Diese Grafiken zeigen, in welchen Regionen Deutschlands Wirtschaft am innovativsten ist
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Im Wandel: Ein Golf 8 schwebt an einer Produktionslinie im VW-Werk Wolfsburg.
© Quelle: Julian Stratenschulte
Frankfurt am Main. Wo sind die innovativsten Firmen im ganzen Land? Ganz vorne liegt die Region Wolfsburg/Braunschweig, dort ist der Volkswagen-Konzern zu Hause. Nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch im EU-Vergleich sind vor allem die Investitionen für Forschung und Entwicklung (F&E) herausragend. Dies geht aus dem aktuellen Innovationsatlas des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor, der dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt.
Ähnlich gut schneiden die Regionen Stuttgart, München und Ingolstadt ab, wo ebenfalls große Autobauer ihren Stammsitz haben. Die Branche steht denn auch nach EU-Angaben in Europa für fast ein Drittel aller F&E-Ausgaben. Diese münzen sich dann auch in eine weit überdurchschnittliche Zahl an Patentanwendungen um. Hier hat allerdings die Gegend um die baden-württembergische Landeshauptstadt die Nase vorn. Was damit zu tun hat, dass dort auch wichtige IT-Unternehmen große Standorte haben – wie etwa IBM mit seinem Forschungszentrum in Böblingen.
Die Autorin und die drei IW-Autoren haben neben F&E und Patenten außerdem analysiert, wo Hochqualifizierte mit technisch-naturwissenschaftlicher Expertise arbeiten (Mint-Berufe), wo viele Hightechfirmen gegründet werden und wo Unternehmen werkeln, die fit sind für die sogenannte Industrie 4.0.
Hochinnovative Firmen im Süden
Alles in allem herrscht hierzulande eine heftige Schieflage. Es gibt ein starkes Süd-Nord-, West-Ost- sowie Stadt-Land-Gefälle, das den IW-Analysen zufolge für strukturschwache Gegenden zunehmend problematisch wird. „Auf der Ebene von Wirtschaftsräumen dominieren hochinnovative Regionen in Baden-Württemberg und Bayern“, heißt es in der Studie.
Der von Volkswagen geprägte Landstrich im Norden ist einer der Ausreißer – auch im Hinblick auf den hohen Anteil von Beschäftigten in Mint-Berufen, der nirgendwo anders im Land so ausgeprägt ist. Die Phalanx von Bayern und BaWü wird ferner vom Rhein-Main-Gebiet in der Kategorie „Industrie-4.0-Readiness“ durchbrochen. Besonders bemerkenswert sei hier das Angebot der Technischen Universität Darmstadt, „die in ihrem Center für industrielle Produktivität eine Testumgebung für die Entwicklung von neuen Produkten und Software anbietet“, heißt es in der Studie. Dort können Firmen und ihre Beschäftigten ausprobieren, wie das funktioniert, wenn Entwicklung, Produktion, Logistik und Vertrieb mit avancierten Algorithmen zwecks Steigerung der Effizienz verknüpft werden.
Generell gilt, Innovation geschieht in den Ballungsgebieten, wo große Industrieunternehmen Neues entwickeln und Hochschulen nicht weit sind. Aus der Reihe tanzt hier die Gegend um Remscheid mit Solingen, Wuppertal und dem Oberbergischen Kreis in der F&E-Kategorie. „Dies ist umso beeindruckender, wenn man bedenkt, dass die dortige Wirtschaftsstruktur nicht von wenigen dominanten Großkonzernen, sondern von vielen forschungs- und innovationsstarken mittelgroßen Unternehmen geprägt wird“, so das IW.
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Noch ein positiver Lichtblick: Jena wird als eine der wenigen Leuchttürme in Ostdeutschland ausdrücklich erwähnt. Dort hat sich ein Cluster für Opto-Elektronik entwickelt mit Firmen wie Jenoptik und Zeiss, die vielfach mit ihren Produkten weltweit führend sind. Die Stadt und ihr Umland im Thüringischen könnten als Vorbild für die ostdeutschen Wirtschaftsräume und als Beispiel dafür dienen, dass Anstrengungen im Innovationsbereich – auch was Hightechgründungen angeht – zu nachhaltigen Erfolgen führen.
Tristesse im Osten
In weiten Teilen Ostdeutschlands aber herrscht Tristesse. Im Gesamtranking liegen unter anderem die Regionen Prignitz, Uckermark und Dessau weit hinten. Selbst Leipzig nebst gleichnamigem Landkreis hat es nur auf Platz 70 von 85 Regionen geschafft. Magdeburg rangiert unmittelbar davor – das dürfte sich massiv ändern, wenn die dortige Intel-Chipfabrik in einigen Jahren eröffnet wird. Dresden hat es dank seiner TU und seiner schon real existierenden Halbleiterindustrie immerhin auf Platz 37 geschafft.
Die Gesamtbilanz der Autorin und der Autoren fällt ernüchternd aus. Bei F&E verfehlten zwei Drittel aller Regionen das Ziel der Bundesregierung, 2 Prozent der Wirtschaftsleistung in F&E zu investieren. Die Schere in puncto Innovationskraft gehe immer weiter auseinander. Die Folge: „Insbesondere ländlich geprägte Regionen könnten dauerhaft den Anschluss verlieren.“ Wenig Forschung und Probleme bei der Rekrutierung von Hochqualifizierten gingen Hand in Hand mit einem Rückstand bei Firmengründungen, bei Patentanmeldungen und der Umsetzung von Industrie 4.0.
Zu den Handlungsempfehlungen der IW-Forschenden gehört: die staatliche Förderung von Forschung und Entwicklung in Unternehmen auszubauen; Hochschulen müssten sich noch stärker um ausländische Studierende für die Mint-Fächer und intensiver um das Thema Entrepreneurship bemühen; die Zuwanderung von Experten müsse vorangetrieben werden; es gelte, den Breitbandausbau zu intensivieren und das Personal des Patent- und Markenamts aufzustocken.