Wie das James-Webb-Teleskop unsere Sicht auf das Universum verändern soll
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Das von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA zur Verfügung gestellte Bild zeigt den Galaxienhaufen SMACS 0723, aufgenommen mit dem James-Webb-Weltraumteleskop.
© Quelle: Space Telescope Science Institut
US-Präsident Joe Biden hat am Montagabend das erste Bild des James-Webb-Weltraumteleskops veröffentlicht. Am Dienstag (ab 16.30 Uhr MESZ) wird die Nasa weitere von dem Teleskop aufgenommene Bilder veröffentlichen. Die Veröffentlichung der Fotos markiere auch den offiziellen Beginn der wissenschaftlichen Arbeit mit dem bislang größten und leistungsfähigsten Teleskop, das je ins All gebracht wurde.
Das James-Webb-Weltraumteleskop ist das größte und leistungsstärkste Teleskop, das jemals ins Weltall geschossen wurde und hat rund neun Milliarden Euro gekostet. Es ist ein Projekt der amerikanischen Weltraumbehörde Nasa, an dem auch die kanadische Raumfahrtbehörde CSA und die europäische Weltraumorganisation Esa beteiligt sind. Im Gegenzug für ihr Mitwirken darf die Esa 15 Prozent der Beobachtungszeit des Teleskops für sich nutzen.
Wo ist das James-Webb-Teleskop?
Benannt ist das Instrument nach dem ehemaligen Nasa-Chef James Edwin Webb. Am 25. Dezember 2021 war vom Weltraumbahnhof im Raumflughafen bei Kourou in Französisch-Guayana eine Ariane-5-Rakete mit dem Teleskop an Bord ins All gestartet. Einen Monat später erreichte das Teleskop seine Zielposition: Den zweiten Lagrange-Punkt L2, der etwa anderthalb Millionen Kilometer von der Erde entfernt liegt. Es wurde damit auf eine Umlaufbahn gebracht, die es ihm ermöglicht, die Sonne gemeinsam mit der Erde zu umkreisen.
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Auf diesem von der NASA zur Verfügung gestellten Foto vom 13. April 2017 heben Techniker den Spiegel des James-Webb-Weltraumteleskops mit einem Kran im Goddard Space Flight Center an.
© Quelle: Laura Betz/NASA/AP/dpa
Dabei wird sich das Weltraumteleskop stets hinter der Erde befinden, sodass es vor Sonnenstrahlung geschützt ist. Zusätzlich wird es durch riesige Sonnensegel abgeschirmt, die so groß sind wie ein Tennisplatz. Die Umgebungstemperatur des Teleskops wird dadurch bei -233 Grad Celsius gehalten. Das ist deshalb so wichtig, weil das Instrument Infrarotstrahlung, also Wärmestrahlung, im All erfasst und eine höhere Umgebungstemperatur die Messung beeinträchtigen würde. Der Spiegel des Weltraumteleskops hat einen Durchmesser von 6,5 Metern und setzt sich aus 18 rechteckigen Untereinheiten zusammen, die mit einer 100 Nanometer dünnen Goldschicht bedeckt sind. Weil das Teleskop und die Sonnensegel so groß sind, musste die Technik für den Transport in der Rakete zusammengefaltet werden und hatte sich, einmal im All angelangt, selbständig entfaltet.
Was soll das James-Webb-Teleskop herausfinden?
Das neue Teleskop soll Informationen über die Entstehung des Universums liefern. Weltraumforschende erhoffen sich durch seine Bilder mehr darüber zu erfahren, wie die ersten Sterne und Galaxien sowie schwarze Löcher entstanden. Es soll dabei helfen, den Lebenszyklus der Sterne von deren Entstehung bis zu ihrem Tod mitzuverfolgen und sogenannte Exoplaneten zu erforschen, die sich außerhalb unseres Sonnensystems befinden.
Dank neuer Technik kann das James-Webb-Teleskop sehr viel mehr leisten als Instrumente der vorigen Generation. Das Weltraumteleskop Hubble etwa, das seit 2021 nicht mehr in Betrieb ist, konnte Bilder vom Zustand des Alls vor 12,5 Milliarden Jahren liefern. Das James-Webb-Weltraumteleskop soll hingegen Bilder vom Zustand des Alls vor 13,5 Milliarden Jahren aufnehmen können: Dies war das Zeitalter der „Babygalaxien“, frisch entstandener Sternensysteme. Möglich wird das, weil das neue Weltraumteleskop Infrarotlicht erfasst, das für das menschliche Auge unsichtbar ist: Licht, das vor Milliarden Jahren im Weltall entstand, ist nämlich heute noch in Form von Infrarot messbar. Gleichzeitig erlaubt die Erfassung des Infrarotlichts dem Teleskop, durch Staub und Gas im Weltraum hindurchzuschauen.
In den vergangenen Monaten wurde das Teleskop ausgerichtet, erste Testbilder wurden bereits im Februar zur Erde geschickt. Darauf war der Stern HD 84406 aus dem Sternbild Großer Bär zu sehen, der rund 260 Lichtjahre von der Erde entfernt liegt. Im Mai hatte die Nasa dann hochaufgelöste Bilder der Großen Magellanschen Wolke veröffentlicht, einer Satellitengalaxie der Milchstraße. Zum Vergleich hatte die Nasa Bilder des Spitzer-Teleskops danebengestellt. Dieses hatte ebenfalls auf Infrarottechnik basiert: Die Hauptmission des Spitzer-Teleskops lief von 2003 bis 2009, in dieser Zeit hatte es viele Tausend bislang unbekannte Zwerggalaxien aufgespürt. Die Bilder des James-Webb-Weltraumteleskops sind aber noch sehr viel schärfer, wie der Vergleich zeigt, sodass mit vielen neuen Erkenntnissen zu rechnen ist.
Was ist Infrarotspektroskopie?
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Die Große Magellansche Wolke. Links: Aufnahme des Spitzer-Teleskops, rechts: Aufnahme des James-Webb-Weltraumteleskops.
© Quelle: NASA/JPL-Caltech (links), NASA/ESA/CSA/STScI (rechts)
Eine weitere Besonderheit des James-Webb-Teleskops ist die Infrarotspektroskopie: Wie ein Prisma kann es Infrarotlicht, das es einfängt, in verschiedene Wellenlängen aufspalten. Mit diesem Verfahren lässt sich erkennen, welche Moleküle und Atome in der jeweiligen Lichtquelle enthalten sind. Mithilfe der Spektroskopie soll, wie die Nasa bekannt gab, unter anderem die Gesteinszusammensetzung des Exoplaneten LHS 3844 b genauer analysiert werden, der sich in 48 Lichtjahren Entfernung zur Erde befindet. Die wissenschaftlichen Beobachtungen mit dem James-Webb-Weltraumteleskop sollen insgesamt mindestens fünf Jahre dauern. Das Forschungsprojekt kann aber auch auf zehn Jahre oder mehr verlängert werden.
Am Dienstag um 16.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit wird die vollständige Serie der ersten Bilder in einer Liveübertragung der amerikanischen, kanadischen und europäischen Weltraumagentur (ebenfalls zu sehen im Esa Web TV, Beginn der Übertragung 15.45 Uhr) veröffentlicht. Die bunten Bilder, die das James-Webb-Teleskop liefern wird, werden dabei in dieser Form nicht wirklich im Weltraum aufgenommen. Vielmehr liefert das Teleskop als Messinstrument Daten, die Experten und Expertinnen mithilfe von Computerprogrammen zusammenfügen und in ausdrucksstarke Bilder umrechnen lassen.
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