Wenn Putin zum HIV-Test bittet

Der russische Präsident Wladimir Putin bei einer Pressekonferenz.

Der russische Präsident Wladimir Putin bei einer Pressekonferenz.

Berlin. Wissen Sie, wie viele deutsche Firmen es in Russland gibt? Die genaue Zahl – 3651 – werden die wenigsten im Kopf haben. Die meisten aber dürften ein Gefühl dafür haben, in welche Richtung sie sich entwickelt. Genau: steil nach unten.

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Zwar hat die deutsche Wirtschaft in den ersten drei Quartalen des Jahres 2021 noch über 1,3 Milliarden Euro in Russland investiert, gleichzeitig aber haben 8 Prozent der Unternehmen Putins Reich den Rücken gekehrt. Zum Vergleich: Im Jahr 2011, also vor der Krim-Annexion und dem Krieg im Donbass, waren 6300 deutsche Unternehmen in Russland aktiv.

Es ist beispielloser Aderlass, der noch lange nicht gestoppt ist. Im Gegenteil: Die Deutsch-Russische Außenhandelskammer (AHK) mit Sitz in Moskau warnt vor einer weiteren „massiven Abwanderung“. AHK-Chef Matthias Schepp nennt dafür drei Gründe: die Kriegsangst, drohende neue Sanktionen und vor allem die medizinischen Zwangstests für Topmanager und Ingenieure.

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Ausländer in Russland müssen sich testen lassen

Ausländer in Russland müssen sich seit Dezember regelmäßig auf Drogenkonsum und Infektionskrankheiten wie HIV, Syphillis, Tuberkulose und Covid testen lassen und dazu Blut- sowie Urinproben abgeben.

Deutsche Manager berichten in empörten Briefen an die AHK von „kafkaesken Zuständen wie in Filmen aus Gulagzeiten“ mit stundenlangen Wartezeiten und mangelnder Einhaltung von Covid-Vorschriften unter Hunderten Gastarbeitern in einem Testzentrum bei Moskau. Die AHK, die mit ihren über 1000 Mitgliedsunternehmen die größte ausländische Wirtschaftsorganisation in Russland ist, geht davon aus, dass die Zwangsuntersuchungen den Wirtschaftsbeziehungen massiv schaden.

„Das Kapital ist ein scheues Reh“, hieß es im Westen in den neoliberalen Nullerjahren, um zu begründen, dass man Spitzenverdiener und Kapitalanleger steuerlich nicht zu stark belasten dürfe. Wir lernen: Auch bürokratischer Autoritarismus kann Kapital zur Flucht bewegen, wenn man den Bogen überspannt.

Jan Emendörfer ist RND-Chefkorrespondent für Osteuropa und Russland. Immer mittwochs gibt er Einblick in das Wirtschaftsleben zwischen Warschau und Wladiwostok – im wöchentlichen Wechsel mit seinen Kolleginnen und Kollegen aus Washington, Peking und London.

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