RND-Kolumne „Von oben gesehen“

Die Hummel auf dem Mond beobachten: Wie schafft man es, immer weiter ins Weltall zu schauen?

Die von Northrop Grumman über die Nasa verbreitete Computergrafik aus dem Jahr 2015 zeigt das James-Webb-Teleskop. Inzwischen ist es bereits in seinem Zielorbit.

Die von Northrop Grumman über die Nasa verbreitete Computergrafik aus dem Jahr 2015 zeigt das James-Webb-Teleskop. Inzwischen ist es bereits in seinem Zielorbit.

Schon als Kind hat mich der Blick in den Nachthimmel nicht nur fasziniert, sondern auch viele Fragen aufgeworfen. Eine der prägnantesten: Wo kommen wir eigentlich her? Mein astronomiebegeisterter Vater hatte schnell eine Antwort für mich: von den Sternen. Und er hat recht: Alle Bestandteile, die wir heute in unserem Sonnensystem finden, haben sich ursprünglich einmal aus Sternen zusammengesetzt. Auch ich erzähle meinen Kindern, dass sie aus Sternenstaub gemacht sind – ein schöner Gedanke. Aber so richtig vollständig ist die Antwort nicht – denn woher die ersten Sterne kommen und wie sie entstanden sind, darüber wissen wir noch nicht so viel.

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Der uns am nächsten gelegene Stern ist die Sonne, ihr Licht braucht zu uns acht Minuten. Wir sehen also immer die Vergangenheit – und genau so können wir auch die ersten Sterne beobachten. Die ersten Sterne sind vor über 13 Milliarden Jahren entstanden. Wenn wir sie beobachten wollen, benötigen wir die Fähigkeit, das Licht von vor Milliarden Jahren zu beobachten. Aber wie schafft man es, immer weiter in das Weltall hineinzuschauen?

James-Webb: Das größte Weltraumteleskop aller Zeiten

Eine internationale Gemeinschaft von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der NASA, ESA und der kanadischen Weltraumagentur CSA arbeitet seit mehr als 25 Jahren an genau dieser Frage. Die neun Milliarden Euro teure Antwort ist das James-Webb-Teleskop. Es ist das größte und leistungsstärkste Weltraumteleskop aller Zeiten.

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Futuristisch aussehend erstreckt sich der Hauptspiegel auf 6,5 Meter. Er setzt sich aus 18 kleinen, hexagonalen Spiegelsegmenten zusammen und ist durch eine nur 100 Nanometer dicke Goldschicht bedeckt. Mit seinen vier Instrumenten deckt das Teleskop einen Wellenlängenbereich im Infrarotbereich ab – perfekt um die ersten Sterne unseres Universums zu beobachten. Denn durch die ständige Expansion unseres Universums ist deren Licht in genau diesen Bereich verschoben.

Auf dem Mond eine Hummel beobachten

Dabei sind die Instrumente so genau, dass man – wäre das Teleskop auf der Erde – auf dem Mond eine Hummel beobachten könnte. Wichtig um im Infrarotbereich diese hohe Genauigkeit zu erreichen: Infrarotstrahlung spüren wir auf der Haut als Wärme, die eigene Wärmestrahlung des Teleskops beeinflusst deshalb die Messgenauigkeit. Also schirmt ein fünflagiger, tennisplatzgroßer Schirm die Messinstrumente von der Sonne ab und kühlt sie so auf -233 Grad Celsius herunter. Die aktuelle Temperatur der einzelnen Bestandteile kann man übrigens auf einer eigens dafür eingerichteten Website überwachen.

Apropos überwachen: Das James-Webb-Teleskop befindet sich am sogenannten 2. Lagrange Punkt L2, der 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt ist. Reparaturen sind also nicht möglich. Vom Raketenstart bis zu der Entfaltung des Spiegels und der Inbetriebnahme der einzelnen Komponenten gab es insgesamt 344 sogenannte „single point failures“ – Ausfallpunkte, die das Scheitern des kompletten Vorhabens mit sich hätten bringen können.

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James-Webb-Teleskop: Bilder und Daten erwartet

Zum Glück hat bisher jeder Schritt dieser komplexen Choreographie seit dem Start am 25. Dezember vergangenen Jahres reibungslos funktioniert. Das James-Webb-Teleskop ist jetzt voll fokussiert und ausgerichtet. Zehn Jahre lang soll es mindestens funktionieren. Die Hoffnung ist groß, dass es ähnlich wie das Hubble-Teleskop die anvisierte Lebensdauer noch überschreitet. Beobachten soll es nicht nur die Geburt der ersten Sterne unseres Universums. Es soll auch andere Galaxien, schwarze Löcher und erdähnliche Planeten erforschen. Bilder und Daten, die für Forschungsarbeiten genutzt werden können, erwarten wir im Sommer, erste Impressionen aus dem All hat das Teleskop bereits gesendet. Vielleicht sind wir ja bald der Frage „Wo kommen wir her?“ ein Stückchen näher gekommen.

Insa Thiele-Eich ist Meteorologin und forscht an der Universität Bonn an den Zusammenhängen zwischen Klimawandel und Gesundheit. Seit 2017 trainiert sie im Rahmen der Initiative „Die Astronautin“ als Wissenschaftsastronautin für eine zweiwöchige Mission auf der Internationalen Raumstation – und wäre damit die erste deutsche Frau im All. Hier schreibt sie alle zwei Wochen über Raumfahrt, den Klimawandel und die faszinierende Welt der Wissenschaft.

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