Omikron bedroht Personaluntergrenze in Kliniken – Kassen warnen die Ampelkoalition vor falschen Schlüssen

Eine Mitarbeiterin der Pflege läuft über einen Gang auf einer Corona-Intensivstation (Archivild).

Eine Mitarbeiterin der Pflege läuft über einen Gang auf einer Corona-Intensivstation (Archivild).

Berlin. Die gesetzlichen Krankenkassen haben die Ampelkoalition davor gewarnt, bei einer starken Belastung des Gesundheitswesens durch die Omikron-Variante dem Drängen der Kliniken nach einer Aussetzung der Personaluntergrenzen in der Pflege nachzugeben.

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„Die Untergrenzen sollen nicht nur eine Überlastung des Pflegepersonals verhindern, sondern sie dienen auch dem Schutz der Patientinnen und Patienten vor schlechter Versorgung“, sagte die Chefin des Spitzenverbandes der Kassen, Doris Pfeiffer, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Vor einer Aufhebung könne sie daher nur eindringlich warnen. „Die Untergrenzen können Patientengefährdung verhindern – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Doch mehr Mittel haben wir derzeit nicht“, fügte sie hinzu.

Pfeiffer lehnt Pläne zur Personalbemessung ab

Pfeiffer lehnte zudem die Pläne der Ampelkoalition für eine Personalbemessung in der Krankenpflege ab. Im Koalitionsvertrag sei als jahrelange Übergangslösung ein System geplant, das nur sehr allgemein den Personalbedarf über die Honorierung der Kliniken steuern solle, beklagte sie. „Wie viele Pflegekräfte dann konkret pro Schicht am Bett arbeiten, bleibt jedoch völlig offen. Das wäre in etwa so, als würde man höhere Verkaufspreise für Autos festlegen, um mehr Arbeitsplätze in den Fabriken zu erreichen“, argumentierte sie.

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„Das kann nicht funktionieren, schützt weder Patienten und Patientinnen, noch Personal, zumal die Forderung besteht, dann die Untergrenzen wieder ganz abzuschaffen“, warnte Pfeiffer. „Viele Jahre lang haben die Kliniken auf Kosten des Pflegepersonals gespart. Dazu darf es im Interesse sowohl der Patientinnen und Patienten als auch der Pflegekräfte keinesfalls wieder kommen“, mahnte die oberste Kassen-Chefin.

Spitzenverband warnt vor Defizit in Milliardenhöhe

Die gesetzlichen Krankenkassen warnten außerdem vor Defiziten in zweistelliger Milliardenhöhe und forderten deshalb Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf, die im Koalitionsvertrag vereinbarten Finanzreformen nicht auf die lange Bank zu schieben. „Die gesetzliche Krankenversicherung hat insbesondere durch teure Reformen der vergangenen Jahre ein massives Finanzproblem. Das duldet keinen Aufschub“, sagte Pfeiffer dem RND.

Zwar sei es vordringlich für Minister Lauterbach, sich jetzt um alle Fragen rund um die Bekämpfung der Pandemie zu kümmern. „Aber deshalb dürfen die von den Ampelparteien im Koalitionsvertrag vereinbarten Reformen im Bereich Gesundheit nicht liegen bleiben“, mahnte Pfeiffer. Derzeit sei die Finanzlage nur deshalb stabil, weil die Bundesregierung ihren Steuerzuschuss für 2022 einmalig um 14 auf fast 30 Milliarden Euro verdoppelt habe, betonte Pfeiffer. Für 2023 sei die Finanzierung aber bisher offen.

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„Wird nichts unternommen, müssen die Beiträge Anfang 2023 im Durchschnitt um fast einen Prozentpunkt steigen“, warnte sie. Das wäre bei einem Monatseinkommen von 3500 Euro immerhin eine Mehrbelastung 35 Euro für Versicherte und Arbeitgeber, rechnete Pfeiffer vor. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand in der Politik das möchte“, so die Chefin des Spitzenverbandes.

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Konkret forderte sie, dass der Bund den Kassen ab 2023 in vollem Umfang kostendeckende Beiträge für Hartz-IV-Empfänger zahlt. Es sei „hochproblematisch“, dass im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP nicht von einem vollständigen Ausgleich die Rede sei, sondern nur noch von höheren Beiträgen.

„Es ist schlichtweg nicht die Aufgabe der Beitragszahlenden der gesetzlichen Krankenversicherung, Aufgaben des Staates zu finanzieren“, sagte Pfeiffer. „Wir erwarten von der neuen Bundesregierung, dass der gesetzlichen Krankenversicherung die tatsächlich entstehenden Kosten erstattet werden, also insgesamt 10 Milliarden Euro mehr als bisher“, forderte die Verbandschefin.

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