Aktionstag 17. Mai: Was er für die LGBT-Community bedeutet
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Das Bundesinnenministerium in Berlin hisst am 17. Mai die Regenbogenflagge.
© Quelle: IMAGO/Metodi Popow
Der 17. Mai wird als Internationaler Tag gegen Homophobie, Biphobie, Interphobie und Transphobie (IDAHOBIT) gefeiert. Seit 2004 soll an diesem Tag auf die Gewalt gegen und die Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender, Intersexuellen und allen anderen Menschen mit diversen sexuellen Orientierungen oder Geschlechtsidentitäten aufmerksam gemacht werden. Laut der offiziellen Webseite wird der Tag mittlerweile in mehr als 130 Ländern gefeiert – auch in Ländern, in denen gleichgeschlechtliche Handlungen illegal sind. Von mehreren Staaten, internationalen Institutionen wie dem Europäischen Parlament und von unzähligen lokalen Behörden ist der Tag offiziell anerkannt.
In vielen Ländern ist inzwischen die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare möglich. Aber es gibt auch immer noch Staaten, in denen Homosexualität mit Gefängnis oder gar dem Tod bestraft werden kann. Der 17. Mai – Feiertag oder „Mahntag”? Ein Blick auf dessen Chronologie zeigt, wie schwierig der Kampf gegen sexuelle Diskriminierung war und ist.
17. Mai 1990: Homosexualität ist keine Krankheit mehr
Was für jüngere Generationen heutzutage undenkbar scheint, war lange Zeit die Realität. Wer homosexuell ist, der muss krank sein – so lautete selbst die Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Doch am 17. Mai 1990 fällt die WHO eine Entscheidung: Homosexualität wird von der Liste der psychischen Krankheiten gestrichen. Ein wichtiger Schritt gegen die Stigmatisierung und Diskriminierung Homosexueller. Deshalb fällt auch der Feiertag auf dieses Datum.
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11. Juni 1994: Homosexualität ist nicht mehr strafbar
Mit Inkrafttreten des Reichsstrafgesetzbuches am 1. Januar 1872 galt auch Paragraph 175 des deutschen Strafgesetzbuches. Ihm zufolge standen sexuelle Handlungen zwischen männlichen Personen unter Strafe. Erst 122 Jahre später am 11. Juni 1994 wird der Paragraph ersatzlos aufgehoben und Homosexualität ist in Deutschland fortan nicht mehr strafbar. Später sollte die Rehabilitierung Verurteilter folgen.
2004/2005: Internationaler Kampf gegen Homophobie
Auch wenn Homosexualität mittlerweile nicht mehr als Krankheit angesehen wird und sie in zahlreichen Ländern nicht mehr unter Strafe steht, ist sie gesellschaftlich längst nicht vollständig akzeptiert. Der Franzose Louis-Georges Tin ist Mitbegründer von Homonormalité, einer Organisation für Schwule und Lesben an einer Pariser Hochschule. Von ihm stammte die Idee, das IDAHO-Komitee (International Day Against Homophobia) zu gründen und den Internationalen Tag gegen Homophobie ins Leben zu rufen. Am 17. Mai 2005 feiern schon 50 Länder mit. Zu diesem Zeitpunkt steht Transsexualität noch auf der Liste geistiger Krankheiten.
- 2009 entsteht der IDAHOT (Internationaler Tag gegen Homophobie und Transphobie)
- 2015 folgt Biphobie; 2016 Interphobie – seitdem heißt der Aktionstag am 17. Mai IDAHOBIT (Internationaler Tag gegen Homophobie, Biphobie, Interphobie und Transphobie)
- Das Berliner Anti-Gewalt-Projekt MANEO führt 2007 den Kuss-Marathon ein; 2009 den Party-Benfiz.
Juni 2018: WHO streicht Transsexualität als Krankheit
Erst mit der Veröffentlichung der WHO von ICD-11 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems; oft abgekürzt als Internationale Klassifikation der Krankheiten) wird Transsexualität im Juni 2018 als psychische Krankheit gestrichen. Im Mai 2019 folgt die Verabschiedung der Version seitens der Weltgesundheitsversammlung und am 1. Januar 2022 trat die ICD-11 in Kraft.
17. Mai 2023: Erst der Anfang
Auch am 17. Mai 2023 wird weltweit der Internationale Tag gegen Homophobie, Biphobie, Interphobie und Transphobie gefeiert. Das diesjährige Motto lautet: „Together always: united in diversity“ (auf deutsch: „Immer zusammen: in Vielfalt vereint“). In einer Zeit, in der Fortschritte zunehmend Risiken ausgesetzt seien, sei es entscheiden, die Kraft von Solidarität, Gemeinschaft und Bündnissen zu erkennen, schreiben die Organisatoren auf ihrer Internetseite.
Im Geschäftsbericht 2019 des IDAHO-Komitees heißt es, dass immer noch 70 Länder gleichgeschlechtliches Verhalten kriminalisieren. Dazu gehörten vor allem afrikanische und asiatische Staaten wie Ägypten (bis zu drei Jahre Haft), Mauretanien (Todesstrafe), Uganda (bis zu 20 Jahre Haft, inzwischen auch Todesstrafe), Jemen (Todesstrafe) oder Singapur (bis zu lebenslängliche Haft).
In der europäischen Union haben alle Länder homosexuelle Handlungen legalisiert – in Südamerika ebenfalls außer dem Land Guyana. Eine umfangreiche Darstellung der rechtlichen Situation Homosexueller findet sich auf der Homepage pridelegal.com.
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Weiter heißt es im IDAHO-Geschäftsbericht, dass nur 27 Prozent der UN-Mitgliedstaaten über umfassende Schutzmaßnahmen für sexuelle Minderheiten verfügen. Gerade für Transgender sei die Situation schlimm – trotz der neuen Version von ICD-11 2018. Intersexuelle Menschen würden weiterhin Handlungen unterliegen, die Menschenrechtsverletzungen darstellen. Dazu gehören erzwungene (unnötige) Operationen, Sterilisationen oder auch erzwungene Scheidungen. Nur eine Handvoll Länder bieten laut IDAHO irgendeine Form von Rechtsschutz.
Am 17. Mai soll deshalb nicht nur gefeiert werden, was bisher im Kampf gegen die Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit diversen sexuellen Orientierungen oder Geschlechtsidentitäten erreicht wurde. Er soll auch ein Mahntag sein, und das Bewusstsein schaffen, um weiter für Gleichberechtigung und Gleichstellung zu kämpfen.
Wir haben diesen Artikel am 17. Mai 2023 aktualisiert.