Wohnungsbau kommt nicht schnell genug in Fahrt
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Vor allem in Ballungsräumen müssen dringend mehr neue Wohnungen entstehen.
© Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa
Wiesbaden/Hannover. Eine Linderung der Wohnungsnot in vielen deutschen Städten ist vorerst nicht in Sicht. Im vergangenen Jahr sind hierzulande zwar mehr Wohnungen gebaut worden – es waren allerdings weniger als notwendig.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden rund 285.900 Wohnungen fertiggestellt. Dies waren 0,4 Prozent mehr als im Vorjahr und das höchste Niveau seit dem Jahr 2002. Gleichwohl hat die Bundesregierung ihr Ziel von 375.000 neuen Wohnungen pro Jahr abermals verfehlt. Um der großen Nachfrage nach Immobilien gerecht zu werden, müssen nach Einschätzung von Politikern und Bauwirtschaft jährlich 350.000 bis 400.000 Wohnungen fertig werden. Die große Koalition in Berlin hat sich 1,5 Millionen Wohnungen in der laufenden Amtsperiode zum Ziel gesetzt.
Bauwirtschaft kommt kaum hinterher
Trotz des Baubooms kämpfen viele Städte unverändert mit den gleichen Problemen: Es fehlen Flächen für zusätzliche Gebäude, die Immobilienpreise steigen kräftig, und die Bauwirtschaft kommt kaum hinterher. Sie ist bereits stärker ausgelastet als im Boom nach der Wiedervereinigung und leidet unter einem Fachkräftemangel.
Die Immobilienwirtschaft zeigte sich enttäuscht von den jüngsten Zahlen: „Es fehlt an allen Ecken und Enden“, sagte Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilien-Ausschusses. Es gebe etwa zu langwierige Planungsprozesse und zu wenige Kapazitäten bei den Firmen. „Energetische Anforderungen, kommunale Auflagen und die Grundstückspreise sind starke Kostentreiber im Wohnungsbau.“ Hinzu kämen Investoren abschreckende Regeln wie die Mietpreisbremse und Diskussionen über einen pauschalen Mietendeckel, sagte ein Sprecher des Verbands der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Niedersachsen und Bremen (VDW). Auch die Gewerkschaft IG BAU bedauerte, dass beim Wohnungsbau in Deutschland das „Klassenziel wieder nicht erreicht“ worden sei.
Wohnungen nach dem Baukastenprinzip
Die Bundesregierung hatte auf einem Wohngipfel im vergangenen Herbst eine Reihe von Maßnahmen vereinbart, damit mehr Immobilien entstehen. Dazu zählen ein Baukindergeld für Familien, Steuerabschreibungen für den Bau von Mietwohnungen, die Bereitstellung von mehr bundeseigenen Grundstücken und eine Milliardenoffensive im sozialen Wohnungsbau. Die Baubranche fordert, die Beschlüsse müssten nun umgesetzt werden. Notwendig seien auch serielle und modulare Verfahren, damit Wohnungen im Baukastenprinzip schneller hochgezogen werden könnten.
Das Land Niedersachsen hat unlängst angekündigt, bis zum Jahr 2030 mindestens 40.000 neue Sozialwohnungen zu errichten. Die Regierung müsse die Förderung auch in den nächsten Jahren verstetigen, betonte der VDW. Die Kommunen müssten mehr Flächen bereitstellen. Die Zurückhaltung der Investoren im vergangenen Jahr sei auch darauf zurückzuführen, dass die Wohnungswirtschaft auf die attraktiveren Förderprogramme gewartet habe. „Die VDW-Mitglieder werden bis Ende 2021 circa 3000 öffentlich geförderte Wohnungen bauen.“
Zuversichtlich zeigte sich die Förderbank KfW: Die Baugenehmigungen vergangener Jahre seien bei Weitem noch nicht abgearbeitet und die Auftragsbestände in der Baubranche weiter gestiegen. „Die Aussichten stehen gut, dass es im Wohnungsbau weiter aufwärtsgeht und dass sich in vielen Kommunen die Lage am Wohnungsmarkt allmählich entspannt.“
Von Alexander Sturmund Dirk Stelzl