Pandemie, Containermangel, Cyberkriminelle: die neuen Gefahren für den Seehandel

Ein Containerschiff liegt am Containerterminal Tollerort in Hamburg (Symbolbild).

Ein Containerschiff liegt am Containerterminal Tollerort in Hamburg (Symbolbild).

München. Justus Heinrich und Anastasios Leonburg könnten auf den ersten Blick entspannen. Heinrich ist Schifffahrtsexperte des Allianz-Industrieversicherers AGCS, Leonburg ist Risikomanager bei dem Versicherungskonzern. Was die beiden Männer beruhigt, ist das anhaltende Tief bei Totalverlusten in der globalen Schifffahrt.

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Nur 49 Frachter mussten Maritimversicherer 2020 komplett abschreiben, nachdem schon 2019 mit 48 Schiffen ein historisches Tief erreicht wurde. 2012 sind im Vergleich dazu noch 128 Schiffe verlustig gegangen. Aber die Pandemie, wachsende Armut in Teilen der Welt und geopolitische Spannungen sorgen für neue Gefahrenherde auf See. „Corona und Cyberangriffe sind die zwei größten Gefahren, die ich sehe”, sagt Leonburg.

Eher vorübergehend, aber aktuell drängend sind die Probleme mit der Pandemie. Denn in China erholt sich die Wirtschaft schneller als in den USA oder der EU. Das führt dazu, dass Schiffscontainer speziell in China knapp werden, während sie sich im Westen stauen. Denn es wird weniger Ware nach Asien verschifft als in umgekehrter Richtung. Das verteuert chinesische Exporte immens. „Ein Container von Shanghai nach Rotterdam kostet derzeit 13.000 Dollar gegenüber weniger als 2000 Dollar vor einem Jahr”, beschreibt Leonburg die Lage.

Für Versicherer wird es brenzlig, wenn sich die Wartezeit vor nordeuropäischen Häfen seit 2019 von 13 auf heute 30 Stunden weit mehr als verdoppelt oder Schiffe in China erheblich verzögert beladen werden, weil Container fehlen. Ware kann verderben oder eine Lieferkette reißen. Fällig werden bei Letzterem dann zwar nicht Policen für Warentransport, wohl aber Versicherungen gegen Betriebsunterbrechung, wenn Rohstoffe oder Zwischenprodukte zur Produktion fehlen.

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Cyberattacken auch in der Schifffahrt

Ein Schifffahrtsrisiko das immer größer wird, sind Angriffe durch Hacker. Die weltweit vier größten Schifffahrtsunternehmen waren schon davon betroffen. Da sich geopolitische Konflikte zwischen Staaten immer mehr auf der Cyberebene abspielen, fürchten die AGCS-Experten zunehmend Schadensfälle in diesem Bereich.

Eine regionale Gefahr für die Schifffahrt vor der Küste Westafrikas wiederum ist Piraterie. So wurde im Golf von Guinea 2020 bei 22 Überfällen auf See eine Rekordzahl von 130 Seeleuten entführt und das teils 200 Seemeilen von Land entfernt. Auch das ist indirekt eine Pandemiefolge. Denn in Westafrika verschlimmert sich deshalb die Not vieler Menschen, was Nährboden für Piraterie schafft, erklärt Leonburg.

Die jüngste Blockade des Suezkanals durch die „Ever Given“ wiederum zeigt, dass der Trend zu immer größeren Containerschiffen problematisch wird. 24.000 Container finden auf den größten derzeit geplanten Containerriesen Platz. Im Schadensfall sind die Auswirkungen enorm. Als 2019 der Autotransporter „Golden Ray“ mit 4000 Fahrzeugen an Bord nach Havarie entladen werden musste, hat das mehrere Hunderttausend Dollar gekostet.

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Schäden in der Schifffahrt dürften sich zudem allein dadurch wieder mehren, dass das Seehandelsvolumen gerade rasant zunimmt. 2021 dürfte es das Niveau von 2019 und damit der Zeit vor der Pandemie übertreffen, schätzt Heinrich.

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