Hitzewelle in Deutschland: So funktionieren Dürremonitor und Bodenfeuchteviewer
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Auch Straßenbäume leiden unter der Hitze.
© Quelle: Arne Dedert/dpa/dpa-tmn
Der Sommer beginnt mit extremer Hitze: Wo drohen Pflanzen zu vertrocknen, wo ein sinkender Grundwasserspiegel und wo ein Niedrigwasser in Flüssen? Das lässt sich mit dem Dürremonitor berechnen, einem frei zugänglichen Internet-Tool, das am Helmholtz Zentrum für Umweltforschung (UFZ) entwickelt wurde. Der Dürremonitor ist eine interaktive Deutschlandkarte, auf der Regionen je nach ihrem Dürregrad unterschiedlich eingefärbt sind. Die Skala reicht von gelb für „ungewöhnlich trocken“ bis zu rotbraun für „außergewöhnliche Dürre“. Man kann hierbei auswählen, ob der Dürregrad im gesamten Boden oder in den obersten 25 Zentimetern der Erde angezeigt werden soll.
Als Dürre gilt dabei nicht die absolute Trockenheit in einer Region, sondern eine negative Abweichung vom Normalzustand. Nur wenn es in einem Gebiet und zu einem Zeitpunkt innerhalb des Jahres so trocken ist, wie statistisch gesehen alle fünf Jahre, gilt das laut Dürremonitor als Dürre. Die höchste Stufe laut Monitor entspricht einer Trockenheit, wie sie im jeweiligen Gebiet nur alle 50 Jahre vorkommt. Dieser Vergleich sei wichtig und aussagekräftiger als eine bloße Einteilung in trockene und feuchte Regionen, sagt Andreas Marx, der an der Entwicklung des Dürremonitors beteiligt war. „Denn sowohl Natur als auch sozio-ökonomische Systeme sind an den Normalzustand angepasst. Bei starken Abweichungen davon entstehen häufig Schäden.“
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UFZ-Dürremonitor vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung.
© Quelle: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung
Der Dürremonitor basiert auf einem komplizierten Rechenmodell und wird täglich mit umfangreichen Daten gefüttert. „Es fließen zum einen meteorologische Daten mit ein, wie Temperaturen und Niederschlag, aber auch Informationen zur Landoberfläche und Bodentextur“, erklärt Marx. Mit einem Höhenmodell werde außerdem berechnet, wohin das Wasser fließt. Anhand von Durchschnittswerten aus vergangenen Jahrzehnten wird zudem ermittelt, ob es trockener ist, als sonst üblich.
Die Berechnungen des Dürremonitors werden dabei regelmäßig mit den Ergebnissen echter Bodenfeuchtemessungen und Verdunstungsmessungen verglichen, um sicherzustellen, dass sie zutreffen. Wem aber nützen die Berechnungen des Dürremonitors? Hobbygärtner können mitverfolgen wie groß in ihrer Region der Wassermangel ist, sie sind aber nicht die Hauptzielgruppe: „Ursprünglich war der Dürremonitor für die Landwirtschaft gedacht, er wird inzwischen aber in vielen Sektoren angewendet“, sagt Marx. „Im Winter sind unsere Informationen vor allem für die Wasserversorger interessant.“ So lasse sich anhand des Dürremonitors erkennen, wenn ein sinkender Grundwasserspiegel droht. Das könne auch dann der Fall sein, wenn es zwar ausreichend Niederschlag gibt, die Böden aber so trocken seien, dass das Wasser erst in den oberen Schichten den Flüssigkeitsmangel ausgleichen muss und deshalb nicht ins Grundwasser durchlaufen könne. Auch für die Schifffahrt sind Dürren von Bedeutung: So sei die Elbe im Dürrejahr 2018 und 2019 wegen Niedrigwasser lange Zeit für Frachtschiffe südlich von Magdeburg nicht befahrbar gewesen.
Waldsterben wird weitergehen
Wie sich die Trockenheit in diesem Jahr weiterentwickelt, sei noch nicht sicher. „Momentan ist für die Landwirtschaft noch nicht klar, wohin es geht“, so Marx. Zu rechnen sei aber in jedem Fall mit negativen Auswirkungen auf die Wälder, denn das Trockenheitsdefizit im Boden werde über den Sommer wahrscheinlich nicht ausgeglichen. Für die zu erwartenden Baumschäden gelte: Nur ein Teil der Bäume vertrockne wegen der Dürre direkt. „Der Wassermangel macht sie aber auch anfälliger für Schädlingsbefall. Deshalb wird wohl das Waldsterben weitergehen“, sagt Marx. Auch der Grundwasserspiegel werde sich frühestens im Spätherbst wieder stabilisieren. Dadurch drohten zwar wohl in Deutschland eher keine Auswirkungen für private Haushalte, da es hier eine stabile Versorgungsnetz gibt. Wohl aber Schäden für das Ökosystem, wenn Bäche, die im Sommer stark durch den Grundwasserzufluss gespeist werden, austrocknen.
Ein weiteres interaktives Tool um die Entwicklung der Trockenheit in Deutschland mitzuverfolgen ist der Bodenfeuchteviewer des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Im Mittelpunkt steht hierbei nicht der Dürregrad, sondern wieviel Wasser im Boden gespeichert und für Pflanzen nutzbar ist. Der Fachbegriff hierfür ist die nutzbare Feldkapazität (nFK), die in Prozent angegeben wird. Niedrige nFK-Werte bedeuten dabei nicht, dass kein Wasser mehr in der Erde enthalten ist – sondern nur, dass die Feuchtigkeit so gering ist, dass die Pflanzen es nicht mehr schaffen, dieses aus der Erde herauszuziehen. Der nFK-Wert gibt Auskunft darüber, wann ein Vertrocknen der Pflanzen droht. „Sinkt die nFK in den oberen 60 Zentimetern auf 40 bis 50 Prozent, geraten Pflanzen bereits in leichten Trockenstress. Ab 20 bis 30 Prozent nFK drohen stärkere Auswirkungen auf die Pflanzen, bei null Prozent ist der Welkpunkt erreicht“, sagt Andreas Brömser, Agrarmeteorologe beim DWD.
Pflanzen haben Trockenstress
Während auch der Dürremonitor des UFZ eine Berechnung der nFK ermöglicht, ist der Bodenfeuchteviewer hier deutlich detaillierter. Er bietet individuelle Werte für gängige landwirtschaftliche Nutzpflanzen an. Es lässt sich mit wenigen Klicks überprüfen, ob zum Beispiel Mais in einer bestimmten Region Deutschlands derzeit von Trockenstress bedroht ist. Auch der Bodenfeuchteviewer basiert auf Modellrechnungen, in die Informationen wie Niederschlagsmengen, Temperatur, Bodenbeschaffenheit oder Windstärke sowie echte Messdaten der Bodenfeuchte mit einfließen.
Mit welchen Folgen für die Landwirtschaft durch die aktuelle Trockenheit rechnet Agrarmeteorologe Brömser? „Momentan ist es schon so, dass die Böden sehr trocken sind. Die verfügbare nutzbare Feldkapazität (nFK) für Gras liegt momentan in den meisten Regionen Deutschlands zwischen 15 und 40 Prozent, das bedeutet deutlichen Trockenstress“, so der Experte. „Ende Juni hat es zwar in der Westhälfte und im äußersten Osten etwas geregnet, aber im Südwesten fast nicht und die Flüssigkeit ist inzwischen auch schon wieder verdunstet.“ Für die erste Hälfte der nächsten Woche seien kleinere Niederschlagsmengen vorhergesagt, danach aber vorerst keine, wobei hohe Temperaturen erwartet werden. „Die Situation wird sich daher wohl noch verschärfen“, sagt Brömser. Ein letztes echtes Dürrejahr gab es in Deutschland 2018. Ob 2022 ähnlich trocken wird, lasse sich jetzt noch nicht sagen, so der Experte. „Die Bodenfeuchte ist in diesem Jahr ähnlich wie 2018 im gleichen Zeitraum. Allerdings war damals auch noch der Herbst sehr trocken.“ Vorhersagen seien für die nächsten sieben bis zehn Tage gültig, daher sei unklar, wie sich die Trockenheit in den nächsten Monaten weiter entwickeln wird.
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