbeitnehmer, der mehr verdient auch einen höheren Zusatzbeitrag.
Deutsche sind bei der Krankenkasse wechselfaul
Doch nicht nur der Zusatzbeitrag hat sich bei vielen Krankenkassen erhöht, sondern teils auch der Beitragssatz selbst. Das bedeutet für Angestellte am Ende weniger Geld im Geldbeutel. Trotz der gestiegenen Beiträge für die gesetzlichen Krankenversicherungen scheint die Wechselbereitschaft der Deutschen jedoch gering zu sein.
Laut einer Umfrage im Auftrag von Check24 gaben lediglich 7 Prozent der Befragten an, in letzter Zeit ihre gesetzliche Krankenkasse gewechselt zu haben oder dies in naher Zukunft tun zu wollen. Dabei sind von den insgesamt rund 73 Millionen gesetzlich Versicherten in Deutschland demnach über 48 Millionen von den neuen Mehrkosten betroffen. Denn durch die individuellen Beitragserhöhungen der Krankenkassen steigt 2021 laut dem Vergleichsportal der durchschnittliche Zusatzbeitrag um 0,2 Prozentpunkte auf 1,3 Prozent.
Ein Krankenkassenwechsel lohnt sich oft
Das mag nach nicht viel klingen, dennoch könnte sich ein Wechsel der Krankenkasse lohnen, wie dieser Vergleich aufzeigt: Versicherte, die bisher bei der teuersten allgemein zugänglichen Krankenkasse mit 1,9 Prozent Zusatzbeitrag versichert sind und jetzt zur günstigsten Alternative mit 0,39 Prozent wechseln wollen, sparen am Ende je nach Einkommen mehrere Hundert Euro im Jahr.
War ein Versicherungswechsel in der Vergangenheit eher etwas komplizierter, so ist dieser zum Jahreswechsel deutlich einfacher geworden. Wer seine Krankenkasse wechseln möchte, stellt lediglich einen Beitrittsantrag bei der neuen Krankenkasse. Diese wiederum informiert die bisherige, alte Krankenkasse.
Dieses neue Meldeverfahren zwischen den Krankenkassen ersetzt die Kündigung, die der Versicherte bis vor Kurzem schriftlich bei der bisherigen Kasse aussprach und eine Kündigungsbestätigung für die neue Krankenkasse anfordern musste.
Ein Recht auf Wechsel
Die Gefahr einer Versicherungslücke besteht beim neuen Verfahren weiterhin nicht, da im Unterschied zu einer Privaten Krankenversicherung (PKV) eine gesetzliche Krankenkasse einen Antrag – zum Beispiel aufgrund des Alters, Vorerkrankungen oder laufenden Behandlungen des Versicherten – bei einem zuvor bereits gesetzlich Versicherten nicht ablehnen darf.
Die Krankenkasse kann seit diesem Jahr jeder kündigen und entsprechend wechseln, der mindestens zwölf Monate Mitglied bei seiner alten Krankenkasse war. Seit 2021 gilt die sogenannte verkürzte Bindungsfrist, bisher waren Versicherte 18 Monate an ihre Kasse gebunden.
Kündigungsfrist von zwei Monaten
Die generelle Kündigungsfrist für einen Wechsel beträgt zwei Monate zum Monatsende. Wer also jetzt im Januar einen Antrag bei der neuen Krankenkasse stellt, wird zum 1. April Mitglied in dieser.
Wer dann eine Bestätigung der neuen Krankenkasse mit Angabe des Wechseltermins erhält, sollte anschließend den Arbeitgeber darüber informieren. Dieser erhält eine elektronische Mitgliedsbescheinigung von der neuen Krankenkasse. Wer arbeitslos ist, informiert dagegen die Agentur für Arbeit, Rentner wiederum den Rentenversicherungsträger.
Sonderkündigungsrecht bei Beitragserhöhung
Es gibt zudem ein Sonderkündigungsrecht. Dies tritt ein, wenn die Krankenkasse den Zusatzbeitrag erhöht – so wie es jetzt zum Jahresanfang zuhauf der Fall war. Ein Wechsel ist dann auch innerhalb der zwölfmonatigen Bindefrist möglich.
Eine weitere Sondersituation könnte sich ergeben, wenn der Versicherte den Arbeitgeber wechselt. Bei einem neuen Jobantritt entfällt ebenfalls die Bindungsfrist von zwölf Monaten, der Versicherte kann sofort zur neuen Kasse wechseln. Er sollte lediglich beachten, dass er die neue Krankenkasse innerhalb der ersten 14 Tage ausgewählt hat. Ein sofortiger Krankenkassenwechsel ist zudem grundsätzlich auch zum Beginn einer Ausbildung, dem Beginn oder Ende einer Arbeitslosigkeit sowie beim Übertritt in die Selbständigkeit oder Rente möglich.
Aufpassen bei Kosten für genehmigte Behandlungen
Auf eines sollte beim Krankenkassenwechsel geachtet werden: Von der bisherigen Kasse genehmigte Behandlungen, die noch nicht begonnen wurden, müssen von der neuen Kasse ein weiteres Mal abgesegnet werden. Ohne Zusage von dieser sollte keine Behandlung begonnen werden.
Wurde dagegen die schon genehmigte Behandlung bereits begonnen, dürfte die neue Krankenkasse die Kosten der weiteren Behandlung tragen. Diese sollte aber über den Behandlungsstand sofort nach dem Beitritt informiert werden. Auch werden beispielsweise Hilfsmittel wie ein Rollstuhl in der Regel von der neuen Kasse mit gleichwertigem Material ersetzt – das Gleiche gilt für Medikamente.
Die wichtigen Extraleistungen
Wer über einen Wechsel nachdenkt, sollte sich auch darüber informieren, welche Extraleistungen die neue Kasse für einen persönlich bereitstellt und ob diese zum eigenen gesundheitlichen Status quo passen. Extraleistungen wie erweiterte Vorsorgeangebote oder in Corona-Zeiten Videobehandlungen bieten Krankenkassen zuhauf aber unterschiedliche an.
Das kann beispielsweise im Bereich der Leistungen für den Zahnarzt-Besuch die Kostenübernahme für eine Zahnreinigung sein, oder auch für viele Menschen mit Rückenschmerzen die Kostenübernahme von einem Osteopathen. Wechselwillige sollten daher gut die Angebote vergleichen.
Unter anderem hat Stiftung Warentest zuletzt Beitragssätze und Extraleistungen von 70 Krankenkassen verglichen - ebenso wie das Verbraucher-Ratgeber-Portal Finanztip. Dabei wurden mehr als ein Dutzend überregionaler Krankenkassen anhand von 30 Kriterien wie Service, Familie, Vorsorge und alternative Heilmethoden verglichen. Vier Krankenkassen haben laut den Experten dabei herausgestochen, alle vier unter anderem wegen unterschiedlicher Extraleistungen.